An Berliner Hochschulen gibt es ein Antisemitismus-Problem, genauer gesagt: ein Problem, Antisemitismus zu erkennen. Wir beginnen heute mit zwei exemplarischen Fällen.
Nummer eins:
An der Charité konnte die Leitung des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin bei der angekündigten Referentin eines Wahlpflichtfachs (vorgesehener Ort, ausgerechnet: der Rahel-Hirsch-Hörsaal) vor einigen Wochen keine antisemitischen Tendenzen feststellen – obwohl diese u.a. behauptet hatte, Israel erschieße gezielt am Strand spielende Kinder und vergifte das Grundwasser, beides sei zudem „not an isolated incident“. Dabei handelt es sich hier um klassische antisemitische Verschwörungstheorien zur Rechtfertigung für die Massenermordung von Juden. Das ist Schulstoff in der Mittelstufe.
Doch damit nicht genug: Die jüdische Medizinstudentin, die darauf hingewiesen hatte, sagt dem Checkpoint, ihr sei ein „Frontalangriff“ auf das Institut vorgeworfen worden. Eine an der Überprüfung beteiligte Professorin habe ihr gesagt, sie werde inhaltlich keine Stellung dazu beziehen, „was wahr und was unwahr ist“. Die Referentin, die als Künstlerin und Pädagogin arbeitet, habe ihren Vortrag aber abgesagt, „da sie sich unter diesen Umständen nicht mehr sicher fühle, über ihre persönlichen Erfahrungen zu berichten“. Den Studierenden des Kurses sei mitgeteilt worden, dass der Vorwurf des Antisemitismus nicht zutreffe und das Leitungsteam des Wahlfachs die Absage der Referentin bedauere.
Der Checkpoint hat den Antisemitismusbeauftragten des Senats, Samuel Salzborn, um eine Einschätzung des Falles gebeten – hier seine Antwort:
„Die mir vorliegenden Informationen über die Social-Media-Aktivitäten der Person (…) zeigen eine erhebliche Ballung von antiisraelischen Ressentiments.“
Die Charité teilte dem Checkpoint dazu folgendes mit:
„Wir haben die Vorwürfe der Studentin, die in dem Kurs eine Einzelmeinung vertritt und die ihren Protest im Seminar selbst im Vorfeld nicht kundgetan hat, ernstgenommen und geprüft.