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Grüne wollen weiter versuchen, Genossenschaften vom Mietendeckel auszunehmenNur jeder zweite Rechner der Berliner Verwaltung ist sicherInterview mit Bezirkspolitikerin Gollaleh Ahmadi

in Niedersachsen tritt ein SPD-Bürgermeister zurück, weil die rechtsextremen Drohungen gegen ihn unerträglich geworden sind. Sein Auto wurde mit Hakenkreuzen beschmiert, in seinem Briefkasten landen Zettel mit der Aufschrift „Wir vergasen dich wie die Antifa“. Schon Ende November legt eine sächsische Bürgermeisterin nach massiver rechtsradikaler Hetze ihr Amt nieder. Der Bürgermeister einer Stadt in NRW hat aus Angst vor Neonazis einen Waffenschein beantragt. Um nicht wie Walter Lübcke schutzlos dazustehen, falls er angegriffen wird. Das sind nur einige Beispiele. Was sie eint: Die Betroffenen haben sich für Geflüchtete und gegen Rechts engagiert.

Auch in Berlin gehören Beschimpfungen und Drohungen für die Mehrheit der Politikerinnen und Politiker zum Alltag. Bei einer rbb-Umfrage von Anfang Dezember gaben 93,6 Prozent der Teilnehmer an, schon einmal beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Mehr als die Hälfte der Befragten (52,9 Prozent) erleben das sogar ein- bis fünfmal pro Woche. Bedroht wurden bereits 54,1 Prozent der befragten Politiker. Betroffen sind Mitglieder aller Parteien, zahlenmäßig besonders stark die der Linken und der AfD.

Wie der Hass aussieht, dem unsere gewählten Volksvertreterinnen und -vertreter ausgesetzt sind, zeigen wir heute beispielhaft auf der Dritten Seite im Tagesspiegel. Weil wir glauben, dass wir als Gesellschaft darüber ins Gespräch kommen müssen. Weil dieser Hass unsere Demokratie bedroht, auf BVV-, Landes-, Bundes- und Europaebene. Weil Politik nicht nur etwas für ganz Hartgesottene sein darf, so wie es der österreichische Kanzler gerade in einem Interview mit Puls 4 ausgedrückt hat. Von Angriffen, „die Politiker aushalten müssen“, sprach Sebastian Kurz in Bezug auf die Hasskampagne (von Rechts) gegen die neue österreichische Justizministerin Alma Zadić, die mittlerweile von Beamten der Spezialeinheit Cobra geschützt werden muss.

Wenn Politikerinnen Zielscheibe von Hass werden, sind sie häufig auch mit sexualisierter Gewalt konfrontiert. „Die sollte vergewaltig werden! Oder schneidet die Brüste ab“, ist nur ein Beispiel von vielen Androhungen, die die Berliner Linken-Abgeordnete Anne Helm erreicht haben. Mit Vergewaltigungs-Fantasien wurde auch Gollaleh Ahmadi, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Spandau, bedroht. Einmal schrieb jemand auf Facebook, er würde gerne zusehen, wie sie von einem Kamel vergewaltigt wird. Sie geht anders durch die Straßen, seitdem sie im Netz immer wieder rassistisch und sexistisch angefeindet wird, sagt Ahmadi im Interview weiter unten (Abo-Fassung). Und sie überlegt dreimal, ob sie sich auf Twitter oder Facebook zu bestimmten Themen positioniert. Sie sagt: „Ich sehe, dass immer mehr Frauen, auch Lokalpolitikerinnen, sich aus dem öffentlichen Diskurs zurückziehen, weil sie sich nicht ständig Anfeindungen aussetzen wollen.“

„Es ist höchste Zeit zu handeln“, findet Sawsan Chebli, Berlins Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, die selbst regelmäßig Morddrohungen erhält. „Wir dürfen vor den Feinden der Demokratie nicht kapitulieren“, sagte Chebli dem Checkpoint. „Im Gegenteil: Wir müssen diejenigen in unsere Mitte nehmen und stärken, die Demokratie leben und sich für unser Gemeinwesen engagieren. Am besten nicht mit befristeten Projekten, sondern mit robusten, dauerhaften demokratischen Strukturen.

Heute außerdem im Checkpoint für Abonnenten (u.a.):

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+ „Es gibt Momente, da habe ich Angst“: Interview mit der Kommunalpolitikerin Gollaleh Ahmadi

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Haben Sie ein schönes Wochenende, am Montag feiert an dieser Stelle Julius Betschka sein Checkpoint-Debüt.

Ihre Laura Hofmann

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