mit 12 Jahren war ich das erste Mal in Thüringen, Verwandtschaftsbesuch. Über die Grenze hatte es das Geschenk-T-Shirt mit dem Aufdruck „Deutschland wird Weltmeister 1974“ geschafft, und zwar im Zug bis nach Gotha – in der Schule aber war Schluss mit lustig: Mein Großcousin Karsten wusste nicht zu sagen, welches Deutschland er gerne als Weltmeister sehen wollte – das Hemd wurde konfisziert, Mutter Waltrud einbestellt.
Welches Thüringen die Wählerinnen und Wähler dort heute wollen, ist auch nicht ganz klar: Ministerpräsident Bodo Ramelow holte für die Linke erstmals eine relative Mehrheit der Stimmen (31,0 % / +2,8), seine Koalition verlor aber wegen der Schwäche von SPD (8,2 % / -4,2) und Grünen (5,2 % / -0,5) die absolute Mehrheit der Sitze. Ein weiteres Ergebnis der Wahl: Ramelow wurde nicht wegen der Linken gewählt, sondern die Linke wurde wegen Ramelow gewählt (so wie Kretschmann/Grüne in BaWü). Und mit Blick auf Berlin: Würde Müller 2021 wegen der SPD gewählt? Oder die SPD wegen Müller? (Mehr zum SPD-Landesparteitag weiter unten).
Spannend war der Abend wegen der FDP: Mit 5,5 % startete sie in der ersten Hochrechnung, um 19.12 Uhr erklärte Christian Lindner im ZDF schon den Erfolg seiner Partei („klar auch wirtschaftliche Fragen anzusprechen, Bildung als die soziale Frage nach vorne zu stellen, einen Kurs der Mitte zu fahren auch bei Klima und Migration“).