Das war es also. Der große Zapfenstreich. 16 Jahre Kanzlerschaft von Angela Merkel sind – zumindest rituell – vorbei. Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, politische Karrieren zu verklären – auch nicht an deren Ende. Zwischen der Kritik an Zaudern und Teflonmantel der Bundeskanzlerin fällt aber doch zweierlei auf: Angela Merkel hat 16 Jahre Kanzlerschaft ohne einen persönlichen Skandal überstanden. Olaf Scholz‘ Weste ist schon vor seinem Amtsantritt weniger rein, Sebastian Kurz war gleich ein einziger Skandal bis er nichts mehr war. Angela Merkel scheint sich außerdem eine seltene Art von Zugewandtheit bewahrt zu haben: Der Journalist Deniz Yücel beschreibt eine Anekdote aus seiner Zeit der Gefangenschaft in der Türkei. Viele deutsche Politiker trafen damals seine Frau Dilek Mayatürk-Yücel – nur eine kam auf die Idee sie zu fragen: „Wie geht es IHNEN denn?“
Die Kanzlerin wünschte Deutschland gestern zum Abschied „Fröhlichkeit im Herzen“. Was für ein schöner Wunsch. Den Gleichen sprach sie bei ihrem Abgang als CDU-Vorsitzende schon aus. Und vielleicht ist auch das bezeichnend: Politiker müssen gute Sätze nicht anprobieren wie Kleider. Angela Merkel haben drei, vier für 16 Jahre gereicht. Man kann ihr das als mangelnde Kommunikation und als Demut vor dem Wort auslegen. Wahr mag beides sein. Diese Zeit ist seit gestern Abend jedenfalls noch ein Stückchen mehr vorüber – mit drei Liedern ausgetrudelt: „God, Roses and Punk“. Aber hey, zum Glück lief nicht „My Way“.
Ja, etwas Eskapismus hat uns die Bundeskanzlerin gegönnt in dieser tristen Zeit.