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Teststellen sollen kontrolliert werdenCDU-Wahlkampfbus: Kalayci entzieht Heilmann Test-ZertifizierungAbgeordnetenhaus-Kandidaten laden zum Impfen ein

bevor wir uns in ein hoffentlich herrliches Wochenende stürzen (Temperatur und Inzidenz jeweils knapp unter 30), hier noch ein kurzer Blick auf die Meldungen des Tages:

Der Krisenstab der Gesundheitsverwaltung rechnet nach Berichten über betrügerische Abrechnungen, obskure Anbieter und virtuelle Ergebnisse nach „kontaktloser Entnahme“ und mit Blanko-Bescheinigungen (erste Meldungen dazu jeweils zunächst im Checkpoint) inzwischen selbst mit einem „erhöhten Aufkommen von falschen Teststellen“ – so steht es jedenfalls in Verifizierungsmails, die jetzt zur Selbstauskunft versandt wurden (und die dem Checkpoint vorliegen). Der Senat kündigte gestern an, alle 1600 Teststellen zu kontrollieren – und neue nicht mehr zuzulassen.

Als „falsch“ wurde auch die Teststelle von Thomas Heilmann klassifiziert – und zwar aus politischen Gründen: Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci entzog dem Bus, der den Namen des CDU-MdB trägt (hier zu sehen) und von einer Apotheke betrieben wurde, wegen „parteipolitischen Missbrauchs“ die Zertifizierung. Die Teststellen müssten „neutral“ sein, diese hier habe ihr deswegen „missfallen“.

Auf die Replik mussten wir nicht lange warten: Heilmanns Fraktionskollege Jan-Marco Luczak postete das Foto von einem Mülleimer, auf dem der SPD-MdA-Kandidat Orkan Özdemir mit Portraitbild und Parteilogo (hier zu sehen) für eine Impfaktion in Schöneberg wirbt (Termin: heute von 9.30 bis 17 Uhr in der Sporthalle Prignitzschule, nur für Leute mit PLZ 12157).

Aber kaum war das raus, konterte wieder die SPD: Der Migrationspolitiker Aziz Bozkurt zeigte eine Werbung des CDU-MdA-Kandidaten Peter Mair, der ebenfalls zu einer Impfaktion in Schöneberg lud, diesmal für den Sonntag (wieder in der Sporthalle der Prignitzschul von 9.30 bis 17 Uhr, nur für Leute mit der PLZ 10829).

Puh, und jetzt? Bekommt Heilmann seinen Bus wieder? Kann man sich die Erstimpfung von der SPD verpassen lassen (mit Borjanstech) und die Zweitimpfung von der CDU (Arminzeneca)? Und gibt’s auch Stoff von der FDP (Linderna), den Linken (Marxerna) oder den Grünen (Annaleneca)? Und wie unterscheiden sich die Nebenwirkungen? Kopfschmerz, Bauchweh, Schüttelfrust?

Wir haben den Sprecher der Gesundheitsverwaltung gefragt, wie das zu bewerten ist und was seine Senatorin dazu sagt – hier die Antwort: „Wir können keinen Grund erkennen, uns dazu zu äußern.“

Kennen Sie schon die neue Formel zur Berechnung der Personenobergrenze für Veranstaltungen in Innenräumen mit maschineller Belüftung im Hygienerahmenkonzept der Berliner Kulturverwaltung? Ganz einfach: Sie lautet Pmax = Vzu : fL x fM x 105 x tA (Erklärungen hier).
Sie gilt allerdings nur für die Virus-Variante Alpha (B117), die das hoffentlich auch versteht und sich an ihre vorgeschriebene Flugbahn hält, sowie bis max. 0,5 Promille Pausensekt pro Person bei einem Höchst-IQ von 100 (wer drüber liegt, macht sich nur unnötige Gedanken).

Wir haben eine Berliner Museumsleiterin gefragt, wie sie mit den neuen Regeln umgeht – sie lobt anerkennend die Arbeit des Kultursenators („Klaus Lederer versucht alles, was irgendwie möglich ist“), aber die Skepsis überwiegt. Ihre Kritik in Stichworten:

„Wahnsinnig kompliziert“
„Viel zu viele Ausnahmen.“
„Alle rätseln: Trifft das jetzt auf uns zu oder nicht?“
„Wir versuchen uns an einer Art Textexegese.“

Und dann auch noch das: „Es war echt demütigend, als wir festgestellt haben, dass wir keine Bildungseinrichtung sind, sondern eine Freizeiteinrichtung wie ein Bordell. Das ist dann der Gipfel der Absurdität.“ Tja, wenn wir nicht aufpassen, werden mit der nächsten Corona-Formel-Reform noch Bordelle zu Bildungseinrichtungen erklärt (allerdings bei eingeschränkter Präsenzpflicht).

Die Comic-Künstlerin Laëtitia Graffart (37), u.a. bekannt durch ihren Laden „Modern Graphics“ in der Kastanienallee, wurde vergangene Woche in der Frankfurter Allee von einem Sattelschlepper überrollt und tödlich verletzt – sie hatte auf die Fahrbahn ausweichen müssen, weil ein Geldtransporter den Radweg blockierte. In einem Nachruf für den Tagesspiegel (hier zu lesen) schreibt ihre Freundin Lara Keilbart im Namen des Teams der „Comicinvasion“: „Wir sind geschockt und fassungslos. Wir sind wütend und traurig. Wir werden dich nicht vergessen.“

Die zwei Fahrraddemonstration am Wochenende (Sonnabend gegen den Weiterbau der A100, Sonntag ADFC-Sternfahrt) dürfen zwar über die Autobahn rollen, nicht aber durch den Britzer Tunnel aus „gefahrenabwehrrechtlichen Gründen“, wie die Polizei mitteilt: Im Fall einer Panik stünden nicht ausreichend Fluchtwege zur Verfügung. Das ist gut zu wissen, denn im „Normalbetrieb“ rasen hier täglich mehr als 100.000 Autos durch (von denen jeweils ca. 250 anschließend ein Blitzer-Foto zugeschickt bekommen). Mehrere hundert Mal müssen hier pro Jahr wegen des dichten Verkehrs einzelne Zufahrten kurzeitig unterbrochen werden – und manchmal brennt auch ein Fahrzeug ab (zuletzt im Oktober 2020). Aber offenbar geraten Autofahrer nach Erkenntnissen der Polizei nicht so leicht in Panik wie Radfahrer (die man ja auch in kleineren Gruppen hätte durchfahren lassen können).

Nach den Berichten über die schweren Unfälle in den vergangenen Tagen, ausschließlich verursacht durch Falschparker und (im doppelten Wortsinn) rücksichtslose Rechtsabbieger, wurden wir von aufmerksamen Lesern (ein paar Leserinnen waren auch dabei) auf den Umstand hingewiesen, dass sich auch Radfahrer zuweilen nicht an die Straßenverkehrsordnung halten. Nun, das lässt sich nicht bestreiten, auch die Polizei ist da schwer hinterher (hier ein Beispiel von gestern). Aber was hat das generelle Eine („Aber die Radfahrer!“) mit dem konkreten Anderen (den ohne eigene Mitschuld schwer verletzten und getöteten Radfahrern) zu tun?

Wir kommen zu „Berlins schönsten Spielplätzen“: Sie haben uns bis gestern Ihre Vorschläge geschickt, die Checkpoint-Jury hat getestet und getagt – und entschieden: Der Preis geht in diesem Jahr an den Märchenspielplatz im Schöneberger Heinrich-Lassen Park (irgendwo hier im Sand muss übrigens noch ein Fahrradschlüssel von mir liegen).
Auf den weiteren Plätzen folgen der Spielplatz im Buschkrug-Park und der Spielplatz auf der Lohmühleninsel. Als Gewinner ausgelost wurde Checkpoint-Leser Christoph Schmitt – wir danken allen, die mitgemacht haben!

Berlins schönster Spielplatz

Weitere Nachrichten im Telegramm:

+++ „Hamburg stößt Berlin vom Thron!“ ist eine auf den ersten Blick schockierende Nachricht – auf den zweiten Blick allerdings nur ein Griff in die Spambox: Zum heutigen „Welttag der Umwelt“ hat das Portal „vergleich.org“ veganen Brotaufstrich getestet – und die Zahl der Google-Suchanfragen zu Fragen pflanzlicher Ernährung gezählt (HH: 204 auf 10.000 EW monatlich). Oder anders gesagt: Hamburg hat bei diesem Thema den höchsten Aufklärungsbedarf und ist damit offiziell dort am rückständigsten, wo es um Nachhaltigkeit geht.

+++ Ob Tanzveranstaltungen auch im Freien wieder möglich sein sollten, wollten wir hier gestern von Ihnen wissen – Ihre Antwort kam mit 67 ppm (Prozent per Meinungsumfrage): Yes, let there be rock!

+++ Nachtrag zur Meldung „Arzt gibt Impfen auf – nur 1/3 der Angemeldeten erscheinen zum Termin“ (CP v. 3.6.): Thomas Dreusicke vom Unternehmens-Netzwerk Motzener Straße schreibt uns dazu:
„Wir können mit Impfbeginn Montag, 31.5., von einer No-Show-Rate von Null und einer Spritzen-Wegwerf-Rate von ebenfalls Null berichten. In den letzten 5 Tagen haben wir aus 280 Dosen 306 Mitarbeiter des Netzwerkes geimpft.“
Das Netzwerk (58 Mitglieder, 40 Betriebe unter 10 MA) hat als Teilnehmerin eines Modellversuchs von der Gesundheitsverwaltung 1700 Dosen für ein betriebsnahes, niedrigschwelliges Impfangebot erhalten.

Außerdem heute in der Checkpoint-Vollversion (mit Abo):

+++ Wochniks Wochenende: Die besten Tipps für 48 h Berlin.

+++ Kevin unterwegs: Mit dem Lieblingswildschwein von Naomi Fearn nach Brandenburg.

+++ Berlins beste Lektüre: die Leseempfehlungen.

+++ Wochenrätsel: Den Checkpoint gut gelesen? Zu gewinnen gibt’s einen „Checkpott“.

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