anfangs lief der Tag der Bund-Länder-Runde nach dem bekannten Schema: Das Kanzleramt kabelte vorab einen hausgemachten Beschlussentwurf durch, um die Ministerpräsidenten bezüglich der Formulierung der Regeln in ihren Bundesländern unter Druck zu setzen. Doch diesmal zeigten sich die tiefsten Gräben weniger zwischen den unterschiedlich betroffenen Ländern als zwischen ihnen und dem Bund. Das Ergebnis passt zur schlechten Stimmung: Dringende Appelle an die Bürger, sich weiterhin oder jetzt endlich wirklich zusammenzureißen, aber verbindliche neue Regeln sollen erst bei der nächsten Runde am Mittwoch kommender Woche verabredet werden. Die soll dann auch eine Perspektive über den proklamierten November der Finsternis hinaus eröffnen: fünf Tage vor dessen Ende, neun Monate nach Ankunft der Pandemie in Deutschland.
Michael Müller beklagte nach dem Treffen, dass die Länder „in Schalten sonntagabends um 23 Uhr“ über Vorlagen aus dem Kanzleramt beraten müssten. Im „Heute Journal“ zoffte sich Moderator Klaus Kleber mit NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) um die Frage, ob am Präsenzunterricht aus vernünftigen Gründen oder nur mangels Vorbereitung und Technik der Schulen festgehalten wird. In den „Tagesthemen“ sprach die Virologin Isabella Eckerle von „verschenkter Zeit“ angesichts der vertagten Beschlüsse. Beide Sendungen zeigten Schulen, die fit wären für teilweisen Heimunterricht, aber politisch zu vollem Präsenzbetrieb angewiesen sind – während Hunderttausende Kinder in Quarantäne zu Hause sitzen.