Regnerisch bei um die 8°C.

Der nächste Sturm naht, in Wäldern besteht weiter LebensgefahrUnfallbilanz 2021: Weniger Verunglückte, weniger Tempokontrollen – und gefährliche LkwFinanzämter holen durchschnittlich 60.000 Euro Nachzahlung von Millionären

Falls Sie heute noch nichts vorhaben, sollten sie über eine Hochzeit nachdenken.  Noch mehr gleiche Ziffern gibt’s erst in 89 Jahren, und als Termin wäre der 22.2.22 um 22.22 Uhr schon ziemlich stark, ggf. auch erst mal inoffiziell oder zur Verlobung, da sich standesamtlich spontan nichts mehr machen lässt. Ein Penny in Wedding (Wo sonst?) bietet laut „Weddingweiser“ sogar Blitzhochzeiten für 22,22 Euro an der Kasse an, angeblich inklusive Elvis-Imitator. In the ghetto, aaaha.

Und damit zu den ernsten Dingen. Über die Folgen von Putins Kriegserklärung an die Ukraine und den in der Nacht begonnenen Einmarsch halten wir Sie jederzeit online auf dem Laufenden, bleiben aber als Hauptstadt-Newsletter ansonsten in Berlin.

Und damit zum Wetter. Es wird stürmisch! Auf das Trio Infernale aus Ylenia, Zeynep und Antonia folgt morgen Bibi – mit stürmischen Böen, was zwar drei Windstärken weniger bedeutet als zuletzt (8 statt 11), aber bei den vielen angeknacksten Bäumen noch mal hochgefährlich ist.

Frage an Jörg Riemann, Chefmeteorologe der „Wettermanufaktur“ in Tempelhof: Liegt’s am Klimawandel, dass es gerade so oft und so heftig stürmt? Antwort: „Das waren Winterstürme alter Schule“: Nach Jahren sei die klassische Westlage endlich intakt, Azorenhoch und Islandtief sitzen wieder, wo sie dem Namen nach hingehören, aber seit 2017 nicht mehr waren. Dazu ein großer Temperaturunterschied zwischen Arktis und Subtropen als Hauptantrieb der Tiefs, die dann über Südskandinavien zogen und Norddeutschland den heftigsten Wind brachten. Fachbegriff: „ausufernde Westlage“. Aber ab dem Wochenende soll es erst mal gut sein damit.

Subjektiv steht kaum noch ein Baum gerade; in den Wäldern sehen vor allem die Kiefern arg gerupft aus. Derk Ehlert, Naturguru des Senats, sagte gestern Abend am CP-Telefon, die Forsten arbeiteten sich entlang der Hauptwege vor und hätten noch gar keine Zeit für eine Schadensbilanz gefunden. „Es geht nach Dringlichkeit wie bei der Feuerwehr, und es wird Wochen dauern, bis alles aufgeräumt ist.“ Vorerst gilt es, die Wälder zu meiden.

Die Polizei hat die Verkehrsunfallbilanz für 2021 veröffentlicht. Das Wesentliche: Zum ersten Mal seit dem Mauerfall weniger als 15.000 Verunglückte, aber immer noch 40 Verletzte pro Tag. 126.000 Unfälle entsprechen dem Niveau des ersten Corona-Jahres (2019 waren es ca. 147.000). Als Hauptursache dominieren wie eh und je Abbiegefehler, gefolgt von missachteter Vorfahrt und zu schnellem Fahren. Von den 40 Menschen, die starben, waren 24 zu Fuß oder per Rad unterwegs. Die Diskrepanz zwischen dem Verkehrsanteil von Lkw/Lieferwagen und ihrer Quote als Unfallverursacher (8% vs. 14%) ist nochmals gewachsen. Die Zahl der mobilen Tempokontrollen sank weiter, aber mehr Falschparker wurden abgeschleppt. Laut dem ebenfalls gestern veröffentlichten Mobilitätsindex des ADAC (!) „hat Berlin eklatante Mängel in puncto Verkehrssicherheit, die kein weiteres Zögern erlauben und beseitigt werden müssen. Handeln sei gefragt, „um den Verkehr vor allem für Radfahrende und zu Fuß Gehende sicherer zu machen“.

Bedeutende Einkünfte hätten auch die Bezirksämter gern – aber praktisch dürfen sie seit Jahresbeginn nur das Nötigste bezahlen, weil das Abgeordnetenhaus noch keinen Landeshaushalt für 2022 beschlossen hat. Bevor sich heute der Senat mit dem Haushaltsentwurf befassen wird, haben acht BezirksbürgermeisterInnen einen Protestbrief an Landesregierung und Parlament veröffentlicht, der nach einem Déjà-vu aus Sarrazins Zeiten klingt: Die Lücke zwischen Aufgaben und Ressourcen wachse täglich, verfassungskonforme Bezirkshaushalte seien mit den Vorgaben nicht zu machen, Sparorgien mit langfristigem Schaden stünden an. 21 Jahre ist Klaus Wowereits Parole „Sparen, bis es quietscht“ her. Gerade erst war das Quietschen ein wenig leiser geworden. Die Vorstellung, dass es nun wieder losgehen könnte mit Kahlschlag, Verlotterung und Tafelsilberverramsche, dürfte für viele schwer zu ertragen sein.

Telegramm

Was macht eigentlich die AfD? Die wird ja ein neues Thema zur Faktenverdrehung brauchen, wenn Corona nicht mehr funzt. Perspektivisch wird es sicher was mit „Klimahysterie“; für den Moment verbreitet ihr vom Kreml gesponserter Osteuropa-Pendler Gunnar Lindemann derart abstrusen Unfug („Ukraine bombardiert Donbass mit vom deutschen Steuerzahler finanzierten Waffen“), dass er sogar seiner eigenen Fraktion unheimlich wird. Ansonsten fabriziert er in seiner verrumpelten Marzahner Küche für Youtube „Gunnars Kochshow“, die auch „Der Name der Dose“ heißen könnte. Als Agh-Abgeordneter bombardiert Lindemann seine Fan-Bubble übrigens tatsächlich mit Geld vom deutschen Steuerzahler.

Von der archäologischen Sensation zu Kleinholz in vier Wochen: Das ist das Schicksal des 800 Jahre alten Bohlenweges vom Molkenmarkt. In einem Offenen Brief an Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat der Vorstand des „Vereins für die Geschichte Berlins e.V.“ gegen die Zerstörung der Kostbarkeit aus der Frühzeit von Berlin und Cölln protestiert. Bemerkenswert dabei ist auch die Geschmeidigkeit des Denkmalschutzes, der sich sonst vor jedes noch so unscheinbare Gemäuer wirft, um neumodischen Schnickschnack wie Aufzüge oder Dämmungen zu verhindern.

Zum zehnten Mal haben sich gestern Abend – trotz des kräftigen Regens – viele Menschen aus der Nachbarschaft an der Gethsemanekirche versammelt, um Kirche und Kiez gegen die Vereinnahmungsversuche durch Querdullis und Diktaturschwurbler zu verteidigen. Gut, wenn die Mehrheit nicht nur schweigt.

Friedrichshagen ist eine jener Berliner Ecken, in denen Normalsterbliche längst keine Chance mehr haben, eine Bleibe zu finden. Es sei denn, es handelt sich um Zauneidechsen: Im Frühjahr soll eine Population von Köpenick dorthin umgesiedelt werden, damit bis 2027 endlich der Regionalbahnhof gebaut werden kann. Genaueres weiß mein Kollege Thomas Loy im Leute-Newsletter.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin informiert (via Amtsblatt): „Das Dienstsiegel mit der Umschrift Generalstaatsanwaltschaft Berlin – Kennziffer: 14 ist verlorengegangen und wird hiermit für ungültig erklärt.“ Und die Polizei (ebenda): „Sehr geehrter Herr Tcheishvili, im Rahmen eines Polizeieinsatzes wurden folgende Gegenstände sichergestellt: – Schlüssel zum Pkw ZPL 12465. Melden Sie sich telefonisch unter 030 4664-445610/445700, um die Herausgabe Ihrer Gegenstände zu ermöglichen.“ Noch was? „Diese Benachrichtigung gilt als zugestellt, wenn seit Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.“ Zeit läuft.

CP-Leser Bernd S. findet, wir sollten „nicht immer nur auf den BER raufhauen“ (wobei Naomi Fearn in ihren „Berliner Schnuppen“ in der Vollversion dieses CP ja eher träumt als haut). Herr S. jedenfalls berichtet von einem Flug von Paris (Charles de Gaulle, Baustelle) nach Chicago, wo Mitarbeiter ihnen gesagt hätten: „Dies ist das Pariser Gepäck von gestern. Ihres kommt morgen, geben Sie Ihre Anschrift bei Lost & Found ab.“ Alleinreisendes Gepäck ist demnach keine Berliner Spezialität.

Was tun mit den – nach behördenmenschlichem Ermessen nicht rückzahlbaren – Spenden von Rechtsextremen fürs Humboldt-Forum (CP von gestern)? CP-Leser Ulrich P. hätte da einen „Vorschlag zur Güte: Das Humboldtforum überweist einen Betrag, der den rechtsradikalen Spenden entspricht, an eine Vereinigung der Opfer des Naziterrors oder einen Verein, der aktiv die Erinnerung daran fördert.“

Zitat

„Das ist ja oft so, dass man außerhalb von Köln gar nicht versteht, was hier passiert.“

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu den dort bevorstehenden Karnevalsfeiern, die man in Berlin wie gehabt kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen wird.

 

Tweet des Tages

Meine Lieblingsnichte hat sich gerade auf Twitter registriert. Könnten Sie bitte so tun, als ob ich völlig normal wäre?

@Im_Alter_Fische

Stadtleben

Essen – Neuzugang in Sachen neapolitanische Pizza in Friedrichshain: An der Wühlischstraße hat vor wenigen Wochen das „Spaccanapoli Nr. 12“ eröffnet. Auf der Karte stehen neben den im Trend liegenden dünnbodigen Pizzen aus Süditalien auch eine Lasagne mit Auberginen, diverse Salate (darunter auch ausgefallene, z.B. mit Avocado und Kartoffeln) und Frittiertes, z.B. Zucchiniblüten. Außerdem: Panuozzi, eine Art kleine Calzone. Di-So 10-22.30 Uhr, Wühlischstraße 12, S+U-Bhf Ostkreuz

Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

„Wir sind die Neuen“

60 der insgesamt 147 Parlamentarier sind in dieser Legislaturperiode neu im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Checkpoint stellen wir sie vor.

Name: Laura Neugebauer (Grüne)
Beruf: Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau (2015-2018), Fraktionsvorsitzende in der BVV Mitte (2017-2021), Studentin Wirtschaftsingenieurwesen (2018-laufend)
Alter:  26 Jahre
Wahlkreis: Mitte (WK 7)
Berliner Lieblingsort: „Im Sommer das Nordufer mit einer kalten Limo und guten Freund*innen. Im Winter auch das Nordufer, aber lieber für einen Spaziergang mit Tee im Thermobecher.“
Eine Sache, auf die ich mich 2022 in Berlin freue: „​​Ich freue mich besonders darauf, dass ich mich ab 2022 auf Landesebene für die Finalisierung und Umsetzung des Bibliotheksentwicklungsplan einsetzen kann. Denn moderne Kiezbibliotheken sind viel mehr als leere Bücherhallen. Sie sind Orte der Begegnung und des voneinander Lernens. Und es wird Zeit, dass diese Bibliotheken der Zukunft endlich in den Kiezen ankommen.“

Foto: Vincent Villwock / Grüne Fraktion Berlin

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag Jeanette Biedermann (42), Popsängerin und Schauspielerin / Maria Kotsev, Tagesspiegel-Volontärin und ehemalige Stadtlebenschreiberin – Alles Liebe vom Team Checkpoint! / Christa Luft (84), Wirtschaftswissenschaftlerin, DDR-Wirtschaftsministerin (1989-90) /„Sibylle Nägele, Autorin, hat an diesem schönen Datum Geburtstag. Herzliche Glückwünsche von Joy Markert“ / Jürgen Nöldner (81), ehem. Fußballspieler (DDR-A-Nationalmannschaft) / Claudia Pechstein (50), Eisschnellläuferin und Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei /„Meinem lieben Enkel Jan Soltkahn wünsche ich von ganzem Herzen zum 27. Geburtstag am 22.2.22 alles erdenklich Gute, weiterhin Gesundheit und viel Glück im neuen Lebensjahr, Deine Oma Rosi“ /„Liebe Ulla, ich wünsche Dir für Dein neues Lebensjahr alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit! Behalte Deinen Optimismus und Deine Geduld. Wir werden bestimmt im Sommer kleine Ausflüge und Aktivitäten unternehmen können. Fühle Dich umarmt von Brigitte“ / Peter Zwegat (72), TV-Schuldnerberater

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Georg Dieterich, * 9. November 1941, Kantor der Ev. Kirchengemeinde Wannsee / Wolfgang Hagen, * 28. Februar 1950 / Sigrid Hannse,* 20. Februar 1938 / Oliver Rohn, verstorben 2022

StolpersteinMargarete Walter wurde am 22.2. 1913 in Berlin geboren. Nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, fand sie eine Anstellung in der Firma „Kathreiners Malzkaffee“. Unter ihrer Leitung wurde die illegale Werkzeitung „Die Kathreiner-Mühle“ herausgegeben. Wegen dieser politischen Aktivitäten verlor sie ihren Arbeitsplatz und kam auf eine „Schwarze Liste“, so dass sie erwerbslos blieb. Nach einer Reihe früherer Verhaftungen wurde sie 1935 erneut  festgenommen und in das Frauengefängnis am Alexanderplatz gesteckt. Zu Verhören und Folterungen brachte man sie in die Prinz-Albrecht-Straße. Während einer Vernehmung am 21. Oktober 1935 stürzte sie sich aus dem 4. Stock des Gestapogebäudes in einen Lichtschacht. An der Fuldastraße 12 in Neukölln erinnert ein Stolperstein an Margarete Walter.

Encore

Jetzt sind wir wieder, wo wir angefangen haben: am 22.2. Hier kommt eine unvollständige Liste von Ereignissen an diesem Datum aus früheren Jahren. Zusammen ergeben sie einen kurzen Abriss der Berliner Stadtgeschichte:

1504: Berlins Bürgermeister Thomas von Blankenfelde stirbt.
1689: Eine Handvollfranzösischer Glaubensflüchtlinge und der Apotheker Lamblet erhalten Baustellen vor dem alten Leipziger Tor (Mitte). Damit begann die Ansiedlung der Hugenotten in der Friedrichstadt.
1906: Der letzte Bauteil der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die Reliefgestaltung in der Gedächtnishalle, wird feierlich enthüllt.
1915: In Berlin und 44 Nachbarorten wird die Brotkarte eingeführt.
1932: Gauleiter Joseph Goebbels verkündet auf einer Mitgliederversammlung der NSDAP im Sportpalast in der Potsdamer Straße die Kandidatur Adolf Hitlers fürs Amt des Reichspräsidenten.
1935: Das Statistische Amt teilt mit, dass in Berlin derzeit 23.712 Schweine gehalten werden. Außerdem gibt es in der Stadt 2.681.088 Obstbäume, darunter 185.133 Pfirsichbäume.
1978: Nach einer dreiwöchigen Kälteperiode mit Tiefsttemperaturen zwischen -13°C und -18°C (bekannt auch durch die Schneekatastrophe in Norddeutschland) taut Berlin wieder auf.

Für diesen CP hat auch Matthieu Praun recherchiert. Das Stadtleben hat Sarah Borufka geschrieben, die Frühproduktion Cristina Marina übernommen. Morgen begrüßt Sie hier Ann-Kathrin Hipp.

Machen Sie’s gut!

Ihr Stefan Jacobs

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Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

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