Schaltet Jan Böhmermann sich ein, bekommen politische Debatte unfreiwillig Event-Charakter. Wer für die SPD in Charlottenburg-Wilmersdorf für den Bundestag kandidieren solle, fragte der Satiriker am Freitag schelmisch via Twitter: Sawsan Chebli erhielt 82,5 Prozent, Michael Müller 17,5 Prozent, 10.000 Menschen stimmten ab. Dem Regierenden Bürgermeister wird das Online-Ergebnis egal sein, letztlich wird ganz oldschool per Stimmzettel gewählt. Ihm wird aber wohl missfallen, dass seine Bundestagskandidatur zum Internetwitzchen gerät. Es prallen ja filmreif Gegenteile aufeinander. Aufstrebend gegen Altgedient. Digital gegen analog. Verkaufstalent gegen Verwaltungsmann. Polarisierung gegen Nummer sicher. Letztlich auch: Frau gegen Mann. Und Müllers Staatssekretärin machte am Freitag klar, dass ihre Kandidatur gegen den Chef wohlüberlegt ist: „Die Frage ist: kann ich mit meiner Kandidatur etwas Wichtiges und Richtiges bewirken? Für Berlin, für das Land und dafür, dass unsere Partei wieder zu neuer Stärke findet? Ja, ich kann“, schrieb sie.
Auch gestandene Berliner Sozialdemokraten können sich an ein ähnliches Duell nicht erinnern. Michael Müller hatte Chebli 2016 noch selbst ins Rote Rathaus geholt, ihr Verhältnis kühlte schnell ab. Das letzte Jahr ihrer gemeinsamen Regierungszeit verbringen sie als Konkurrenten – normalerweise vertrauen sich Staatssekretäre und Minister besonders. Wie soll das nun gehen? „Es ist sicherlich eine ungewöhnliche Situation, aber in einem demokratischen Land sollte der sportliche, faire Wettbewerb der Normalfall sein“, sagte Chebli dem Checkpoint.