ein Checkpoint-Leser will sich abmelden, vorübergehend; er schreibt:
„Mir gehen die täglichen Corona-Meldungen an die Nerven und auch an die Substanz. Im Moment höre ich keine Nachrichten mehr, ich versuche, mich selbst herunter zu fahren.“ Ich kann das gut verstehen, manchmal geht es mir ähnlich: Wie gerne würde ich mal wieder einen Checkpoint ohne Corona-Meldung schreiben oder lesen, wie gerne eine Unterhaltung führen, ohne über neue Zahlen, erkrankte Freunde oder mangelhafte Maßnahmen zu sprechen. Und wer sich umhört, stellt fest: Mit diesem Gefühl ist niemand lange allein.
Wir haben Hans-Joachim Ruhr dazu befragt – der Berliner Psychotherapeut rät: Einmal morgens informieren und einmal abends. Aber: „Bewegen Sie sich nicht ständig in Nachrichtenkanälen“. Und: Versuchen Sie nicht, sich mit Alkohol zu beruhigen, „damit erreichen Sie das Gegenteil von dem, was Sie wollen“. Ruhr empfiehlt, den Konsum gerade jetzt „wenn schon nicht einzustellen, dann doch wenigstens stark zu beschränken“.
Wer am Wochenende in Berlin unterwegs war, konnte dagegen den Eindruck bekommen, das Motto lautet: Jetzt erst recht. Der „Glühwein to go“ ist zur rezeptfreien Überlebensmedizin geworden – für Spaziergänger, Shopper und Wirte im Lockdown (dazu auch heute unser „Encore“). Solange ein Becherchen mit Ruhe und Abstand genossen wird, ist dagegen wenig zu sagen. Doch offenbar halten viel zu viele Menschen aufgewärmten Alkohol bereits nach dem ersten Schluck für einen Zaubertrank, der sie immun macht gegen Viren aller Art.