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Bausenator Geisel und seine Prognosen für 2022„Alle planbaren Behandlungen verschoben“: Charité geht nächste Woche in den NotbetriebDie schlimmsten Weihnachtsmärkte Berlins

zu Beginn geht’s heute hoch hinaus auf den Berliner Fernsehturm: Dort lobten sich gestern Abend die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und Bausenator Andreas Geisel für ihre Anstrengungen beim Dauerthema Wohnungsbau. In einer Pressemitteilung, die die Senatskanzlei zu dem Termin verschickte, stand: „Nach Prognosen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sind 16.500 neue Wohnungen in Berlin in 2022 gebaut worden.“

Hm, Prognosen für das Jahr 2022? Schnell mal den Duden hervorkramen: Eine Prognose ist eine „Voraussage einer künftigen Entwicklung“ steht da. Kurzer Blick auf den Kalender: Huch, das Jahr 2022 ist ja fast rum. Nun gut, wer wüsste besser als Andreas Geisel, dass man Ergebnissen besser nicht traut, bevor nicht noch einmal ein Verfassungsgericht drüber geschaut hat. Bleibt zu hoffen, dass die Angaben zum Wohnungsbau zumindest rechtmäßig zustande gekommen sind. Am Ziel des Senats, pro Jahr im Durchschnitt 20.000 Wohnungen zu bauen, gehen sie nämlich vorbei.

Wir bleiben noch kurz beim Bau-auf-Senator Geisel, sogar beim gleichen Termin. Auf dem Fernsehturm freute sich Geisel auch über Zuwachs beim Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen. Neu dabei: der Wirtschaftsverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA). Dass der Mieterverein sich weiterhin weigert, Teil des Bündnisses zu werden, kommentierte Geisel so: „Der Mieterverein kann sich leisten, formal nicht Mitglied des Bündnisses zu sein, weil er weiß, dass wir die Mieterschutzklauseln in dem Bündnis durchsetzen.“ Wir sagen mal so: Das ist eine der möglichen Lesarten.

So, jetzt aber runter vom luftigen Fernsehturm und hinein ins Dickicht des Abgeordnetenhauses. In dieses wurde gestern der Autor und Netzaktivist Arne Semsrott bestellt. Semsrott sollte eigentlich im Digitalisierungsausschuss zu einem Entwurf über das Transparenzgesetz angehört werden – Stichwort gläserne Verwaltung. Der Tagesordnungspunkt wurde jedoch in letzter Minute gestrichen und vertagt – Semsrott durfte unverrichteter Dinge wieder abreisen.

Grund für die Vertagung war laut SPD, dass noch nicht alle Senatsverwaltungen eine Rückmeldung zum Entwurf abgegeben hätten. Die Koalitionspartner Grüne und Linke vermuten dagegen eine Verzögerungstaktik der SPD. Und Semsrott? Der sagte am Checkpoint-Telefon: „Das ist respektlos gegenüber der Zivilgesellschaft.“ Mehr als seine eigene Versetzung ärgerte ihn das politische Geschacher. Er erwartet nun, dass das Transparenzgesetz sofort nach der Wiederholungswahl verabschiedet wird. Kommt auf Wiedervorlage.

Apropos Wahl: Immerhin auf die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist Verlass. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit und – nach unserer Kenntnis – ohne Erhöhung des Mitarbeiter-Erfrischungsgeldes, wird die bpb auch für die Wiederholungswahl ihren Wahl-O-Mat anwerfen, um für etwas mehr Orientierung im Winter-Wahlkampf zu sorgen. Bei der verkorksten Wahl 2021 wurde der Wahl-O-Mat eine Millionen Mal genutzt – umsonst, wie wir nun wissen. Einen neuen Anlauf können Sie ab dem 25. Januar auf der Internetseite der bpb wagen.

Umfrage Wahlentscheidung bereits getroffen

„Große Erfolge“ meldet die Freie Universität beim Einsparen von Strom und Wärme. 16,8 Prozent Heizenergie und 9,2 Prozent Strom hat die Universität im November 2022 im Vergleich zum vorpandemischen November 2019 eingespart. Der Checkpoint gratuliert. Stutzig macht nur folgende Aussage: „In einzelnen Gebäuden gelang es, den Heizenergieverbrauch im Vergleich zum November 2019 um nahezu 50 Prozent zu senken.“ Ob man die Gebäude früher auf 40 Grad geheizt hat oder jetzt auf 10 Grad runterregelt? Wer weiß… vielleicht hat auch einfach jemand die Fenster geschlossen.

Brrrrr… ja, ja, es ist kalt, da erzählen wir Ihnen nichts Neues. Was da hilft, wissen Sie auch: Drinnen Fenster schließen zum Beispiel. Und draußen Glühwein trinken! Nun bestehen leider nicht alle Berliner Weihnachtsmärkte aus süßen kleinen Bretterbuden mit selbst gefertigtem Handwerk und Bratwurst vom märkischen Kartoffelschwein. „Bin noch nicht sicher ob mich der Weihnachtsmarkt am Bahnhof Friedrichstraße ästhetisch überzeugt“, schrieb auch der ehemalige Berliner Abgeordnete Simon Weiß kürzlich ins Internet und postete dazu ein Bild eines recht unförmigen Eisbären und zwei bedröppelt dreinschauender Pinguine.

Und da kommen Sie ins Spiel. Falls auch Ihnen fragwürdige oder skurrile Weihnachtsattraktionen in Berlin auffallen, schreiben Sie uns (gerne mit Beweisfoto) an: checkpoint@tagesspiegel.de. Und wenn Sie an all dem Weihnachtstrubel verzweifeln sollten, hat Sven Regener, wie eigentlich für alle Lebenslagen, dafür schon den passenden Song getextet: „Und irgendwer hält immer / die Glühweintrinker-Fahne hoch / Da geht am Ende viel daneben / So wie überall im Leben / Wer nicht mehr stehen kann, fällt hin / Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“.

Telegramm

Die jüngsten Entwicklungen rund um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine:

+++ Nach neuen russischen Drohnenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew setzt Präsident Wolodymyr Selenskyj auf modernere und effektivere Flugabwehrsysteme aus dem Westen. „Diese Woche haben wir einen bedeutenden Fortschritt in der Frage der Flugabwehr gemacht“, sagte Selenskyj in seiner am Mittwochabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft, ohne jedoch Details zu nennen.

+++ Vier hochrangige israelische Beamte berichteten dem Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf Geheimdienstberichte, dass der Iran aus Angst vor einem internationalen Gegenschlag die Reichweite der Raketen zu begrenzen gedenkt, die er Russland für den Krieg in der Ukraine liefern will.

+++ Einem Bericht des Guardians zufolge könnte es möglich sein, dass Weißrussland sich darauf vorbereitet, seine Soldaten zur Unterstützung der russischen Invasion in die Ukraine zu entsenden – vielleicht schon in dieser Woche. Das teilte ein US-Verteidigungsbeamter mit inmitten wachsender Besorgnis über die militärischen Vorbereitungen in Minsk.

Alle aktuellen Ereignisse können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Es erinnert an die Hochphase der Corona-Pandemie: Die Charité hat angekündigt, ab dem kommenden Montag alle planbaren Eingriffe bis Jahresende zu verschieben. Der Grund: Zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fallen derzeit krankheitsbedingt aus.

Wahl I: Das 240-Euro-Erfrischungsgeld zieht offenbar. In Berlin haben sich bereits mehr Menschen als Wahlhelfer gemeldet als notwendig. Der verhängte Anmeldestopp gilt jedoch nicht für junge Erwachsene, wie gestern bei der Vorstellung des Projekts „Erstwahlprofis“ verraten wurde. Wer nicht älter als 25 Jahre ist, könne immer noch zugrei… äh… der Demokratie einen Dienst erweisen.

Wahl II: Die Berliner FDP hat gestern Abend Sebastian Czaja auf einem Kleinen Parteitag offiziell zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt – mit 100 Prozent der Stimmen. Ob das am Ende für fünf Prozent unter den Berliner Wählerinnen und Wählern reicht, wird sich am 12. Februar zeigen. Czaja setzt beim Kampf um Stimmen vor allem auf eine radikale Verwaltungsreform (T+).

SPD-Fraktionschef Raed Saleh bekräftigte derweil den SPD-Vorstoß für ein dauerhaftes 29-Euro-Ticket in Berlin (T+). Der BUND ist von der Idee allerdings wenig begeistert. Der Vorschlag sei „zwar gut gemeint, aber offenbar nicht durchdacht“, sagte der Landesgeschäftsführer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Tilmann Heuser, dem Checkpoint. Pendler würden durch Steuererleichterungen ohnehin netto weniger als 29 Euro für das bundesweit gültige Deutschland-Ticket zahlen. Das soll bekanntermaßen 49 Euro kosten.

Von der Schiene auf die Straße: Der Staat versucht allerhand, um die Klima-Aktivisten für ihr Haften auf Asphalt haftbar zu machen. In München gilt ein Verbot per Allgemeinverfügung, auch Präventivhaft ist nicht ausgeschlossen. Berlin versucht es nun mit einer „versammlungsrechtlichen Beschränkungen“. Wer mehrfach beim Festkleben erwischt wurde, dem droht ein individuelles Klebeverbot samt 2000-Euro-Strafe bei Zuwiderhandlung.

Amt, aber glücklich: CP-Leser Rolf Holz berichtet fasziniert vom Bürgeramt Steglitz. Holz hatte seinen Personalausweis verlegt, trat nach langem Suchen am Montagmorgen den Walk of Shame zum Bürgeramt an und bekam „bereits für 10.48 Uhr am gleichen Tag einen Termin.“ Holz: „So habe ich als Neu-Berliner die Stadt von einer ganz anderen Seite kennengelernt.” CP-Rat: Nicht zu früh freuen.

Amt, aber unglücklich: Was Holz vielleicht nicht weiß, ist, dass er einfach nur Glück hatte. Und das kann sich wenden. Bereits acht Bürgerämter musste aufgrund der Vorbereitung für die Wiederholungswahl bereits schließen. In Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf wurden dabei über 6.000 zugesagte Termine ersatzlos gestrichen (T+).

Zumindest in dieser Hinsicht muss man also ganz froh sein, dass Berlin am 12. Februar nicht auch noch einen Klima-Volksentscheid organisieren muss. Dass an der Entscheidung nicht mehr zu rütteln ist, hat nun auch das Landesverfassungsgericht bestätigt und eine Beschwerde der Initiative „Klimaneustart Berlin“ abgelehnt, wie mein Kollege Julius Betschka erfuhr. Die Initiative wollte zeitglich mit der Abgeordnetenhauswahl abstimmen lassen, nun kommt es am 26. März zum Volksentscheid.

Zum Abschluss noch ein wenig Munition für Ihr nächstes Berlin-Kneipenquiz: In der Stadt gibt es insgesamt 75 Parkraumbewirtschaftungszonen. 2021 nahmen die Bezirke damit rund 60 Millionen Euro ein – Knöllchen nicht mitgerechnet. Unangefochtener Parkgebühren-Spitzreiter ist der Bezirk Mitte mit rund 30,5 Millionen Euro (Q: Schriftliche Anfrage).

Zitat

„Eigentlich ist alles, was jetzt noch auf den Tisch kommt, schon ein 2023-Problem. Also entspannt auf den letzten Metern machen, Leute.“

Kommunikationsexperte Mathias Richel rät zum Müßiggang bis Jahresende.

 

Tweet des Tages

Es ist natürlich eine Nordstreamtanne.

@MickyBeisenherz

Antwort d. Red.: Autor und Moderator Micky Beisenherz kommentiert den Weihnachtsbaumkauf von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (hier mit Bild)

Stadtleben

Essen & Trinken – Wer sich am Lietzenseepark die Beine vertritt und anschließend ins Warme einkehren möchte, der läuft etwa 500 Meter weiter gen Norden und findet die kulinarische Vielfalt Nepals: Im Thakali House werden kleine Portiönchen an in Soße gekochtem Gemüse, frischem Chutney, eingelegte Pickles oder Joghurt sowie suppenähnliches Daal oder Fleisch in getrennten Schalen serviert und im Thakali Thali Set mit Reis zum genussvollen Teilen serviert. Wer das kulinarische Happening allein zelebrieren möchte, findet auch exklusive Tellergerichte auf der Speisekarte. Di-Fr 16-22, Sa/So 14-22 Uhr. Suarezstraße 61, Charlottenburg, U-Bhf Sophie-Charlotte-Platz

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Katja von Garnier (56), Regisseurin / Renate Künast (67), für die Grünen im Bundestag / Bernd Loebe (70), Opernintendant / Gernot Menger (80), Checkpoint-Leser / Clayton Nemrow (57), Schauspieler und Musicaldarsteller / Stefan Niggemeier (53), Medienjournalist und Blogger / Marion Poschmann (53), Schriftstellerin / Ingo Schulze (60), Schriftsteller / Lina Larissa Strahl (25), Sängerin und Schauspielerin / „Zum 70. Geburtstag, liebe Susanne aus der Tulpenstraße möchte ich Dir gratulieren, um dich ein wenig auf das nächste Jahrzehnt zu motivieren, bist recht agil und machst alles mit Schwung, bleib immer so im Herzen jung und vor allem unheilbar gesund! Meine besten Wünsche für Dich, herzlichst Manfred.“ / Julie Taymor (70), Regisseurin / „Mein lieber Tilmann, ich wünsche Dir von Herzen alles Gute zum Geburtstag und einen wunderbaren Tag. Amore.“ / Peter Kurt Würzbach (85), Pädagoge und Politiker (CDU)

Hochzeit – „Christel Knigge (72) und Martin Knigge (74), feiern Goldene Hochzeit. Das sind, liebe Kinder und Enkel, immerhin 50 Jahre gemeinsamen Lebens!“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Dr. Dorothée Bauerle-Willert, * 9. Juli 1951 / Erika Hofmann, * 6. April 1925 / Dr. Lieselotte Kugler, *15 Mai 1950 / Wolfgang Lehmann, * 10. Juli 1932 / Ingeborg Zellmer, * 12. November 1925

StolpersteinMargarete Bendheim (Jg. 1894) lebte in der Steinstraße 4 in Steglitz. Sie arbeitete im jüdischen Krankenhaus, wo sie das Labor leitete und Akten führte. Später ging sie an die Universität Osnabrück, dort wurde sie jedoch 1933 entlassen. Daraufhin kehrte sie nach Berlin zurück und arbeitete bei einem Gynäkologen. Ende November 1942 deportierten sie die Nationalsozialisten nach Auschwitz, wo sie nur zwei Wochen später – heute vor 80 Jahren – ermordet wurde.

Encore

Die kommende Berlinale findet von 16. bis 26. Februar 2023 statt. Damit man das auch nicht vergisst, werfen die Veranstalter einem gekonnt und in regelmäßigen Abständen kleine Nachrichten-Happen hin, die wir im Checkpoint natürlich nur allzu gerne aufgreifen. So wurde vor sechs Tagen Kristen Stewart als Jury-Präsidentin vorgestellt. Gestern dann wurden die zehn europäischen „Shooting Stars“ bekanntgeben – eine Auszeichnung, die ich bis dahin nicht mal kannte. Egal, wichtig ist der Subtext: Nur noch 63 Tage bis zum Eröffnungsfilm!

Der Cast Ihres heutigen Checkpoints:
Recherche: Thomas Lippold und Teresa Roelcke
Stadtleben: Sarah Borufka, Sophie Rosenfeld und Lotte Buschenhagen
Produktion: Kathrin Maurer
Morgen in der Hauptrolle: Lotte Buschenhagen

Von mir lesen Sie im neuen Jahr wieder. Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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Seit 2014 berichten wir exklusiv aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stellten Berlins marode Schulen vor, bis die Politik reagierte. Wir standen vor dem Bürgeramt, bis es wieder Termine gab. Wir recherchieren hartnäckig und gründlich.

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