die Schulen bekommen heute den „Musterhygieneplan Corona“ (10 Punkte auf 5 Seiten), der Checkpoint hat ihn schon – na dann schauen wir doch gleich mal rein (Auszüge)…
1) Für die „Wegeführung“ im Gebäude müssen die Schulen ein Konzept erarbeiten, um Schülerstaus zu vermeiden (Checkpoint-Hinweis: Ampeln sind nicht zu empfehlen – die Aufstellung dauert in Berlin inkl. Genehmigung bis zu vier Jahren).
2) Statt des klassischen Sportunterrichts sollen den Schülerinnen und Schülern im Freien abstandsregelkonforme „Bewegungsangebote“ gemacht werden. Wie wär’s mit Däumchendrehen? Nasebohren fällt ja aus aktuellem Anlass aus.
3) Weil eine „erhöhte Aerosolproduktion beim Singen“ gefährlich sein kann, fallen Chor-, Orchester- und Theaterproben aus und werden durch „theoretischen Musikunterricht“ ersetzt. Unser Vorschlag: Melodische Erörterung des Songs „School sucks“ von Bronnie.
4) Vor den Schultoiletten dürfte es ohne Reservierung eng werden – laut Musterhygieneplan „muss zumindest in den Pausen durch eine Lehrkraft eine Eingangskontrolle durchgeführt werden“ – nur einzelne Bedürftige dürfen gleichzeitig müssen. Dazu der Checkpoint-Tipp: Club-Türsteher zu Bildungs-Bouncern umschulen – da hätten die Lehrkräfte dann mehr Zeit für den folgenden Punkt:
5) „Mehr als einmal täglich gereinigt werden“ sollen Computermäuse, Tastaturen und Telefone, und zwar: „durch die Beschäftigten der Schulen“. Im Gegenzug erstattet die Bildungsverwaltung Ihnen per Pauschalbetrag die Anschaffung von zwei waschbaren Alltagsmasken.
6) Wichtigster Punkt im „Musterhygieneplan Corona“ ist natürlich: Händewachen, Händewaschen, Händewaschen – und nochmal Händewaschen (am besten ungefähr so lange, wie das Lesen der ersten Checkpoint-Meldungen dauert). Dazu heute auch unsere Aufgabe im Kurs „Mathe mit dem Checkpoint“:
Das Rosa-Luxemburg-Gymnasium in Pankow hat 30 Wasserhähne für 1000 Schülerinnen und Schüler. Nach den Vorgaben des „Musterhygieneplans Corona“ sind bei der „Basishygiene“ die Hände mit Seife zu waschen 1. nach dem Naseputzen, 2. nach dem Husten und 3. nach dem Niesen; außerdem 4. nach der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, 5. nach Kontakt mit Treppengeländern, 6. mit Türgriffen, 7. mit Haltegriffen und 8. „etc“; 9. vor und 10. nach dem Essen, 11. vor dem Aufsetzen und 12. nach dem Abnehmen einer Schutzmaske und 13. nach dem Toiletten-Gang (vorher offenbar nicht). Jeweilige Dauer nach den Empfehlungen des RKI: 20 bis 30 Sekunden. Aufgabe: Errechnen sie die Zeit, die mit dem Händewaschen und dem Warten auf einen freien Wasserhahn insgesamt draufgehen (Lösungen bitte an checkpoint@tagesspiegel.de).
Da ist es natürlich blöd, dass die Bauverwaltung seit Jahren die alten Handwaschbecken aus den Klassenzimmer reißen lässt und neue aus Schulbauplänen streicht. Aber warum? Aus „hygienischen und gesundheitlichen Gründen“, sagt die Verwaltung. Logo. Darauf hätten wir auch selbst kommen können. Was würde Merkel wohl dazu sagen? Vermutlich „Beckenabbauorgie“. Aber wer konnte auch schon ahnen, dass sich Schüler irgendwann mal wieder die Hände waschen wollen bzw. müssen?
Wir beenden unser heutiges Referendariat mit einem Zitat des Lichtenberger SPD-Stadtrats Kevin Hönicke: „Man kann sich bei den Schulen in Berlin nur noch entschuldigen.“
„Diese Pandemie ist eine demokratische Zumutung“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern im Bundestag – das trifft’s. In der Senatsverordnung ist z.B. in § 2 (1) von einem „Reinigungs- und Desinfektionsregime“ die Rede. Die „Boomer“-Jahrgänge dürften dabei automatisch an eine Machtübernahme durch den „Henkel“-General denken (bekannt aus den TV-Reinigungsmittelwerbespots der siebziger und frühen achtziger Jahre) – Regierungsmotto: „Nur was richtig sauber ist, kann richtig glänzen“).
Na dann schauen wir doch mal, wie das Abgeordnetenhaus mit den demokratischen Zumutungen in eigener Sache glänzen will – hier die Beschlüsse des „Krisenstabs“:
+ Die Tribünen des Parlaments bleiben für Besucher geschlossen, werden aber für Abgeordnete geöffnet – damit können künftig 120 Parlamentarier auf Corona-Abstand an den Sitzungen teilnehmen.
+ Eine Verlegung des Parlaments aufs Messegelände (und damit in die Nähe der Notklinik) ist vom OP-Tisch.
+ Eine Mundschutzpflicht wird (offenbar aus Angst vor Enttarnung durch den Enthüllungsjournalisten Oscar Wild: „Eine Maske erzählt uns mehr als ein Gesicht“) von allen Fraktionen abgelehnt.
+ Herausragendes Merkmal der (kurzen) Sitzungen: Die meisten Tagesordnungspunkte werden ohne Aussprache als „erledigt“ abgestempelt.
+ Bonuspunkt: Die Ausschusssitzungen (die übrigens alle stattfinden sollen) können jetzt als Reality-Soap gestreamt in Serie gehen – die Verwaltung hat den Schalter vom Internet entdeckt.
Und was ist mit dem Demonstrationsrecht in der eingeschränkten Corona-Demokratie? In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schlägt der frühere Piraten-Abgeordnete Christopher Lauer vor, Demonstrationen ins Netz zu verlagern – das Land Berlin könnte dafür eine Webseite einrichten, um eine zentrale Anlaufstelle für solche Online-Demos zu haben: „demo.berlin.de“. Ok, wenn genug Leute dafür demonstrieren, wird vielleicht was draus – und wir hätten im Checkpoint auch endlich wieder genug Stoff für unsere beliebte Demo-Rubrik.
Nicht nur in Zeiten von eingeschränkten demokratischen Rechten sind freie, unabhängige Medien wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Kontrolle der Politik. Wir würden uns deshalb sehr über Ihre Unterstützung freuen. Am einfachsten geht das mit einem Checkpoint-Abo für die Vollversion, inklusive aller Meldungen und Tipps. Zur Anmeldung geht’s hier mit einem Klick auf diesen Link, und versprochen: Das dauert nicht länger als einmal richtig Händewaschen.
Die Kitas bleiben geschlossen (Ausnahme: Notbetreuung), aber die lieben Kleinen kommen trotzdem bald wieder zusammen – der Rat der Bürgermeister hat beschlossen: Am 30. April werden die Spielplätze geöffnet. Es regiert die Hoffnung („Wir appellieren an die Verantwortung der Berlinerinnen und Berliner sich selbst und anderen gegenüber“), das Ordnungsamt (soll „Extremsituationen“ auflösen) und das alte Motto: „Eltern haften für Ihre Kinder“. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung:
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Telegramm
Heute in einer anderen Welt… hätte „Number Four“ von René Pollesch am Deutschen Theater Premiere gefeiert. Tja, und nun? Wer auf Theater zum Frühstück steht, könnte sich stattdessen noch bis 12 Uhr im Netz die DT-Aufführung vom „Zerbrochenen Krug“ anschauen (Thomas Langhoff, 1990) – hier der Link.
Heute in einer anderen Welt…wäre Team Checkpoint übrigens auf Norderney. Mehr dazu ganz unten im „Encore“.
Eine tolle Hilfe zur Orientierung ist der neue Tagesspiegel-Corona-Chatbot – eine Idee unseres Kollegen Farhad Khalil, gemeinsam umgesetzt mit unserem Innovation Lab und dem Berliner Unternehmen „solvemate“. Probieren Sie es gleich mal aus, hier ist der Link.
Falls Sie danach tatsächlich noch offene Fragen zu Corona haben sollten: Her damit, wir werden Sie Ihnen beantworten. (checkpoint@tagesspiegel.de)
Wie wird eigentlich vom Homeoffice aus ein vollendetes Großbauwerk unter Quarantänebedingungen stilvollendet inkl. Banddurchschnitt eröffnet? Der norwegische Verkehrsminister Knut Arild Hareide hat hier einen neuen Standard gesetzt – wenn Sie mal schauen wollen: bitte hier entlang.
Und falls Sie eine Idee haben, wie die Corona-Krise zu lösen ist (oder zumindest ein Teil davon): Die drei Berliner Unis und die Charité erweitern ihren Ideenwettbewerb „Research to Market Challange“ um einen „Sonderpreis für Anwendungsideen zur Bekämpfung des Coronavirus“. Das Preisgeld beträgt 1500 Euro, das reicht locker für eine Luxusmaske mit Goldrand (mehr Infos hier).
„Maskenverbot“, steht auf einem Zettel am Fenster einer Berliner Holzmöbelfirma in Dresden, und: „Corona Jünger werden nicht bedient”. CP-Analyse: Klassischer Bildungsfall „Baumschule“ (Brett vorm Kopp). Preisfrage: Hat die ansonsten Corona-Hygiene-bewusste Zentrale einen Splitter oder einen Balken im Auge? Auflösung: Weder noch – der Zettel klebt von außen drauf, offenbar das Werk gesellschaftlicher Holzwürmer.
Nicht weit vom braunen Stamm fällt eine Äußerung des Berliner AfD-Politikers Andreas Wild, von unserem Kollegen Robert Kiesel im Newsletter des Partei-Rechtsaußen entdeckt: „Die Mund-Nase-Maske ist das Kopftuch der Merkelgläubigen.“ Hui. Es kommentiert Theodor Fontane: „Wer nicht weiß, daß er eine Maske trägt, trägt sie am vollkommensten“ – oder heißt es richtig: „am verkommensten“?
Hinweis der Humboldt-Uni zum Seminar „Kulturgeschichte der Digitalisierung“, Sommersemester 2020, Veranstaltungsnummer 53517: „nicht digital“. Checkpoint-Prognose: Der Bleistift hat in Berlin noch eine große Zukunft (der Collegeblock „Student“ übrigens auch).
Diesen Namen sollten sie sich merken: Im neuen Tagesspiegel „Gyncast“ von Esther Kogelboom und Julia Prosinger empfängt jetzt regelmäßig Frauenärztin Dr. Mandy Mangler zu einer völlig unzensierten Sprechstunde über Pubertät, Lust und Verhütung, Kinderwunsch und Kinderkriegen. Zur ersten Folge bitte hier entlang.
Und hier eine wichtige Mitteilung des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika:
„It is amazing that I became President of the United States with such a totally corrupt and dishonest Lamestream Media going after me all day, and all night. Either I’m really good, far better than the Fake News wants to admit, or they don’t have nearly the power as once thought!“
Ok, zurück nach Berlin – wir kommen zu einem massentelepathischen Experiment. Ich schreibe Ihnen jetzt hier einen wahren Satz auf, und dann versuche ich zu erraten, was Ihr erster Gedanke dazu ist. Ok? Also bitte, Konzentration:
„Heute ist in Amerika der Tag des Schweigens“.
Hätten Sie nicht gedacht, oder? Moment, kurz auszählen… und voila, hier das Ergebnis: Satte 99,9 % von Ihnen haben gerade an Donald Trump gedacht. Na, wie haben wir das gemacht?
Aus der Reihe „Amt, aber glücklich“, heute: die Internetwache der Polizei. Am vergangenen Sonntag (!) schrieb Checkpoint-Leser Jörg Aufenanger dorthin eine Mail mit der Bitte, ihm die Kopie einer Anzeige zu schicken – das kann dauern, normalerweise. Doch hier kam schon nach 10 Minuten die Antwort: „Hallöchen, habe mal der Fachdienststelle vorgegriffen. Anbei die Kopie der Anzeige. Einen schönen Sonntag noch und viel Gesundheit.“
Aus der Rubrik „Michael Müller hat recht“ („Nicht alles, was im Checkpoint steht, stimmt!“) hier die Korrektur des Tages (damit dann am Ende doch wieder alles stimmt, was im Checkpoint steht): Nicht die Finanzverwaltung verschickt eine Mail an alle 200.000 Antragsteller für die Corona-Soforthilfe (CP von gestern), sondern die landeseigene IBB. Die Finanzverwaltung ist erst im nächsten Jahr dabei, wenn die Finanzämter über die Steuerprüfungen die korrekte Verwendung der Soforthilfen unter die Lupe nehmen.
Übrigens: Der Unternehmer, der sich per Brief an Müller bitter über die Bürokratie bei der Notkreditvergabe beklagte (CP vom 14.4.), hat sich inzwischen bei der IBB entschuldigt.
Sensation am BER – Dauerkritiker Dieter Faulenbach da Costa („Eine Stange Dynamit würde für mehr Ordnung sorgen als der Versuch, die Fehler zu beheben“) gratuliert dem Flughafenchef zur unaufhaltbaren Eröffnung: „Engelbert Lütke Daldrup hat in bemerkenswert kurzer Zeit die Fehler seiner Vorgänger behoben.“ Geht unter dem Stichwort „Kniefall von Schönefeld“ in die Checkpoint-BER-Chronik ein.
Das Nachtflugverbot in Schönefeld (00:00 Uhr bis 05:00 Uhr) tritt schon am 16. Juli in Kraft, also 15 Wochen vor der BER-Eröffnung – von dem Tag an nutzt der Alt-Flughafen SXF die neue Startbahn Süd, für die es keine „Rund-um-die -Uhr“-Erlaubnis mehr gibt. Aber leiser als jetzt kann es eigentlich sowieso nicht mehr werden.
Checkpoint-Abonnenten lesen heute außerdem:
+ Guck-in-die-Luft: Welche Phänomene Sie derzeit am Berliner Nachthimmel erspähen
+ Trinken gegen das Barsterben: Wo Sie Soli-Obstler finden
+ Live im Stream: Wo Liebe und Wut heute Abend nah beieinander liegen
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BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“
Dieses schöne Zitat veröffentlichte die „3sat Kulturzeit“ gestern zum Welttag des Buches – und nannte als Autor einen gewissen „Frank Kafka“. Scheint ein Nachwuchstalent zu sein.
Tweet des Tages
So, Vorschlag: Fußball darf weiter gespielt werden, aber 90 Minuten lang nur 11-Meter-Schießen. Das dürfte genug Sicherheitsabstand sein.
Antwort d. Red.:
Stadtleben
Neu in Kreuzberg – Das Two Trick Pony hatte kaum drei Wochen geöffnet, als der Shutdown über Berlin brach: Jetzt serviert das Kreuzberger Café Currys und Kombucha durchs Fenster. Die Inhaber ersehnen das Ende des Lockdowns, doch basteln so lange an ihrer Karte – jüngste Neuzugänge: Zimt-Fleischklößchen und Rhabarber-Trifle. Wer nach dem Frühsport am Südstern vorbeikommt, ergattert ein Breakfast Sandwich – und einen geeisten Americano to go. Diesen kredenzt das Café berlingemäß im biologisch abbaubaren Becher. Di-So 10-18 Uhr, Bergmannstraße 52, Bestellungen unter der Tel. 030 2866 2543
Tausendfach Berlin – Luftpost, Sportfest und Mauertrümmer: In endlosen Fotografien zeigt das Projekt „1000 x Berlin“ Kuriosa, Alltag und Wendepunkte der Stadt – von 1920 bis heute. Anlässlich des 100. Jubiläums von Groß-Berlin (Wir gratulieren!) sammeln Bezirks- und Stadtmuseen fotografische Zeitkapseln in Serienform: „Berlin wächst“, „Berlin leidet“, „Berlin lernt“. Geschichten schillernder Kiez-Persönlichkeiten werden in Biografien festgehalten, unser Favorit: die Neuköllner Akrobatin Rosl Persson. In der Rubrik „Berlin privat“ werden auch Bewohner*innen aufgerufen, durch ihre Alben zu graben: Über Einsendungen freut sich das Projekt hier. Zeit für einen Trip auf den Dachboden?
Kiezhelfer werden – Regine Kiepert (Foto) betreibt in der Hardenbergstraße 9a Berlins älteste Kartenhandlung (gegründet 1742). Gegenwärtig sei Schropp jedoch eine „Reisebuchhandlung ohne Reisende“, sagte Kiepert meinem Kollegen Cay Dobberke. Da zurzeit fast niemand Reiseführer kauft, bestellt sie vorerst keine mehr nach. Gefragt sind hingegen Karten für Radtouren und Spaziergänge im Berliner Umland, einige Kunden interessieren sich auch für große Wandkarten verschiedener Länder und Städte – „wahrscheinlich, um zu Träumen“. Ihre sechs Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, auch die Öffnungszeiten wurden reduziert (Mo-Fr 11-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr). Sie selbst ist dagegen „fast rund um die Uhr“ im Einsatz, um Bestellungen, die über den Onlineshop, per Mail oder telefonisch reinkommen, mit ihrem dreirädrigen roten „Piaggio Ape“-Kleintransporter auszuliefern. Trotz des Schwerpunkts bei geografischen Werken können bei Schropp Bücher aller Genres geordert werden, allerdings lohne sich der Einzelverkauf preisgünstiger Taschenbücher oft kaum. Wie lang Sie so noch weitermachen kann und was sich Regine Kiepert für die Zukunft wünscht, lesen Sie heute im Bezirksnewsletter für Charlottenburg-Wilmersdorf (kostenlose Anmeldung hier).
Für alle, die unterstützen möchten: Gutscheine für die Traditionsbuchhandlung Schropp – und andere Kiezläden – bekommen Sie auf unserer Tagesspiegel-Kiezhelfer-Seite.
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Berlins heimliche HeldInnen
Eigentlich ist Corinna Morell Modedesignerin, fertigt Denim-Mode oder näht Babyschlafsäcke in Gitarrenform. Jetzt koordiniert sie gemeinsam mit drei weiteren Frauen die Facebook Gruppe „Masken nähen Berlin“. Nachdem ihre Freundinnen die Näh-Aktion gestartet hatten, dachte sie sich: „Wenn ich eh nix machen kann, dann nähe ich halt mit. Und auf einmal ist es eine eine große Sache geworden.“ Corinna Morell bringt in der Gruppe die Anfragen von Pflege- und Altersheimen mit den Angeboten der Näher*innen in ganz Berlin zusammen. Sie näht auch noch selbst, gerade hat sie einen „Riesenstapel“ vor sich liegen. Mittlerweile gehört auch die Koordination von Material zu ihren Aufgaben. „Irgendwann hat eine Jugendbetreuerin angefragt, ob wir für ihre Arbeit Masken aus alten Bettlaken machen könnten. Sie würde uns das Material dafür vorbei bringen.“ Gesagt, getan. Mittlerweile habe sich eine Art Kreislaufwirtschaft in der Gruppe eingestellt. Bettwäsche eignet sich besonders gut für die Schutzmasken, da sie meist aus Baumwolle besteht, gut gewoben und hitzebeständig ist. Denn die Masken müssen auf 90 Grad gewaschen oder ausgekocht werden, sobald sie durch das Tragen feucht geworden sind. „Es gibt auch Menschen die ihre Nähmaschine zur Verfügung stellen, aus alten T-Shirts Bänder für die Masken reißen oder sich als Lieferanten registrieren“, erzählt sie. In den letzten Wochen hat die Gruppe rund 1500 Masken an Pflegeinrichtungen, Mutter-Kind-Unterkünfte, die Obdachlosenhilfe und Heime vermitteln können. Und es wird immer weiter angefragt. Stofftechnisch sind sie dank einer Großspende derzeit versorgt, allerdings fehlt es gerade an Gummibändern. „Wir freuen uns außerdem über Menschen, die uns in Form von Botengängen zwischen Einrichtungen und Schneidern helfen wollen.“ (Text: Nina Dworschak / Bild: privat)
Berlin heute
Berlin vor 75 Jahren – 24. April 1945 (Tag 4 der Schlacht um Berlin): „Wir schliefen nochmals in unserem Schlafzimmer, alle an deren Hausbewohner im Luftschutzkeller. Unaufhörlicher Kanonendonner die ganze Nacht. (...) Spandau, Pankow und Schönwalde in den Händen der Russen. Das liegt im Norden und Nordosten. Ich glaube aber, dass sie jetzt schon bis an den Alexanderplatz vorgedrungen sind. (...) Hanni und ich waren wieder einkaufen auf Marken. Die Kanonen dröhnen in und um Berlin. An der Halenseer Brücke war kurz vorher eine Granate in eine Schlange von einkaufenden Frauen eingeschlagen. Ich selbst habe die Toten gesehen. Es waren 78 Frauen. (...) Auf dem Weg nach Hause flogen uns die Splitter nur so um den Kopf. Ich hob einen größeren auf, er war noch heiß. Die ersten Verwundeten kamen uns entgegen. Arm u. Kopfschüsse. – Alle Menschen hasten. Es ist inzwischen Nervosität unter die Menschen gekommen. Die Nachrichten wegen Waffenstillstand mit den Westmächten haben sich noch nicht bestätigt. Da wir keinen Strom u. daher kein Radio haben, Zeitung sowieso nicht, wissen wir überhaupt nicht, was eigentlich los ist. (...)“
An dieser Stelle lesen Sie bis zum 75. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai Auszüge aus den Tagebüchern des Berliner Verlegers Curt Cowall.
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Thomas Bentz (76), Unternehmer / Renate Bernhagen (77), „Über 60 Jahre beste Freundin ob nah oder fern. Herzlichen Glückwunsch, bleib ja gesund, du wirst gebraucht! Heike“ / Palkó Dárdai (21), Spieler bei Hertha BSC / Günter, „Aus Banzau herzliche Geburtstagsgrüße an Günter von Alex und Barbara“ / Ellen Haußdörfer (40), ehem. für die SPD im AGH / Veit Helmer (52), Regisseur / Thomas J. Jentsch (67), Wissenschaftler / Nicola Labotzki (42), „Die herzlichsten Glückwünsche zu deinem Geburtstag. Wir sind so glücklich, dass es dich gibt! Deine Freunde aus der Stadt und vom Land“ / Stefanie Marcus, „Heute scheint die Sonne nur für die beste Freundin mit dem besten Musikgeschmack - Party holen wir nach. Umarmung aus der Ferne Deine Carmen.“ / Pamela Rosenberg (75), Musikmanagerin und ehem. Intendantin der Berliner Philharmoniker / Georg Schertz (85), ehem. Berliner Polizeipräsident / Marco Seiffert (49), Moderator bei radioeins / Franco Stella (77), Architekt des Berliner Schlossneubaus / Petr Stochl (44), Handballspieler bei den Füchsen Berlin / „Sugarbaby, du bist der beste Freund der Welt – Lass dich feiern! Dein Tom“
Samstag – Bernd Böhlich (63), Regisseur und Drehbuchautor / Katharina Heyer (37), Schauspielerin / Markus Lüpertz (79), Maler und Bildhauer / James Sheppard (31), bis zur letzten Saison Eishockeyspieler bei den Eisbären
Sonntag – Meike Paula Berg (33), Politikerin bei den Grünen Berlin / Bettina (60), „Liebe Bettina, liebe Berlinbegeisterte, zum 60. wünscht die ganze Familie aus Köln, Berlin und Holland alles, alles Gute!!!“ / Martin Delius (36), ehem. Politiker der Piratenpartei, heute Mitglied der Linken / Dagmar Engel (60), DW-Sportchefin, „‘Keep on running’. Liebe Grüße von Eberhard, Ataul und Stefan.“ / Winfried Glatzeder (75), Schauspieler / Annegret Leymann (61), „Beste Wünsche und Grüße von der kleinen Schwester Nora nebst Boris & Fritzi“ / Dietrich Mattausch (80), Schauspieler / Wilhelm Schmid (67), Philosoph / Martina Schrey, „Wir sehen uns heute beim Zoom-Geburtstagsumtrunk! Dietmar“ / Helmut Hermann Schulz (89), Schriftsteller
Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Gestorben – Dr. Klaus Eckner, * 5. Mai 1930 / Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Gestrich, * 14. Oktober 1935 / Dr. Günter Haasch, * 18. April 1926, Studiendirektor a.D. und Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse / Alfred Weiss, * 30. Dezember 1949, langjähriges Mitglied im Kuratorium der Deutschen Aids-Stiftung und Mitbegründer der Festlichen Operngala der Deutschen Oper Berlin
Stolperstein – Johannes Paucka (Jhg. 1897) wohnte in der Cuvrystraße 42 in Kreuzberg. Als Mitglied der KPD und der „Roten Hilfe“ war Paucka bereits früh Teil des Arbeiterwiderstands. Unter dem Decknamen „Edgar“ gehörte er ab 1943 der Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation an, für die er Flugblätter verteilte, Spenden sammelte und neue Mitstreiter gewann. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs – heute vor 75 Jahren – war Paucka an der Rettung der Schleuse Wernsdorf beteiligt, die zur Hinderung des Vormarsches der Roten Armee gesprengt werden sollte. Während der Aktion wurde Paucka von der SS erschossen.
Encore
In einer anderen Welt wäre auch Team Checkpoint heute woanders, und zwar auf Norderney – als Insel-Checker. Sie erinnern sich? Im vergangenen Jahr hatten wir uns mit diesem unwiderstehlichen Video hier auf die Stelle als Insel-Blogger beworben, mit einer Riesenunterstützung vieler Leserinnen und Leser per Postkartenaktion. Leider war unsere Bewerbung zwar nicht ausschreibungskonform, aber in Norderney hatten sie noch eine andere Idee für uns: Checkpoint in Seaside-Residence. Nun ja, tempi passati, die Inseln sind gesperrt, die Gründung der Checkpoint-Surfgruppe und des Dünen-Newsletters ist ausgesetzt. Aber was macht jetzt eigentlich Hanna, in diesem Jahr Inselbloggerin von Norderney? Checkpoint-Praktikantin Nina Dworschak hat sie gestern um einen kleinen Stimmungsbericht gebeten, hier die Kurzfassung:
„Ich durfte bleiben, weil ich hier meinen Erstwohnsitz angemeldet habe und hier arbeite. Nachdem sich anfangs vor allem Panik breitmachte, haben sich nach kurzer Zeit die meisten Insulaner beruhigt. Das gute Wetter trägt dazu bei, dass viele Norderneyer das erste Mal so richtig die Insel genießen und neu entdecken können. Ich finde die Stimmung hier aktuell sehr schön. Es sind alle viel freundlicher zueinander als sonst. Klar ist es schade, dass alle Events ausfallen und Cafés & Restaurants geschlossen haben. Aber Spaziergänge mit Hund machen an leeren Stränden noch mehr Spaß. Ich mache viel Sport, gehe täglich ins Meer und unter uns Mädels gibt es eine Art Kuchentauschbörse – jede von uns backt viel und man kann sich dann ein Stück bei den anderen am Fenster abholen. Ich denke aber, dass viele Norderneyer dann doch etwas am Rad drehen würden, sollten die Einschränkungen noch länger anhalten. Keine Arbeit, kein Geld, keine Gäste, keine Beschäftigung außer Strandspaziergänge. Viele Norderneyer vermissen die Touristen, da hier viele Gastronomen oder Hoteliers aus Leidenschaft sind.“
Die ersten Touristen kommen übrigens bald wieder, nach Norderney und auch anderswohin an der Nord- und Ostseeküste: Von Mai an sollen die strikten Reisebeschränkungen schrittweise gelockert werden.
Ich wünsche Ihnen erstmal einen lockeren Start ins Wochenende. Morgen früh versorgt Sie hier Felix Hackenbruch mit einer Portion Vitamin B(erlin) – bis dahin,
Ihr Lorenz MaroldtLesen Sie gerne den Tagesspiegel Checkpoint?
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