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Senat verschiebt Beschlüsse über Shutdown-LockerungenSchüler kehren ab dem 27. April schrittweise zurückRichterinnen werden in Berlin seltener befördert als Richter

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fast viereinhalb Stunden diskutierte der Senat gestern in einer Sondersitzung teils emotional über die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern. Die große Frage: Was setzt Berlin davon wie und wann um? Am Ende wurden die meisten der anstehenden Entscheidungen auf die nächste Woche verschoben.  

Der Regierende Bürgermeister kündigte nach der Sitzung an, dass der Senat erst am kommenden Dienstag Lockerungen beschließen wird: „Diese betreffen unter Einhalten von Abstands- und Hygieneregeln unter anderem den Einzelhandel, den ÖPNV sowie die Religions- und Versammlungsfreiheit.“ Wie diese Lockerungen konkret aussehen werden, blieb allerdings offen – und umstritten. Fest steht laut Müller folgendes:

– Die Ausgangsbeschränkungen werden zunächst um eine Woche bis zum 27. April verlängert.

– Verboten bleiben Großveranstaltungen, Großdemonstrationen, Kirchen-, Moschee- und Synagogenbesuche.

– Geschlossen bleiben Restaurants, Bars und Clubs.

– Geöffnet werden dürfen ab 4. Mai unter Auflagen Friseursalons.

Während andere Länder die Beschlüsse vom Vortag bereits umzusetzen begannen und entsprechende Verordnungen beschlossen, muss sich der Senat erst noch über viele Details einig werden. Dazu gehören u.a. folgende Fragen:

– Werden auch Malls und Kaufhäuser geöffnet?

– Werden Gottesdienste unter Auflagen erlaubt?

– Können kleinere Kundgebungen genehmigt werden?

– Sind künftig Kontakte zu zwei weiteren Personen gestattet?

– Öffnen die Zoos jetzt doch?

Jetzt sollen erstmal die Verwaltungen „Vorlagen für die Anpassung der Vorschriften“ erarbeiten – dazu Michael Müller: „Wir gewinnen jetzt Zeit, um Rechtssicherheit zu schaffen.“ Außerdem will der Regierende sich mit Brandenburg abstimmen, was sicher sinnvoll ist, damit nicht die Berliner die wiedereröffneten Potsdamer Läden stürmen (oder umgekehrt). Aber warum ist diese Abstimmung nicht schon geschehen (ganz überraschend kam die Vereinbarung zur Lockerung zwischen Bund und Ländern ja nicht)? Und wieso beschließt Brandenburg seine Verordnung laut Plan bereits heute? Berlin bleibt dabei (vorerst): Ein Beschluss über die weiteren Lockerungen (Handel u.a.) wird erst am 21.4. gefasst.

Und hier ein Überblick der Beschlusstermine anderer Bundesländer (angekündigt bzw. veröffentlicht oder bereits vollzogen):

Bayern: 16.4.
Baden-Württemberg: 17.4.
Bremen: 17.4.
Brandenburg: 17.4.
Hessen: 16.4.
Thüringen: 17.4.
Rheinland-Pfalz: 17.4.
Saarland: 16.4.
Sachsen: 17.4.
Sachsen-Anhalt: 16.4.
Niedersachsen: 17.4.
Schleswig-Holstein: 16.4.
Hamburg: 17.4.
Meck-Pomm: 16.4.
NRW: 16.4.

Ob Tempo ausgerechnet in der Frage der Lockerung eine Tugend ist, wird sich schon bald zeigen (an den Infektionszahlen). Geschwindigkeitsüberschreitungen dürften jedenfalls gesundheitlich teuer werden.

Bei den Schulen prescht der Senat vor: Statt erst vom 4. Mai an, wie mit der Kanzlerin und den anderen Ländern besprochen, beginnt Berlin mit der schrittweisen Öffnung bereits am 27. April. Auch andere Ländern weichen von der Linie ab. Hier die wichtigsten Punkte für Berlin im Überblick:

+ Am 20. April beginnen die Abiturprüfungen.

+ Am 27. April sollen die Zehntklässler zurück in die Schulen. An den Berufsschulen beginnen die IBA-Vorbereitungen. Die Notbetreuung in den Kitas wird erweitert (jetzt auch für Alleinerziehende)

+ Am 4. Mai folgen die Jahrgangsstufen 6, 11 (Gymnasien) sowie 9 und 12 (Gemeinschaftsschulen)

+ In den nachfolgenden Wochen sollen sukzessive die anderen Jahrgangsstufen zurückkehren.

+ Am 1. August beginnt der Regelebtrieb in den Kitas wieder.

Die Schulbeschlüsse sind in mehrfacher Hinsicht heikel.

1) Senatorin Scheeres erwartet, dass die Schulen selbst dafür sorgen, dass genug Desinfektionsmittel vorhanden sind und strenge Hygienevorschriften eingehalten werden. Zur Erinnerung: In vielen Schulen war es über Jahre nicht mal möglich, halbwegs menschenwürdige Sanitäranlagen unter normalen Umständen bereitzuhalten – das exotische Wort „Seife“ war ein Fall für den Fremdsprachenunterricht. Selbst der Regierende meldete in der Senatssitzung hierzu mit scharfen Worten Zweifel an.

2) Die zehnten Klassen werden ohne Not in die MSA-Prüfungen gezwungen – und damit in ein frühes Risiko. Dazu KMK-Sprecher Torsten Heil: „Es gibt zum Abschluss der Sek 1 keine Vorgaben der Kultusministerkonferenz. Daher wird auch der MSA ohne Prüfung anerkannt.“

3) Viele Abiturienten laufen Sturm gegen den Termin der Prüfungen – eine vernünftige Vorbereitung war in den vergangenen Wochen kaum möglich. Und auch ein sozialer Aspekt kommt hinzu: Wer das Glück (und das Geld) hat, in einer großen Wohnung zu leben, konnte in Zeiten der Ausgangsbeschränkung vielleicht ab und zu ein ruhiges Plätzchen finden. Wer nicht, der nicht. Die Prüfungen beginnen übrigens am Montag mit Latein – hier die Analyse von Appius Claudius Caecus: „Faber est suae quisque fortunae.“ Sozialdemokratisch ist das nicht.

4) 25.000 Zehntklässlern könnte es erspart werden, nur wegen der MSA-Prüfungsvorbereitung so früh zurück in die Schulen zu kommen – auch wenn die Klassen in den sonst leeren Schulen halbiert werden: Jedes vermeidbare Risiko ist eins zu viel. Die Durchschnittsnote hätte es unter diesen Umständen auch getan. Und viele der 12.000 Abiturienten werden sich bereits am 22.4. bei den Bioprüfungen spätestens in der Warteschlange vor dem Handwaschbecken gefährlich nahekommen.

5) Erkrankte oder gefährdete Schüler sind von den Prüfungen befreit. Ok, selbstverständlich. Aber was ist mit gefährdeten Eltern oder Geschwistern? Mit dieser Sorge werden die Abiturienten alleine gelassen. Eine Prüfung fürs Leben, bei der es ums Leben geht.
 
Eine detaillierte Beschreibung der Schulpläne finden sie hier im Text unserer Kollegin Susanne Vieth-Enthus. Und bei der Suche nach einem Motto für den Abi-Jahrgang 2020 (ausgerufen von Anna Aridzanjan) hat Carline Mohr die Sache am besten auf den Punkt gebracht: „Abi 2020 - Mit Abstand die Besten“.

Umfrage zum Corona-Abitur

Ein Blick auf das interne Reporting des Berliner Covid-19-Koordinations-Teams für die Intensivstationsfälle in den Kliniken von Berlin und Brandenburg (Stand 15.4., 16:25 Uhr):

Gesamtzahl der Intensivstationspatienten: 193
Davon Covid-19-Fälle: 164
Altersdurchschnitt: 67 Jahre
Anteil männlicher Patienten: 74,7%
Sterberate (Covid-19 auf Intensiv): 31,6%

Eine Übersicht, wo deutschlandweit die Intensivbetten knapp werden könnten, hat unser Team vom „Tagesspiegel Innovation Lab“ zusammengestellt. In Berlin liegt die Auslastung derzeit bei 69% (bei noch 329 freien Betten) - das ist der höchste Wert aller Bundesländer.

Die aktuellen Zahlen:
Berlin: 4.971 gemeldete Infektionen, 3.353 bekannte Genesungen, 84 Tote.
Deutschland: 137.698 / 72.600 / 4.052
Europa: 1.033.954 / 281.405 / 93.867
Welt: 2.115.534 /541.988 / 143.802

Der unglaubliche, aber tatsächliche Stückpreis für einen einfachen Einmal-Mundschutz in der Apotheke am Engelbecken: 2,50 Euro. Nur für den Fall, dass Sie vergessen haben sollten, woher der Begriff „Apothekerpreise“ kommt.

Vor ein paar Tagen wurden wir gefragt, was der Checkpoint von der Idee eines Fassadenkinos zur Unterstützung der notleidenden Programmkinos hält – an große Außenwände würden Filme projiziert, und die ganze Hausgemeinschaft schaut gemeinsam, aber auf Corona-Abstand aus dem Fenster zu. Und nebenbei wird die Spendenaktion „Fortsetzung folgt“ unterstützt. Was für eine Frage: tolle Sache! Zumal die Checkpoint-Kinogruppe nach der großen gemeinsamen Premiere mit den York-Kinos auch auf Corona-Standbild umschalten musste. Und so präsentieren wir hiermit voller Vorfreude das Projekt „Window Flicks“, das mit Unterstützung des Kreativbüros „meta grey“ und radioeins die große Leinwand zu Ihnen in den Hinterhof oder auf die Fassade gegenüber bringt (immer donnerstags und samstags). An diesem Wochenende geht’s los, zum Start gibt’s den „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders zu sehen, und wie Sie dabei sein können, erfahren Sie hier.

Telegramm

Heute in einer anderen Welt hätte der Vorverkauf fürs Berliner Theatertreffen begonnen (1.-17.5). In einer anderen Welt wäre dazu wie immer unser Veranstaltungsmagazin „Ticket“ mit der „Spielzeit“ erschienen. Aber auch in unserer Welt gibt’s jede Menge Theater (und Musik, Film, Kunst, Tanz, Literatur…). Sandra Luzina, Jörg Wunder und Ingolf Patz von der „Ticket“-Redaktion präsentieren von heute an im Checkpoint-Stadtleben jeden Tag einen aktuellen Tipp aus der Welt der Kultur – da können Sie auch zu Hause was erleben, versprochen!

Wen oder was vermissen Sie? Und worauf freuen Sie sich? Das hatten wir Sie in der vergangenen Woche gefragt und viele schöne und sehnsuchtsvolle, aber auch traurige Antworten bekommen. Gestern startete nun Senatssprecher Julian Mieth bei Twitter die Aktion #WasIchVermisse – und erhielt ebenfalls eine riesige Resonanz voller Träume und Wünsche in einem oft melancholischen Ton. Auf Vieles und Viele werden wir noch lange verzichten müssen.

Große Sehnsucht weckt auch eine Ausschreibung der Bäderbetriebe: Gesucht wir eine Firma zur „Badewasseraufbereitung“ im Kreuzberger Prinzenbad – Beginn der Ausführung: 4. Mai 2020. Seufz…

Übrigens: Die Schwimmgemeinschaft Neukölln gibt Live-Tipps für Trockenübungen (hier der Link) – was dort allerdings fehlt: eine Anleitung zum klassischen Kopfkraulen.

Aus der Reihe „Tipps zum Träumen“: In Berlin gelten Büchereien ja erfreulicher und richtiger Weise als systemrelevant und dürfen deswegen trotz Corona öffnen. Wie wäre es mal mit dem Einkauf von ein paar Kilo Reiseführern, zur Vorfreude auf die Zeit danach? Viele kleine Läden liefern übrigens auch nach Hause.

Eine schöne Idee ist das neue Projekt „Engagierte Newcomer*innen“ der Plattform „GoVolonteer“, angestoßen und mitinitiiert von Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) – das doppelte Ziel: zeigen, wie Geflüchtete sich gesellschaftlich einbringen und so auch andere dafür gewinnen, es ihnen gleichzutun. Hier drei Beispiele:

1) Semih (39) aus Syrien geht für ältere oder besonders gefährdete Menschen einkaufen, holt für sie Medikamente bei der Apotheke ab oder führt ihren Hund spazieren.

2) Sandi (29) organisiert eine Gruppe von geflüchteten Frauen, die sich gemeinsam an die Nähmaschine setzt und Mund-Nasen-Schutz-Masken fertigt. Diese verteilen sie dann kostenlos, zum Beispiel an Mitarbeiter*innen von sozialen Projekten mit besonders gefährdeten Zielgruppen.

3) Osama (23) aus Syrien engagiert sich als Telefon-Dolmetscher und unterstützt, wenn es in Krankenhäusern Verständigungsschwierigkeiten mit Patienten gibt, die kein Deutsch sprechen.

Weitere Informationen über „Engagierte Newcomer*innen“ gibt es hier.

Vorschlag von Checkpoint-Leserin Heidrun Abraham: Zur besseren Distanzkontrolle und für gemeinschaftliches Open-Air-Yoga die Rasenflächen der Parks im Schachbrettmuster mähen – vielleicht auch eine Idee für die Fortsetzung der Bundesligasaison: Rudelbildung dürfte damit ausgeschlossen sein.

Der „Klopapier-Report ist leider noch nicht so richtig ausgerollt – die Idee: Auf einer Website kann eingetragen und straßengenau abgefragt werden, in welchen Läden die Mangelware gerade vorrätig ist. Mal schauen… Aha: Mein Lieblings-Ex-Kaisers in der Annenstraße ist noch immer papierlos. Aber wahrscheinlich werden solche wertvollen Insidertipps inzwischen auf dem Schwarzmarkt verkauft. Gibt es eigentliche neue Erkenntnisse darüber, was die Leute mit dem Zeug machen?

Es klingt irgendwie unpassend, weil sie uns ja doch den Coronavirus übertragen hat, aber: Heute ist der internationale Ehrentag der Fledermaus – sie kann ja nichts dafür. Hauptsache, Batman behält seine Maske auf.

Zur Rubrik „Ostfriesenwitze aus Amerika: Die Meldung „US-Bürger kaufen verstärkt Glühbirnen aus Angst vor Stromausfall“ ist eigentlich zu schön, um nicht wahr zu sein – jedenfalls würde sie Donald Trump sicher nicht als Fake News auffallen.

Checkpoint-Abonnenten lesen heute außerdem: 

+ Sperrungen und Zugausfall:
Alles zum Berliner Verkehr am Freitag.

Weiße Segel und Weltkultur: Welches Opernhaus „Peter und der Wolf“ aus Sicht des Bösewichts erzählt.

+ Endlich wieder große Tanzproduktionen: Diese Filme lassen Sie im Regen stehen.

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BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

Mal ist das Ergebnis positiv, dann negativ, dann wieder positiv.“

Mitte-Bürgermeister Stephan von Dassel ist nach seiner Covid-19-Erkrankung Mitte März noch immer in Quarantäne. Im Tagespiegel-Interview mit Katja Füchsel berichtet er u.a. über regelmäßige Besuche vom Gesundheitsamt „in voller Mondmontur“ und die Kreativität, die aus der Krise erwächst.

 

Tweet des Tages

Schatz, geh mal wieder zum Friseur.“ „Das ist der Hund. Ich sitze hier drüben.

@Biobratwurst

Stadtleben

#InsideOutpost: Seit Mitte März sind die Türen des Dahlemer Alliierten-Museums fest geschlossen. Jetzt zeigt das Haus seine Stücke online: Auf ihrem Youtube-Kanal führen Mitarbeiter*innen hinter die Kulissen der Sammlung und stellen ihre Lieblingsobjekte vor. Den Anfang macht Führungsreferentin Jessica Posel mit einem Satellitenbild Berlins von 1965 – dieses entstand im Zuge des CIA-Programms „Corona“ (!). Ebenfalls spannend: Auf seiner Facebook-Seite postet das Museum fast täglich historische Aufnahmen, Ausstellungsstücke und Medientipps – vom Wende-Podcast bis zur Spionageserie.

Corona-Küche: Bevor wir zum Nachtisch kommen (siehe Kiezhelfer), hier ein Rezept für Tacos Galore (den mexikanischen Sandstrand bitte vorstellen): Für drei fixe Taco-Shells nehmen wird drei Maistortillas, 200g Hähnchenbrust, eine Dose Mais, sechs Kirschtomaten, eine Avocado, eine Zwiebel, eine Limette, Koriander, Reibekäse und Knoblauch nach Belieben. Los geht’s: Zwiebel und Knoblauch in feine Stückchen schneiden. Hähnchenbrust würfeln und in Öl anbraten, Zwiebeln und Knoblauch dazugeben und mit Salz und Pfeffer würzen. Avocado, Tomaten und Koriander schnippeln und mit Mais, Limettensaft und Salz vermischen. Tortillas anwärmen und nach Herzenslust füllen. Wagemutige trauen sich an einen Schuss Tabasco. Je nach Bedarf mit Reibekäse garnieren und mit den frisch gewaschenen Händen (eine Happy-Birthday-Länge lang!) verspeisen. Die vegane Alternative: Das Hähnchen mit schwarzen Bohnen ersetzen. 

Keine Lust auf die Schnippelei? Das Kreuzberger Chaparro verkauft Taco-Kits zum Abholen – Alle Infos gibt’s hier.

Kiezhelfer: Trüffelmacarons von Loti Panton

Kiezhelfer werden: Eigentlich wollten sie ab März ganz Zehlendorf mit fluffigen Macarons versorgen – dann kam Corona. Das Team rund um Loti Pantón musste seine Eröffnung vorerst absagen: „Uns wurde schnell klar, dass wir nicht wie geplant vorgehen konnten. Wir nahmen uns im März die Zeit, einen alternativen Plan auf die Beine zu stellen“, erzählt Gründer Loti (Foto). Anfang April öffnete die kleine Boutique dann doch ihre Türen – zumindest virtuell: „Wir haben unsere Prioritäten umgestellt. Zuallererst wurde der Aufbau des Online-Shops vorgezogen, innerhalb einer Woche waren wir online.“ Jetzt verkauft Loti Pantón seine Lavendel-, Safran- und Trüffelmacarons zur Abholung (Fr + Sa 10-16 Uhr) – und beliefert freitags ganz Berlin. Nach Corona? Gibt es eine gebührende Eröffnungsparty in der Ladenstraße 35. „Mit all unseren Freunden und Unterstützern.“ 

Für alle, die unterstützen möchten: Gutscheine für Loti Pantón – und andere Kiezläden – finden Sie auf unserer Tagesspiegel-Kiezhelfer-Seite. Damit es sie noch gibt, wenn die Krise vorbei ist.

Auch Ihr Stammcafé benötigt Hilfe? Schreiben Sie uns an checkpoint@tagesspiegel.de.

Berlins heimliche HeldInnen

Vu Cao Ba hat das japanische Restaurant „Little Long gerade mal vor einem Jahr eröffnet. Die Einrichtung ist modern, an den Wänden hängen Bilder von japanischen Comichelden, von den Decken Lampions und grüne Pflanzen. Normalerweise wird in der Wiener Straße japanisch-europäische Fusionküche serviert, es gibt Sushi und Deftiges vom Konro-Grill. Aber Cao Ba muss das Little Long bis auf Weiteres geschlossen halten. Die Fix- und Personalkosten übersteigen die Hilfssummen der Investitionsbank deutlich. Da viele Mitarbeiter im Service Studierende auf 450-Euro-Basis waren, können für diese Arbeitskräfte keine Zuschüsse beantragt werden. „Wir können nicht sagen wie es weitergeht. In unserem Freundeskreis mussten schon Gastronomen ihre Läden schließen.“ Seit Anfang dieser Woche liefert das Little Long auch nach Hause und bereitet Speisen zur Abholung zu. Richtig gut angelaufen sei das Geschäft aber noch nicht. „Dennoch möchten wir positiv bleiben und helfen, diese Krise zu bewältigen“, sagt Cao Ba. Deswegen rollte er kürzlich in der ansonsten verlassenen Küche Sushi für Ärzte und Pflegepersonal der Charité im Virchow-Klinikum und des Vivantes-Klinikums im Friedrichshain. Außerdem sammelte er teils selbstgenähte und teils gespendete, medizinische Schutzmasken für das Krankenhauspersonal. Cao Ba hofft, den ein oder anderen Gastronomen inspiriert zu haben, sich zu engagieren, während der normale Betrieb des eigenen Restaurants noch in der Ferne liegt. (Text: Maria Kotsev; Foto: Little Long)

In den kommenden Tagen wollen wir an dieser Stelle Menschen vorstellen, die Berlin aktuell am Laufen halten. Wem wollen Sie danke sagen? Schreiben Sie uns gernecheckpoint@tagesspiegel.de

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Berlin heute

Berlin vor 75 Jahren – 17. April 1945: „Gestern hat die neue russische Großoffensive begonnen. Schon abends kamen Kampfflugzeug­-Verbände der Russen über Berlin. Der Aufruf Hitlers an seine Ostkämpfer zeigt den Ernst der Lage. Ob seine darin in Bezug auf den Tod Roosevelts erhoffte Wendung eintritt, wird die Zukunft liefern [?] – glauben kann ich es aber nicht. In Berlin sind wir alle zum Bersten gespannt, denn nach dem Aufruf Hitlers soll ja um Berlin die Entscheidungsschlacht entbrennen. Was das für die immerhin noch mindestens 3 Millionen Menschen in Berlin bedeutet, braucht bei dem heute möglichen Einsatz furchtbarster Waffen nicht gesagt zu werden. Dazu noch die traurige Ernährungslage, wo man schon heute nicht mehr weiß, was man essen kann, ergibt ein Bild der nahen Zukunft, vor dem einem graut! Oder kann jemand glauben, daß die Russen, die sich von Stalingrad hierher bis vor die Tore Berlins gekämpft haben u. die Angloamerikaner über so viele Hindernisse, nun ausgerechnet jetzt schlapp machen u. wieder nach Hause gehen? So etwas Wahnsinniges kann nur jemand glauben, der es selbst ist!“

An dieser Stelle lesen Sie bis zum 75. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai Auszüge aus den Tagebüchern des Berliner Verlegers Curt Cowall.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag –  Norbert Bolz (67), Professor für Medienwissenschaften an der TU / Maurice Covic (22), Mittelfeldspieler bei Hertha / Kim Fisher (51), Sängerin, Schauspielerin und Moderatorin / Klaus-Dieter Gröhler (54), für die CDU im Bundestag / Monika Hauff (76), Sängerin / Michael Hauft, „Lieber Micky Hauft, herzliche Glückwünsche und beste Gesundheit für viele Höhenmeter von den WomoFans (leider zu Hause)“, „Liebste und gesunde Geburtstagsgrüße für den HEWID (Ex-)Chef, besten Ehemann und Papa, verrücktesten Rennradfahrer und traurigstes Womo-Greenhorn aus Lira“ / Reinhold Hoge (65), „Zum neuen Lebensabschnitt beste Gesundheit und Freude und tausendfachen Dank für hervorragendes, jahrzehntelanges Engagement auf allen Ebenen!“ / Rolf Schneider (88), Schriftsteller, Regisseur und Journalist / Jörg Stroedter (66), für die SPD im AGH / Marlen Thieme, „MSc 28“ / David Wagner (49), Schriftsteller

Samstag Haile Gebrselassie (47), ehem. Leichtathlet / Jakov Gojun (34), Handballspieler bei den Füchsen Berlin / Konradin Groth (73), Musiker / Gabriela Heinrich (57), Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag / Joachim Kolpin (71), „Alter Schwede! Schon 71!“ / Marjeann, „Der Nachbarin Marjeann einen ganz lieben Geburtstagsgruß von Sabine & Yoshi“ / Dr. Erhard Schwandt (78), „Feingeist in Quarantäne – alles Gute von Eduard, Heinz, Erwin und Wichtrud!“/ Thomas Seerig (60), für die FDP im AGH

SonntagDorothee Bär (42), Staatsministerin für Digitalisierung (CSU) / Claus Theo Gärtner (77), Schauspieler / Christiane Heiß (60), Grüne Stadträtin in Tempelhof-Schöneberg / Jürgen Kocka (79), Sozialhistoriker / Robert Viktor Minich (53), Schauspieler / Joachim Sauer (71), Quantenchemiker und Ehemann von Bundeskanzlerin Angela Merkel

 

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben Dr. Thomas Bronder, * 17. März 1943 / Oliver Frank Alexander Herman, * 6. Januar 1959 / In memoriam: Ernest Herbert Javitz, 13. Oktober 1923 – 17. April 1982 / Prof. Colman Wilbur Kraft, * 23. Juni 1931, Linguist und Übersetzer, Professor an der FU Berlin und Lehrer an der Königin-Luise-Stiftung / Hannelore Neumeyer

Stolperstein Hilda Monte (geb. Meisel, Jhg. 1914) schrieb bereits als Fünfzehnjährige für die Zeitschrift desInternationalen Sozialistischen Kampfbundes“. 1933 zog sie von Berlin ins englische London und versuchte von dort aus, Kontakt zu den Widerstandskämpfern des Nationalsozialismus aufzunehmen. In den folgenden Jahren reiste Hilda Monte mehrfach zurück, um Nachrichten und Briefe zu überbringen. Ab 1944 versuchte sie wiederholt, von der Schweiz aus die Grenze nach Deutschland zu passieren – am 17. April 1945, heute vor 75 Jahren, wurde sie bei der Überquerung von einer deutschen Patrouille erschossen. In der Wilmersdorfer Landhausstraße 3 liegt zu ihrem Gedenken ein Stolperstein.

Encore

Zum Schluss heute noch ein Blick auf die Reihe „Corona-Kuriositäten“: Wegen der besonders sauberen Atmosphäre durch den wochenlangen Shutdown in Europa und großen Teilen der Welt steigt das Sonnenbrand-Risiko – sagen jedenfalls Wissenschaftler (und die wissen ja fast alles). Aber wir sollen ja eigentlich sowieso zu Hause bleiben. Also: Wenn Sie sich an die Vorgaben halten, sinkt das Risiko, und zwar gleich doppelt. Und immer dran denken: Nicht alles, was rechtens ist, ist auch richtig

Morgen früh checkt Julius Betschka hier für Sie die Lage – bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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