huch, das halbe Jahr ist schon wieder fast vorbei, die Tage werden kürzer und die Sommerferien (unsere neue Stadtlebenserie, den CP-Insel-Check sowie eine interaktive Fortsetzungsgeschichte finden Sie weiter unten!) haben begonnen. Höchste Zeit für einen Halbjahresrückblick. Wie gut, dass CP-Kollege Stefan Jacobs bereits an Silvester in die Glaskugel geschaut hat. Mal sehen, wie es um seine Wahrsager-Fähigkeiten bestellt ist: Im Januar wird der Bau der Tesla-Fabrik wegen Zauneidechsen abgesagt. Im Februar wird ein Kompromiss zur Gestaltung der Karl-Marx-Allee gefunden – grüne Parkplätze. Im März veröffentlicht der RBB eine Schwarz-Weiß-Doku über die Pandazwillinge. Im April bekommt die Oberbaumbrücke einen nochmals breiteren Radstreifen. Im Mai meldet das Statistikamt 23 Prozent mehr Einkommensmillionäre. Im Juni beginnt auf dem Flughafen Tempelhof im Beisein von CDU-Prominenz die Aufforstung. Hach, ja… Eidechsen, Parkplätze und Pandas. Fantasie ist krass, Realität ist krasser.
Und damit zurück in die Wirklichkeit: Mehr als zehn Millionen Corona-Infizierte weltweit meldete die Bostoner Johns-Hopkins-Universität am Sonntag, mehr als eine halbe Millionen Menschen starben bislang im Zusammenhang mit Covid-19. Die Zahl der Neuinfektionen steigt weiter, in den USA aktuell um rund 40.000 pro Tag. Berlin meldete am Wochenende nur 31 bestätigte Neuinfektionen, deutlich weniger als in den Tagen zuvor. Alle drei Corona-Ampeln sind auf Grün. Damit das so bleibt, hat der Regierende kostenfreie Tests für Angestellte in Kitas (ab heute) und Schulen („voraussichtlich in der zweiten Juli-Hälfte“) angekündigt. Tests für alle, wie sie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder angekündigt hat, wird es in Berlin aber nicht geben.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik schießt wegen des Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) gegen Innensenator Andreas Geisel (SPD): „Wir hätten das Gesetz nicht gebraucht“, sagte sie dem „Spiegel“. Slowik befürchtet – anders als von Geisel versprochen – mehr Dokumentationsarbeit für ihre Beamte. Hatte es 2019 nur 14 Beschwerden wegen Diskriminierung gegen die Polizei gegeben (bei 750.000 Einsätzen), gab es allein im Görli in den vergangenen drei Wochen fünf Beschwerden mit Bezug auf das LADG. Ein Beamte berichtet von einer zunehmenden „Emotionalisierung bis hin zur negativen Grundhaltung“ Polizisten gegenüber. Wer beim Schusswechsel unverletzt bleibt: Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), der den Gesetzentwurf eingebracht hat.
Seit einem Jahr sucht Checkpoint-Leser Tobias F. eine größere Wohnung. Bei sich rund um den Torstraßen-Kiez entdeckte er dabei ganze Blöcke, die teils seit Jahren leer stehen. „Ziemlich sicher aus Spekulation“, sagt er. Dabei dürfen laut Zweckentfremdungsverbot Wohnungen nur drei Monate freistehen. Also schrieb F. am 9. Dezember eine Mail an Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) und wies sie auf zwei Gebäude in der Friedrichstraße hin. Eine Mitarbeiterin antworte am 10. Dezember und verwies auf den Bezirk. Also schrieb F. an Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) „ich freue mich auf Ihre Antwort“ und wartete. Und wartete. Im Folgenden dokumentieren wir den Schrift“wechsel“:
5. Januar, F.: „Sehr geehrter Herr Gothe, sehr gerne würde ich mehr über meine Anfrage vom 10. Dezember 2019 erfahren. Wann kann ich mit einer Antwort rechnen.“
Gothe:
27. Februar, F.: „Sehr geehrter Herr Gothe, immer noch erfahre ich gerne mehr über meine Anfrage vom 10. Dezember. (…) Was hat das Bezirksamt bisher unternommen?“
Gothe:
6. April, F.: „Sehr geehrter Herr Gothe, dies ist bereits meine 4. E-Mail an Sie. Wann kann ich mit einer Antwort auf mein Anliegen rechnen?“
Gothe:
24. Juni, F.: „Lieber Herr Gothe, leider habe ich noch keine Rückmeldung erhalten. (…) Sehen Sie unten ein paar weitere Beispiele von seit Jahren leerstehenden Gebäuden in der Torstraße. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.“
Gothe:
Bis Sonntagabend hatte der Baustadtrat noch immer nicht geantwortet. Behördenping ohne Pong.
Weil der Sommer immer auch Lese- und Entspannungszeit ist, starten wir heute im Checkpoint die Rubrik „Erzähl mal weiter“. Gemeinsam mit Berliner AutorInnen und Ihnen wollen wir jede Woche eine Fortsetzungsgeschichte schaffen. Den Auftakt macht Wladimir Kaminer mit „Das verlorene Haus“.
Und jetzt sind Sie gefragt – Wie soll es weitergehen? Schicken Sie uns Ihre Fortsetzung (maximal 600 Zeichen) bis spätestens heute um 16 Uhr an checkpoint@tagesspiegel.de. Die beste Idee veröffentlichen wir hier morgen. Und die gesamte Geschichte (deren Ende wiederum Wladimir Kaminer am Freitag schreiben wird) lesen Sie am Wochenende im Tagesspiegel und auf Tagesspiegel.de. Viel Spaß beim Lesen und Schreiben!
Das verlorene Haus
von Wladimir Kaminer
Nicht alle Geschäfte auf unserer Straße haben die dreimonatige Corona-Pause überlebt. Die Frisöre, die Waschmaschinenreparatur, der komische kleine Laden „Ersatzteile für Wasserpfeifen“ und ein von Indern betriebenes mexikanisches Restaurant haben es geschafft, sie sind mit den ersten Lockerungen aus dem Corona-Schlaf erwacht. Die Spätverkaufsstellen, die eigentliche Infrastruktur der Stadt, waren gar nicht zu. Die Spätis sind sowieso das Geschäft der Zukunft, sie ersetzen bereits jetzt Kneipen, Post, Lebensmittelläden und Familienbetreuung mit psychologischer Beratung. Ich glaube, dass die Spätiverkäufer in ihren Läden leben, ich sehe sie Tag und Nacht bei der Arbeit. Entweder stehen sie hinter der Verkaufstheke oder sie sitzen vor ihrem Laden auf der Bank. Aber das größte Gebäude in unserer Straße, das Filmtheater „Colosseum“, ist in die Insolvenz gegangen. Das Haus gehörte natürlich zur Risikogruppe, schon über 100 Jahre alt und mit Vorerkrankungen, es wurde bereits im XIX. Jahrhundert...
Berliner Schnuppen

Telegramm
Weniger Party, mehr Politik: Am Samstag zogen Tausende beim alternativen CSD für mehr Toleranz durch Berlin. Dass das nötig ist, zeigen mehrere homophobe Vorfälle am Rande der Pride, die mein Kollege Julius Geiler recherchiert hat: Eine ältere Frau nannte die Demonstranten „krank“ und schlug mit ihrer Krücke auf einen Mann ein, in Schöneberg wurden Teilnehmer offenbar mit Lebensmitteln beworfen. Später wurde die Drag-Queen Betty Bückse in der U7 von drei Männern homophob beleidigt und mit einer Plastikflasche beworfen. In der Nacht auf Sonntag beleidigte zudem eine 49-Jährige einen Mann homophob, der ihr den Zutritt zu einer Schwulenbar verwehrte. Toleranz scheint leider auch in Berlin nicht selbstverständlich.

Das Projekt @wasihrnichtseht macht Rassismuserfahrungen von Schwarzen sichtbar. Wir machen das durch eine Kooperation an dieser Stelle auch.
In Kreuzberg wurden mehrere Stolpersteine mit schwarzer Farbe beschmiert. Die beiden Polizisten nahmen den Fall nicht nur auf, sondern halfen auch spontan bei der Reinigung. (Q. „B.Z:“) Freund und Helfer.
Warum hat das Abgeordnetenhaus trotz Pandemie noch immer keinen Plan, für den Fall, dass Sitzungen nicht vor Ort stattfinden können? CDU und FDP sagen, es liege an Linken und Grünen. Die Grünen verweisen auf die SPD. Die SPD verweist auf fehlende Zweidrittelmehrheiten. Klingt nach Parteienpingpong.
Die neue CDU-Kampagne („320.000 Mal rein, raus ohne Spaß“) trollt weiter das Netz: „Hey Senat, müssen wir erst auf Hilfe aus dem All warten, bis wir in Berlin sicher Rad fahren können“, twitterte die Partei, dazu ein animiertes UFO.
Blöd nur, dass unter dem Tweet prompt zig Beispiele gepostet wurden, in denen die CDU Radwege abgelehnt hatte. In Neukölln an der Hermannstraße, in Lichtenberg auf der Siegfriedstraße, in Kreuzberg in der Möckernstraße… Es bleibt beim alten Sprichwort: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht SUV fahren.
Falls die CDU ihren Worten doch auch Taten folgen lassen möchte, wir hätten da was: Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg sucht zwei Bauingenieur_innen für die Planung und den Entwurf von Verkehrsanlagen mit Schwerpunkt Rad- und Fußverkehr. Einstellungskriterien: „engagiert und entscheidungsfreudig sowie konfliktfähig“.
Morgen dürfen in Berlin wieder Kinos eröffnen, doch schon jetzt sind die Betreiber unzufrieden. Verbandschef Christian Bräuer, der auch Geschäftsführer der Yorck-Kinos ist, möchte statt 1,5 Metern lieber einen Kinosessel Abstand halten. „Ich glaube, das fühlt sich sehr sicher an“, meint er. Es kommentiert Gaius Julius Caesar: Die Menschen glauben fest an das, was sie wünschen.
Weiterhin im falschen Film fühlen sich die Mitarbeiter des Kinos Colosseum in Pankow, das trotz großer Historie wohl nicht mehr öffnen wird. Ihrem Protest haben sie nun durch ein alternatives Kinoprogramm Ausdruck verliehen. Zu sehen sind u.a.: „Das Streben nach mehr Büros“, „Spiel mir das Lied vom Colosseum“ und „Das Schweigen der Brauners.“ Der Vorhang ist noch nicht gefallen.
Im letzten Viertel wurde es nochmal spannend, doch am Ende reichte es für die Basketballer von Alba Berlin zum knappen 75-zu-74-Sieg gegen Ludwigsburg und damit zur ersten Meisterschaft nach zwölf Jahren. Herzlichen Glückwunsch an Berlins größte Jungs!
Glückwunsch auch an Hertha BSC. Mit der 2:1-Niederlage in Gladbach sicherte sich der Big Chaos Club mit sechs Toren Vorsprung die Stadtmeisterschaft vor Union Berlin. Bei den Eisernen darf man sich dagegen über jede Menge Bier freuen, das Bremer Fans nach ihrem Nichtabstieg als Dank für die Schützenhilfe vorbeibrachten. Darauf ein Beck's!
In Berliner Diskos kommt Corona-bedingt aktuell niemand, doch auch sonst sind die Türen für manche unüberwindbare Hindernisse. 2017 wurde in München ein damals 44-Jähriger vom Türsteher mit Verweis auf sein Alter abgelehnt, seitdem tobt ein Rechtsstreit, mit dem sich nun auch der Bundesgerichtshof beschäftigt. Für Berlin gibt Clubcommission-Sprecher Lutz Leichsenring bereits Entwarnung: „Hier gibt es kein Alterslimit.“
Hallo, Sommerloch! Die dpa meldet aus Wriezen in Brandenburg: „Angeblich geflüchtete Kuh ,Alma‘ sorgt für Aufregung.“ Entwarnung: Autofahrer sahen nur den Zaun nicht. Blinde Kuh mal anders.
Noch ein Sommerloch? Nein, ein Öko-Thriller spielt sich gerade in der Krummen Lanke ab! Der Täter: Die invasive Quaggamuschel, Experten bekannt als Dreissena rostriformis bugensis. Die siedelte in den vergangenen 15 Jahren vom Schwarzen Meer in die Grunewald-Gewässer um, verdrängte die heimische Zebramuschel und filtert das Wasser so fleißig, dass die Wasserpflanzen immer prächtiger gedeihen. Eine Lösung gibt’s noch nicht, aber vielleicht kann die Umweltverwaltung ja die Roten Sumpfkrebse aus dem Tiergarten auf die Muscheln loslassen.
Der Tierschutzverein für Berlin (TVB) warnt vor Hundewelpen aus illegalem Handel. „Berlin ist seit Jahren ein florierender Umschlagplatz für die osteuropäische Welpenmafia“, sagt TVB-Sprecherin Annette Rost. Hundezüchter könnten die Nachfrage in der Pandemie nicht bedienen, weshalb Interessenten sogar auf Ebay nach den Tieren Ausschau halten würden. Die Tiere (je nach Rasse bis zu 1800 Euro) würden nicht von Züchtern, sondern „Vermehrer-Tierfabriken“ stammen, und seien so schwächlich, dass sie oft direkt eingeschläfert werden müssten.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Gesprochen wurde von fehlender Bildung durch Schulschließung, die Senatsschulverwaltung hat wohl nur die fehlenden Prüfungen vermisst.“
TU-Präsident Christian Thomsen und Physikprofessorin Stephanie Reich kritisieren in einem Tagesspiegel-Gastbeitrag Kommunikation und Agenda der Berliner Bildungsverwaltung.
Tweet des Tages
Wie verdorben ich durch den Wohnungsmarkt in #Berlin bin, hab ich gemerkt, als man in #Leipzig komplett irritiert war über meine hübsche Bewerbungsmappe mit Anschreiben und Foto. ,Lass das mal weg‘, sagte die Vormieterin, ,die halten dich noch für bescheuert. Schufa reicht.‘
Stadtleben
Ferienzeit ist Urlaubszeit. Normalerweise. Dieses Jahr ist anders, und viele von uns werden aus bekannten Gründen nicht wie gewohnt verreisen. Um trotzdem in die Ferne zu schweifen, empfehlen wirjeden Tag ein Buch, das Sie mit auf eine Reise nimmt. Wir haben LeserInnen, RezensentInnen, KollegInnen und BuchhändlerInnen nach beeindruckender Reiseliteratur gefragt und stellen diese in den kommenden Wochen hier vor – es geht von Italien bis nach Miami und sogar in den Untergrund. Passend dazu haben wir Orte ausgecheckt, die Urlaubsfeeling aufkommen lassen, ohne weit wegfahren zu müssen. Dabei achten wir auf Mindestabstand und haben die Maske immer dabei. Kommen Sie mit – das wird schön!
Ferienzeit ist Urlaubszeit. Normalerweise. Dieses Jahr ist anders, und viele von uns werden aus bekannten Gründen nicht wie gewohnt verreisen. Um trotzdem in die Ferne zu schweifen, empfehlen wirjeden Tag ein Buch, das Sie mit auf eine Reise nimmt. Wir haben LeserInnen, RezensentInnen, KollegInnen und BuchhändlerInnen nach beeindruckender Reiseliteratur gefragt und stellen diese in den kommenden Wochen hier vor – es geht von Italien bis nach Miami und sogar in den Untergrund. Passend dazu haben wir Orte ausgecheckt, die Urlaubsfeeling aufkommen lassen, ohne weit wegfahren zu müssen. Dabei achten wir auf Mindestabstand und haben die Maske immer dabei. Kommen Sie mit – das wird schön!
Lesereise – Wir beginnen mit Sibylle Berg und ihrem 2016 bei Hanser erschienenen Buch „Wunderbare Jahre. Als wir noch die Welt bereisten“ – eine Reflexion über das Reisen an sich, empfohlen von Checkpoint-Praktikantin Masha Slawinski: „Es gibt einen Konsens mittelständischer Bildungsbürgerträume, zu dem zählen der Besuch der Chinesischen Mauer, einmal Nibelungen in Bayreuth, die Liebe zu Frankreich und eine Reise im Orient-Express. Danach kann man sterben.“ In 19 Kurzgeschichten erzählt die Schweizer Autorin von ihren vergangenen Reisen. Zum Beispiel in ein ehemals idyllisches Vegetarier-Dorf in Israel, das zum Touristenhotspot mutierte. Ihre manchmal traurige, häufig witzige, immer zynische Erzählweise relativiert den Zauber, der sich um das Thema Reisen schmiegt. Eine unterhaltsame Therapie für alle vom Fernweh Geplagten.
Urlaub ganz nah – Mondäne Leser gleiten samt Schmöker per Seilbahn hinauf in die Gärten der Welt – und versinken in feuchtem Urwald tief in den Seiten. Aufgepasst, wer mit Schulkind reist: Ab heute starten die Gärten in ihr Ferienprogramm. Beim Upcycling, Kicken, Trommeln und Forschen sausen kleine Passagiere quer durch die Blüten, während Eltern von Bali nach Japan flanieren. Das Erkunden im Kurs bleibt kostenfrei – nur der Eintritt muss gezahlt werden. Alle Workshops finden Sie hier (Anmeldung erforderlich). Auf zur Spritztour! Eintritt: 7/3 Euro, täglich 9-20 Uhr, Blumberger Damm 44, U-Bhf Kienberg/Gärten der Welt
Mehr Urlaubsideen vor der Haustür finden Sie täglich neu auf tagesspiegel.de.
Essen – Ab in den Südwesten! Hummus, Chutney und Seitan-Kebabs futtern Herbivoren im tiefsten Zehlendorf. Wo Brandenburg nur einen Hüpfer entfernt ist, lädt Gustav Grün zum veganen Snack: Bowls und Wraps serviert der Imbiss mit Wedges, Falafel und Weizenfleisch – dazu gibt’s Pita und Dips, die Kreuzberger Hipster gen Süden schielen lassen. Wer Zeit mitbringt, mixt sich seine Box selbst, Klausuren-Gequälte schnappen sich einen „Langzeitstudenten“, mit Falafel, Curry und Erdnusshummus (sieben Euro). Die rosa Tapete mit Avocado-Print lockt zum fotogenen Veggie-Lunch, bei Sonne geht’s raus in den Schönower Park – rein in die Wiesen, für noch mehr Grün. Täglich 11.30-22 Uhr, Teltower Damm 33, S-Bhf Zehlendorf
Trinken – auf dem luftig-tropischen Stadtbalkon: All denen, die das Simple schätzen, verrät Nicolas Kröger, Inhaber der Bar Wagemut in Kreuzberg(Kreuzbergstraße 71), sein Rezept für einen zarten Rose Cocktail. Dazu bedarf es nicht mehr als Kirschbrand, Wermut und einen Schuss Himbeersirup – getreu nach dem Pariser Original der Zwanziger Jahre. Weinglas zur Hand? Dann hier entlang: Zum Mixology-Interview gelangen Sie unter diesem Link.
Rausfahren und Festung erforschen – Von heute an führt auch die Spandauer Zitadelle wieder hinein in ihre dunklen Gemäuer. Besucher lassen sich durch die Höfe treiben, bestaunen den Graben und kraxeln die luftigen Türme hinauf – selten so aktuell: die Dauerausstellung „Enthüllt“, die hinter die Geschichten Berliner Denkmäler blickt. Hier soll auch die jüngst geköpfte Frauenskulptur aus Zehlendorf Platz finden – und mahnend an ihren Rassismus erinnern. Maske und Abstand sind auch in Spandau Pflicht, Tickets gibt es für 4,50 Euro (geöffnet täglich 10-17, Do 13-20 Uhr, U-Bhf Zitadelle). Für Checkpointleser haben wir 2x2 Freikarten ergattert: Wer hat Lust, die Burg zu erklimmen?

Geschenk – Klassik und Country, New Wave und Blues: Auf 30 Quadratmetern mitten im Winsviertel sammelt Stefan Grigat Platten, die sich gen Stuckdecke stapeln. Im Vinylvaquero durchwühlen seine Kunden Raritäten und Kuriosa, Schubert und Stones – mit Maske und Abstand. Für Grigat bedeutet sein Laden Kulturvermittlung, gerade auch an die jungen Berliner. Die meisten seiner Gäste sind zwischen 15 und 35 Jahre alt, viele graben sich durch die Sammlung der Eltern: „Deshalb habe ich es gewagt, mich als Plattenhändler selbstständig zu machen. Nur für die Rock’n’Roll-Opas zu öffnen, würde sich nicht lohnen.“ Neben Stammkunden kommen viele Touristen zu Grigat, die sich über die Berliner Preise freuen, denn „hier sind Platten viel günstiger als im Ausland.“ Nach dreißig Jahren fällt es ihm nicht mehr schwer, sich von seinen LPs zu trennen. Eine empfiehlt er besonders oft: „Eine amerikanische Punk-Band namens „Little Killers“. Schöner, schrabbeliger Garagenpunk aus New York. Die höre ich gerade rauf und runter.“ (Foto: Stefan Grigat)
Seine Platten verkauft Grigat ab fünf Euro, wer stöbern mag, fährt in die Hufelandstraße 31 (Mo + Mi-Sa 12-19 Uhr, S-Bhf Greifswalder Straße). Lieber im Netz? Zum Onlineshop geht es hier entlang. Gutscheine für das Vinylvaquero finden Sie auf unserer Tagesspiegel Kiezhelfer-Seite.
Karten sichern – Dem Virus zum Trotz: Statt pompöser Orchester setzt das Young Euro Classic auf Kammermusik. Unter dem Motto „Anders spielen“ lässt das Festival junge Ensembles das Konzerthaus beschallen – samt Schutzkonzept der Charité. Die akustischen Oden an Europa sollen ab dem 1. August erklingen, Tickets (25 Euro) bekommen Sie ab heute hier. Mit ein bisschen Glück bekommen Sie auch noch Karten für das Sommer-Open-Air-Pogramm am Deutschen Theater, bevor es am 29. August mit der neuen Spielzeit losgeht – so Corona uns lässt. Das Motto stimmt schon mal: „Alles sofort“.
Last-Minute-Stream – (ein Tipp von Ticket-Kollegin Sandra Luzina) Kirill Petrenko dirigiert das 13. und letzte Montagskonzert der Bayerischen Staatsoper. Alle Berliner Fans des Maestro, der seit 2019 Chefidirigent der Berliner Philharmoniker ist, können die Aufführung mit dem Bayerischen Staatsorchester und seiner Orchesterakademie ab 19.30 Uhr per Live-Stream verfolgen: Auf dem Programm stehen vier Werke, die entweder für ein Kammerensemble eingerichtet oder aber direkt für eine kleine Besetzung geschrieben wurden, wie etwa Schönbergs Kammersymphonie. Schelmisch wird's bei Strawinskys Ballettmusik „Pulcinella“. Der Startenor Jonas Kaufmann interpretiert Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“ und schwelgt in Liebesschmerz.
Mit diesem Stadtleben wünscht Lotte Buschenhagen einen unterhaltsamen Start in die Woche.
Insel-Check
Team Checkpoint hat die Segel gehisst und alle Berliner Inseln besucht – es sind mehr als 50. An dieser Stelle stellen wir Ihnen wir täglich eine davon vor. Und oben drauf gibt's unser Inselquartett – zum Ausschneiden für lange Autofahrten in den Ferien und Sommer-Sehnsucht im Winter.

Einst als „nackt, nutz- und namenlos“ betitelt, ist die Insel Bullenbruch in der Spree südlich der Rummelsburger Bucht (genaue Lage hier) ein kleines Tierparadies mit Urwaldflair. Büsche, Bäume und Gewächse bieten Rast- und Brutplätze für Wasservögel, unter den Seerosen am Ufer tummeln sich Fische, umgefallene Stämme ragen ins Wasser und dienen den Tieren als Ausstiegsmöglichkeit. Regelmäßiger Gast hier: ein Biber. Anlegen und betreten ist zwar verboten, die Insel lässt sich aber prima beim Umrunden erkunden – oder vom spreeabgewandten Ufer aus, da liegt das Funkhaus Nalepastraße mit seiner „Milchbar“ samt Verpflegungsmöglichkeiten. Checkpoint-Wertung: 3 von 5 Punkten.
>Berlin heute
Verkehr – A10 (Nördlicher Berliner Ring): Sperrung der Ein- und Ausfahrten an der AS Oberkrämer in Richtung Hamburg, Umleitung via Schwante, Kremmen und Staffelde zur AS Kremmen auf der A24 (bis 7. August).
A113/A100: Bis Mittwoch kommt es zu Verkehrseinschränkungen in Fahrtrichtung A113, in Richtung Wedding ist zudem nur eine Bahn befahrbar (9-19 Uhr).
A10 (Südlicher Berliner Ring): Um die AS Glindow ist in beiden Richtungen nur eine Spur frei (jeweils 20-5 Uhr, bis Donnerstagmorgen).
Jafféstraße (Westend): Sperrung zwischen Heerstraße und der Einfahrt zum Messegelände in beiden Richtungen, Fuß- und Radverkehr frei (bis Mitte August).
Mühlenstraße (Pankow): Sperrung zwischen Dolomitenstraße und Florastraße in Richtung Breite Straße, Fußgänger und Radfahrer weichen auf den Gehweg aus (bis Mitte Juli).
Lous-Lewin-Straße (Hellersdorf): Sperrung zwischen Riesaer Straße und Branitzer Straße in Richtung Hönow, Fuß- und Radverkehr darf passieren (bis Mitte Juli).
Ostpreußendamm (Lichterfelde): Sperrung zwischen Morgensternstraße und Königsberger Straße in beiden Richtungen, Fuß- und Radverkehr ausgenommen. Die Anbindung der Goethestraße ist ebenfalls betroffen (bis Mitte Juli).
Lietzenburger Straße (Wilmersdorf): Aufgrund eines Kraneinsatz steht zwischen Uhlandstraße und Fasanenstraße in Richtung Bundesallee nur eine Spur zur Verfügung (9-16 Uhr).
Heiligenseestraße (Heiligensee): Sperrung zwischen Elchdamm/An der Schneise und Reiherallee in beiden Richtungen, Fuß- und Radverkehr frei (bis Ende August).
Yorckstraße (Kreuzberg): Zwischen Möckernstraße und Katzbachstraße ist in Richtung Potsdamer Straße nur eine Fahrbahn verfügbar (bis Ende Juli).
Karl-Liebknecht-Straße (Mitte): Auf Höhe Dircksenstraße steht in Fahrtrichtung Pariser Platz nur ein Streifen zur Verfügung (bis Mitte Juli).
Straße Spittelmarkt (Mitte): Aufgrund der Beseitigung von Gefahrstellen ist in beiden Richtungen nur eine Spur befahrbar (bis Mitte Juli).
Stubenrauchstraße (Rudow/Johannisthal): Auf Höhe der AS zur A113 ist in beiden Richtungen nur eine Spur frei (bis Mitte Juli).
Demonstration – Vor dem Bundesjustizministerium protestiert der Tour 41 e.V. für die „Abschaffung der Verjährungsfrist bei Kindesmissbrauch“, erwartet werden 50 Personen. Zudem ist die Übergabe einer Petition geplant (7-9.30 Uhr). Vor dem Bundesrat demonstriert die Bauförderung Landwirtschaft unter dem Motto „Regionale Lebensmittel ermöglichen – Tierhaltung in Deutschland macht Sinn“ (50 Teilnehmer, 8.30-12 Uhr). Am Kanzleramt sagen die Naturfreunde Berlin „Nein zum Freihandelsabkommen EU-Mercosur“, hier kommen 40 Protestierende zusammen (11-12.30 Uhr). Mit der Forderung „Rettet die Veranstaltungsbranche!“ ziehen 100 Personen vom Ernst-Reuter-Platz bis zum Potsdamer Platz (13-17.30 Uhr). Auf der Straße Alt-Moabit 41 treffen sich 200 Demonstrierende zu einer Kundgebung mit dem Titel „Klartext: Hier geht’s um Polizeigewalt. Wir lassen uns nicht ablenken!“ (16-19 Uhr).
Gericht – Einem 60-Jährigen wird der Prozess gemacht, weil er ein neun Jahre altes Mädchen auf einem Supermarkt-Parkplatz angesprochen, plötzlich geküsst und im Intimbereich angefasst haben soll (9.15 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Saal 739).
Heimuniversität – Seit Mitte März bleiben Berlins Hörsäle leer, die Mensen verlassen und die Gänge vereinsamt. Für Campusleben trotz Onlinelehre suchen die Berliner Unis nun fixe Ideen: Wie geht Gemeinschaft in digital? Per Gründungswettbewerb sollen neue Projekte gestartet werden – den Gewinnern winken Mentoren und Startup-Villen. Wenn das mal kein Ansporn ist: Zündende Ideen bitte hier abgeben.
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Michael Dietmann (52), für die CDU im AGH / Ingo Kühl (68), Maler, Bildhauer und Architekt / Antje Leinemann (55), Bikini Berlin-Geschäftsführerin / Hildegard Müller (53), Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie und ehem. Politikerin (CDU) / Peter Schäfer (77), ehem. Direktor des Jüdischen Museums / Arnim Teutoburg-Weiß (46), Sänger und Gitarrist bei den Beatsteaks
Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Gestorben – Joachim Kalisch, * 11. Juli 1929, MdB a.D. / Erika Schieferdecker, * 6. Januar 1932 / Judith Rachel Stillmann-Sofer, * 5. Juli 1982 / Christine Stromberg, * 1928, Kostümbildnerin
Stolperstein – Erich Minner (Jg. 1901) wurde im Oktober 1941 von Grunewald nach Łódź/Litzmannstadt deportiert. Mehr als anderthalb Jahre später – heute vor 77 Jahren – wurde der Textilkaufmann dort ermordet. In der Gubener Straße 36 in Friedrichshain wurde zu seinem Gedenken ein Stolperstein verlegt.
Korrektur – Am vergangenen Freitag ist uns ein Fehler unterlaufen, den wir sehr bedauern: Gustav Fritz Herzberg, den wir an dieser Stelle vorstellten, wurde im Alter von 34 Jahren ermordet – nicht mit 78. Wir bitten, dies zu entschuldigen.
Encore
Tauschen ist billiger als kaufen. Das hoffen wir von Team Checkpoint zumindest und versuchen in unserer neuen Samstags-Rubrik „Hochgetauscht“ mit Ihnen einen Deal. Was wir Ihnen anbieten? Einen Checkpoint-Aufkleber mit exklusiver Widmung! Bislang wurden uns dafür unter anderem eine halbe Stunde Zeit, selbstgepflückte Himbeeren, eine Postkarte inklusive Briefmarke, eine argentinische Tangostunde und eine Flasche selbstgebrannten Orangenschnaps angeboten. Bis 23:59 Uhr nehmen wir heute noch Gebote (Mail mit Betreff „Hochgetauscht“) für Runde 1 entgegen, am Samstag erfahren Sie, wie es weitergeht. Deal or Deal?
Ich wünsche Ihnen ein glückliches Händchen für Ihren Wochenstart, morgen früh hat Julius Betschka wieder das Wichtigste und Witzigste aus Berlin für Sie im Angebot,
Ihr