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Senat will Bürgeramtstermine verkürzenIHK lässt Unternehmer ohne deren Wissen gegen Mietendeckel agitierenAuf 20.000 Berliner Verwaltungscomputern läuft noch Windows 7

Es gibt gute Nachrichten von der Solarhauptstadt Berlin: heute und morgen scheint die Sonne bei mindestens 10 Grad. Außerdem ist geklärt, wie die Schulneubauten zu ihren gesetzlich vorgeschriebenen Solarstromdächern kommen bzw. umgekehrt. Nachdem anfangs Schul-, Bau- und Bildungsverwaltung unterschiedlicher Meinung über ihre jeweilige (Un-)Zuständigkeit waren, sind inzwischen mit den Stadtwerken Standards vereinbart worden: Senat und Howoge bauen die Schulen samt leerer Kabelschächte, dann kommt ein Gründach drauf und darauf die Photovoltaik, die sich meist sogar bei laufendem Betrieb nachrüsten lasse, wie Stadtwerke-Sprecher Stephan Natz sagt. „Das ist ja keine Raketenwissenschaft.“ Es war nur administrativ als Marsmission gestartet.

Insgesamt sollen rund 50 Schulen so ausgerüstet werden. Nachdem die ersten Neubauten noch per europaweiter Ausschreibung mit PV-Anlagen nachgerüstet werden, können die anderen Aufträge direkt an die eigens zu diesem Zweck gegründete „KommunalPartner GmbH“ der Stadtwerke vergeben werden. Wie kamen wir eigentlich darauf? Ah ja, weil die Wirtschaftsverwaltung heute eine Zwischenbilanz des im Mai 2019 eröffneten Solarberatungszentrums (Fasanenstr. 87a) veröffentlichen will. Mehr als 300 Interessierte haben sich bisher beraten lassen, gut 80 Prozent davon Privatleute, pfeifen die Spatzen vorab von den Solardächern. Wie viele Anlagen dank der Beratungen tatsächlich installiert wurden, bleibt allerdings im Dunkeln.

Die alte Telefonzellenparole „Fasse dich kurz!“ soll demnächst auch im Bürgeramt gelten: Um die Wartezeit auf einen freien Termin zu verringern, soll die Taktung von zwölf auf zehn Minuten beschleunigt werden. Allerdings hat der Senat die neue Zeitrechnung bisher ohne die Bezirksbürgermeister gemacht, wie die Xhainer Rathauschefin Monika Herrmann (Grüne) berichtet. Bei einer früheren Besprechung hätten sich alle Bezirke gegen die Verkürzung ausgesprochen. Und die Lücken, die die zunehmende Zahl von „Terminschwänzern“ verursachen, würden mit Spontankunden gefüllt. Laut Senat sind zurzeit stadtweit rund 60 Vollzeitstellen in den Bürgerämtern unbesetzt. Wie viele Kunden ihren gebuchten Termin nicht wahrnehmen, weil sie zwischenzeitlich verstorben sind, ist nicht bekannt.

Mitte 2019 begann die IHK, über eine Kampagne gegen den – damals noch nicht beschlossenen – Mietendeckel nachzudenken. Inzwischen ist es dafür angesichts der vom Senat geschaffenen Fakten zu spät, aber am Wegesrand stand noch ein kapitaler Fettnapf, an dem ein IHK-Verantwortlicher nicht vorbeigehen konnte: Am Montag veröffentlichte er online Plakatentwürfe zur Kampagne, die hippe Unternehmer mit R2G-kritischen Slogans zeigen. Nur leider wussten die Betroffenen nichts von ihrer angeblichen Meinung, weil sie von der beauftragten Werbeagentur bloß als Platzhalter in die Plakate gebastelt worden waren – und die Entwürfe gar nicht veröffentlicht werden sollten. Wer den Schaden hat, braucht für den Schrott nicht zu sorgen.

Bis Ende Januar soll der Bericht der Soko „Fokus“ vorliegen, die die Verantwortlichen für den rechtsradikalen Terror in Neukölln ermitteln soll. Die von Neonazis ausgespähte Linken-Abgeordnete Anne Helm schreibt auf Twitter, sie empfinde die Entschlüsselung der „Feindesliste“ (des Ex-NPD-Mannes und vorbestraften Neonazis Sebastian T.; CP von gestern) eher als Beruhigung, weil sie Dinge nun einordnen könne: „Einmal setzten sich zwei morgens an der Bushaltestelle neben mich, um mir mitzuteilen, dass sie wissen, wohin ich unterwegs bin.“ Hoffentlich ist die Polizei nun endlich den entscheidenden Schritt weiter. Walter Lübcke und all die anderen Opfer mahnen. Jeden Tag, jederzeit.

Telegramm

Start-ups aus Berlin haben im vergangenen Jahr bei 262 Finanzierungsrunden insgesamt 3,7 Milliarden Euro eingesammelt – 41 Prozent mehr als im Jahr davor (Q: „Berliner Zeitung“). Insgesamt hätten 244 Berliner Start-ups Finanzierungen erhalten. Zum Vergleich: In Bayern waren es 123, in Brandenburg 15, in McPomm fünf und im Saarland eins.

Die neue S-Bahn ist ein geheimnisvolles Wesen: leise und nachtaktiv, weshalb kaum jemand sie bisher zu Gesicht bekam. Drei Exemplare drehen – meist während der dreistündigen Betriebspause – quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre Runden durch Berlin. Wagen Nr. 483-001 ist trotz Geheimhaltung bereits großflächig beschmiert. Die nunmehr silberfarben zugekleisterten Fenster verbergen den Blick ins Innere, wo viele Klappen offenstehen, aus denen noch mehr Kabel hängen. Darin ähneln die Züge dem BER. Hoffentlich nur darin.

Viele Menschen haben schon die sog. „dynamische Fahrgastinformation“ auf den S-Bahnhöfen gesehen, deren Laufschrift sich zäh wie Schneckenschleim bewegt. „Biiittttttee beeaachtteeenn Sssiieee: Weeegeenn eiineeer Stöööru…“ – „ZÜCKBLEIM!!“ Lalüla, Türen zu, Zug weg. Muss das so? Leider ja, sagt S-Bahn-Chef Peter Buchner: Das Problem sei so alt wie die Anzeiger (14 Jahre). Schneller laufende Schrift würde wegen der trägen LCD-Kristalle zu einem weißen Steifen verschwimmen; man habe das ausprobiert und müsse leider auf die nächste Display-Generation warten (die zzt. am possierlichen Bhf. Fredersdorf getestet wird).

Laut dem Twitter-User Jannis können die Kassen in der Bundestagskantine immer noch D-Mark (inkl. Beweisfoto). Oder schon wieder, wegen möglicher Machtergreifung von Werweißwem?

Falls Sie schon lange vorhatten, Köpenick zu besuchen: Am 27. Januar wäre die bestmögliche Gelegenheit. Im Rathaus werden am Holocaust-Gedenktag von Hand die Namen 1360 bisher anonym bestatteter Naziopfer für eine „Namenswand“ am Friedhof Altglienicke aufgeschrieben. 500 Paten haben sich bereits gemeldet, weitere werden gesucht – gern auch Gruppen, Vereine und Schulklassen.

Der „Kurier“ verabschiedet heute quasi das Lafayette aus der Friedrichstraße: Wegen einer Mieterhöhung und schwieriger Rahmenbedingungen dort suche das Nobelkaufhaus ein neues Quartier, womöglich am Ku’damm. Das Gerücht ist nicht neu – und das Dementi des Lafayette deutlich.

Ein „Datumstrick“ kann ein Datum sein, aus dem einem jemand einen Strick dreht, oder auch ein Trick mit einem Datum. Aufs Jahr 2020 trifft beides zu, wie das Onlineportal „Chip365“ mit Verweis auf eine Warnung von US-Behörden berichtet: Wer unter Urkunden aller Art beim Datum nur z.B. „15.01.20“ statt „…2020“ schreibt, ermöglicht Betrügern, die abgekürzte Jahreszahl um zwei Ziffern ihrer Wahl zu ergänzen. So ließe sich z.B. der Beginn einer Ratenzahlung vordatieren (15.01.2019) oder ihr Ende nach hinten (15.01.2029).

„Kostenloser Nahverkehr mit Flugticket“, stand über einer Presseinfo gestern in meinem Mailfach. Anders als die Überschrift vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein neues Premiumangebot der BVG, sondern um ein Lob der CDU für folgende Idee der IHK: In Flugtickets vom und zum BER soll die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln von vornherein eingepreist werden, damit die Leute gar nicht erst versuchen, den Flughafen mit dem eigenen Auto oder per Taxi zu erreichen.

Die „Müllsheriffs“ in Friedrichshain-Kreuzberg sind laut RBB ab sofort in Zivil unterwegs. Laden Sie also (zumindest dort) lieber keine Fremden auf Ihre frisch ausrangierte Couch ein; sie könnten vom Ordnungsamt sein und Ihnen später die Quittung geben.

Wir müssen reden – am Mittwoch, dem 29. Januar, fragen der Tagesspiegel und der TV-Sender phoenix: „Enteignen, bauen, Mieten deckeln: Wie bleibt Wohnen bezahlbar?“. Wenn Sie eine Antwort darauf haben oder eine Geschichte zu erzählen und mit Immobilienunternehmer Christoph Gröner (Bauunternehmer), Caren Lay (stellv. Fraktionschefin der Linken im Bundestag) und Chef-Checkpointer Lorenz Maroldt über Lösungen diskutieren wollen, melden Sie sich per Mail unter wirmuessenreden@phoenix.de oder telefonisch unter (030) 2026 7120 – ein paar Plätze sind noch frei. Das Gespräch wird abends in Berlin aufgezeichnet.

Gerade ruft die Marketingabteilung rein, dass unsere Checkpoint-Aktion „3 (Monate) für 3 (Euro)“ in wenigen Tagen endet und dass das günstiger sei als ein Gemüsedöner mit Pommes bei Mustafa‘s. Ob das stimmt, wissen wir allerdings nicht, denn der Kollege, den wir zur Kontrolle dorthin geschickt haben, war bei Redaktionsschluss noch nicht dran.

Checkpoint-Abonnenten lesen heute unter anderem:

+ Über dreckigen Honig und Verkehrsprobleme:
Wo Wütende Imker protestieren und Straßen dicht sind

+ Geschenk für Panda-Fans: Ein Traum von Wacholder

+ Kannte ich, bevor es cool war: Wo man in Berlin die nächsten Comedy-Stars entdecken kann.

Am besten nun drei Monate für drei Euro testen. Das mit dem Döner strapazieren wir jetzt nicht weiter. 

BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

Ja, 30.01. ist realistisch.

Mitteilung der BVG auf die Anfrage, ob der seit August 2019 gesperrte Zugang zum U-Bahnhof Platz der Luftbrücke nach mehrfacher Verschiebung tatsächlich zu dem Termin wieder frei sein soll, der auf der neuesten Version des Aushangs am Bauzaun steht.

 

Tweet des Tages

Allein mit ÖPNV-ungeübten Zwillingen im Bus. Versuche weinendem Zwilling 1 bei Abfahrt zu erklären, dass ich kurz nach vorne und eine Karte kaufen muss. Busfahrer über Mikro: „Beibense beim Kind, sie sind einjeladen.“#DitisebenauchBerlin

@OdendahlC

Stadtleben

Essen – Maki in der Müllerstraße mit Nigiri im Neonlicht: Erst seit ein paar Monaten gibt es das UMI Gendai No Kaishaku im Wedding. Das Restaurant mit der ausladenden und vor allem grell erleuchteten Fensterfront bietet viele vegane und vegetarische Optionen wie die „Dirty Crunchy Roll“ mit Paprika, Gurke, Avocado, Ei und Frischkäse, auf Wunsch mit Guacamole und Salsa-Topping. Ebenso gut: „Popeye und Olivia“, die innen rote Bete, Gurke, Avocado beherbergt, während außen Infarm-Salatkräutermix, Spinat und Jackfruit Knuspererbsen das Ganze abrunden. Natürlich wird auch Fisch angeboten, zum Beispiel „Geile Flucht-Röllchen“: große Makirolle mit Lachs, Tuna, Avocado, Oshinko und Gurke, dazu Infarmkräuter und Hamachi Sashimi plus Chips. Man merkt: Der Name ist Programm! Müllerstraße 55a, U-Bhf Rehberge, Mo-Sa 12-23 Uhr, So 17-23 Uhr.

Trinken – Stundenlang Kaffeetrinken und einen Roman lesen oder Espresso und Zeitung, ein Glas Wein zu Mittag? Das Haliflor in Prenzlauer Berg ist zwar klein, bietet aber Raum für sehr viele Gemütslagen. Ein paar Tische gruppieren sich um die Bar im Zentrum des Raumes. Geschirr klappert, die Kaffeemaschine zischt, es wuselt im Laden und trotzdem kommt kein Stress auf. Meist kümmert sich ein Kellner um alles gleichzeitig, eilig sollte man es also nicht haben – und auch die Website verbreitet keine Eile. In einer Milliarde Jahre sei nur mehr Sand und Staub übrig, also bald vorbeikommen, steht da. Schwedter Straße 26, U-Bhf Eberslwader Straße, Mo-So 10-02 Uhr.

Berliner Gesellschaft

GeburtstagMeret Becker (51), Schauspielerin / Mathias Döpfner (57), Journalist, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE / Dirk Gerstle (59), ehem. Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales für die CDU / Herwig Haase (75), u.a. ehem. Präsident des AGH (CDU) / Luís Cruz aka Lucry (30), Rapper und Musikproduzent / Kathrin Maurer, wortgewandte Früh-Checkpointerin – Alles Liebe wünscht Team Checkpoint! / „Lieber Hans-Dieter, zu deinem 75. Geburtstag wünschen dir Beate und Cillie von Herzen alles Liebe und Gute! Lass es krachen am Wochenende!“ / Ulla Ohlms (71), „Vorsitzende der Stiftung PATH – Patients‘ Tumor Bank of Hope und liebste Mama“ / Curt Schuster, „Glückwünsche von Reinhilde und Hans-Jürgen“ / Ronald Zehrfeld (43), Schauspieler

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

GestorbenProf. Dr. Manfred Brockt, * 28. März 1935 / Jutta Carstensen, * 26. Oktober 1951 / Prof. Lothar Broddack, ehem. Professor an der damaligen Hochschule der Künste / Kristine Kurepkat, * 6. Oktober 1936 / Dr. Wolfdietrich Toursel, Gründer der Toursel-Stiftung

StolpersteinHerbert Schenk (Jhg 1907) war im Arbeiterwiderstand tätig. Er wohnte mit seiner Frau im Wedding, in der Gerichtstraße 22. Er stellte die Wohnung für Treffen zur Verfügung und transportierte einen Drucker, mit dem illegales Material verbreitet wurde. Am 8. Juli 1944 wurde Herbert Schenk festgenommen. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn zu drei Jahren Haft. Am 15. Januar 1945 starb der schwer kranke Mann im Zuchthaus Brandenburg-Görden.

Encore

Was haben „Handquadrille“, „Lüllauer Schlange“, „Der Gimpel“, „Rehlinger Polka“ und „Steglitzer Mazurka“ gemeinsam? Natürlich: Sie sind Volkstänze – und zumindest in Berlin vom Aussterben bedroht, was mit dem Durchschnittsalter der Tanzvereinsmitglieder zu tun hat. Die Verbliebenen müssen obendrein aufpassen, dass sie nicht von irgendwelchen Rechtsvölkischen gekapert werden. Alle anderen können sich überlegen, ob sie montags zum Volkstanzkreis nach Prenzlauer Berg kommen mögen oder lieber auf Dr. Mottes Zukunftspläne hoffen (CP von gestern). Im weiteren Sinne war die Loveparade zu ihren guten Zeiten ja auch Volkstanz. 

Kommen Sie beschwingt durch den Tag. Morgen macht Lorenz Maroldt hier wieder ordentlich Stimmung.

Ihr Stefan Jacobs

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