Make America hot again - Donald Trump hat tatsächlich den Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen von Paris verkündet. Wie das aussieht, wenn eines Tages die Welt untergeht, weil die Erdatmosphäre weniger cool als Mr. President reagiert, hat mal das Magazin „National Geographic“ vor einiger Zeit ausgerechnet: Um 66 Meter stiege der Meeresspiegel, wenn das gesamte Polar- und Gletschereis der Welt tauen würde - natürlich nicht von heute auf morgen. Von Berlin guckten dann nur noch Erhebungen wie der Teufelsberg, die Müggelberge oder der Volkspark Friedrichshain heraus. Und vermutlich die Mieten (dazu später mehr).
Die Einheitswippe ist nicht länger eine wacklige Angelegenheit - zumindest, was den Bundestag angeht. Der hat in der Nacht zu Freitag beschlossen, dass das Denkmal, welches an die friedliche Revolution in der DDR erinnern soll, noch vor der Wahl im Herbst auf die Reihe kommt. Eine klare Mehrheit stimmte dafür; die Linke lehnte ab. Damit macht der Bundestag das Triple perfekt: Schon 2007 und 2008 votierte er für das mittlerweile 15 Millionen Euro teure Denkmal, das offiziell „Bürger in Bewegung“ heißt und bislang vor allem die politische Klasse bewegt hat. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls soll es jedenfalls fertig sein. Wenn Ämter und Bauarbeiter in Bewegung bleiben. Und nicht doch noch einmal soviel Bewegung in die Diskussion um das Denkmal kommt, das laut jüngster Umfrage eh nur 16 Prozent der Deutschen wollen.
Ein Gespenst geht um an der Spree - das Gespenst der Event-Gentrifizierung: Gestern noch Stadt von Love- und Fuckparade, heute schon Austragungsort von Kirchentag und Turnfest. Letzteres startet am Sonnabend - mit einer Parade von Sportlern, Musik- und Spielmannszügen. 30.000 Teilnehmer wollen der Stadt tatsächlich mit Schalmeienklängen kommen. Kein Wunder, dass sich da mancher nach Dr. Motte zurücksehnt. Aber zum Glück ist Sonntag ja noch der Umzug zum Karneval der Kulturen, und Berlin kann wie früher zeigen, dass nicht nur seine Straßen voll sind. Etwa anderthalb Millionen Menschen werden auf den Beinen sein am Wochenende. Der „Berliner Kurier“ fragt schon mal besorgt: „Wieviel Party kriegen wir noch reingequetscht?“
Da kann man ja direkt froh sein, dass der BER immer noch nicht in Betrieb ist. Wer weiß, wie viele der Stadt noch so auf die Pelle gerückt wären, wenn dieser Großflughafen schon funktionierte! Heute vor genau fünf Jahren sollte es dort übrigens losgehen: Abends erste Landung am BER und letzter Start am TXL. Rechtzeitig zum Fünfjährigen hat für die Flughafengesellschaft immerhin eine neue Ära begonnen. Nein, es gibt noch immer keinen festen Termin für die BER-Eröffnung, aber dafür ab sofort freies Wlan in Tegel und Schönefeld. „Es bietet Passagieren den Service, den alle heutzutage erwarten: Unkompliziert online gehen zu können - fast wie Zuhause. Vor allem unsere internationalen Gäste werden davon profitieren“, heißt es dazu in der Pressemitteilung. Aber nicht, dass da jetzt jemand auf die die Idee kommt, die Zeit bis zur BER-Eröffnung im Internet zu verdaddeln.
Air Berlin wäre ja am BER groß rausgekommen. Doch stattdessen kämpft die Airline der Schokoherzen heute mit schweren Verlusten in der Bilanz und schweren Koffern in Tegel. Und als ob das nicht reichte, kommt jetzt noch schwerer Spott im Netz hinzu. Und zwar für einen automatisch generierten Buchungscode, der via Facebook die Runde machte: WIXXER prangt da auf einem Foto, das von einer Frau aus Hamburg aufgenommen wurde, offenbar nach einer Onlinebuchung. Die Kundin nahm das jedenfalls heiter-gelassen und fragte: „Hi, liebes Air-Berlin-Team, alles alles klar bei euch? Was ist das für eine Buchungsnummer? Muss man das persönlich nehmen?“ CP meint: Auf keinen Fall. Höchstens eine Einladung zum Freiflug.
Auch die Deutsche Bahn feiert sich für freies Wlan. In sage und schreibe zwei Zügen des Regionalverkehrs testet sie diese bahnbrechende Technologie. Mit einer App lässt sich sogar checken, wie voll es in den Zügen ist, die unter anderem hoch zur Ostsee fahren. „Brauch ich nicht“, werden jetzt gestandene Regiogeschädigte sagen, „im Berufsverkehr und am langen Wochenende is‘ eh immer voll“. Aber, hey, App ist doch voll hip. Und falls es mal wieder länger dauert, hat die Bahn auch die Mediathek des RBB im Wlan freigeschaltet. Guckempfehlung: „Unser Sandmännchen“ oder „Kesslers Expeditionen“.
Telegramm
Dass im Fall des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri alles schief gelaufen ist, sagt einem der gesunde Menschenverstand. Jetzt haben es Justiz, Ermittler und Ausländerbehörde aber auch nochmal schriftlich: In einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums an den Bundestag gibt es harsche Kritik. Den Vertretern von Linken und Grünen im Ausschuss ist harsch noch nicht harsch genug: Der Bericht sei gar schönfärberisch, Pannen und Versäumnisse kämen nur unzureichend zur Sprache.
Der Bundestag hat die Bund-Länder-Finanzen neu geregelt und dabei auch die Zuständigkeiten fürs Autobahnnetz geändert. Die „Berliner Zeitung“ spekuliert schon mal darüber, dass die Stadtautobahn deswegen privatisiert und künftig kostenpflichtig werden könnte. Wegen der vielen Autos lockten angeblich hohe Einnahmen. Hoffentlich gibt‘s dann wenigstens Stau-Rabatt.
Ums Geld geht es auch bei Hertha BSC. Der Verein hat erst Spieler John Anthony Brooks für 20 Millionen Euro an den VfL Wolfsburg verkauft und jetzt für 10 Millionen Davie Selke von RB Leipzig geholt. Da wird doch bestimmt noch ein bisschen Geld übrig sein: So für den Beitrag zum Umbau des Olympiastadions und so Sachen.
Beim Tulpenmassaker von Prenzlauer Berg vor zehn Tagen hat das zuständige Bezirksamt nicht nur unter Bäumen verbrannte Erde hinterlassen. Die Empörung ist bis heute groß bei Anwohnern, deren Beete auf sogenannten Baumscheiben gerodet wurden, weil das Grün nicht verwaltungskonform wuchs. Sage aber keiner, er habe es nicht wissen können: „Die Bepflanzung darf die Verkehrssicherheit an Bürgersteig und Straße nicht gefährden“, steht auf der Internetseite des Senats.
Moment - Sie stutzen jetzt beim Wort „Verkehrssicherheit“? Weil Sie sich eben beinahe die Haxen auf dem kaputten Bürgersteig gebrochen hätten? Fast über die Wurzel auf dem Radweg gestürzt wären? Aus dem Auto die Kreuzung vor lauter Urwald auf dem Mittelstreifen nicht sahen? Dann schicken Sie uns doch mal Fotos (checkpoint@tagesspiegel.de) , wo die Stadt Ihrer Meinung nach gegen die Verkehrssicherheit verstößt. Wir legen da mal den grünen Daumen auf die Wunde.
Eine bezahlbare Wohnung in Berlin zu finden, ist reine Glückssache. Und so fühlte sich auch CP-Leser Martin Neuhaus wie von Fortuna geküsst, als er 71 Quadratmeter für 590 Euro kalt in Prenzlauer Berg ergatterte. So weit, so finanzierbar und wohl auch im Bereich des rechtlich Möglichen, was Mietspiegel und Mietpreisbremse hergeben. Doch dann kamen noch 155 Euro obendrauf - für die Nutzung des sechs Quadrameter großen Kellers (ohne Extras). Folge: Mietpreisbremse ausgebremst. Neuhaus hat die Wohnung übrigens nicht genommen.
Das war ja klar, dass Sie uns jetzt mit Exotik kommen, liebe CP-Gemeinde: Auch in Saigon alias Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam, in Kribi an der Atlantikküste von Kamerun und in Bilbao in Spanien werden wir gelesen. Aber selbst schuld, wir hatten Sie ja auch gebeten, kurz mal zu mailen, wo Sie uns - je nach Zeitzone - zum Frühstück oder Abendbrot verspeisen, damit wir eine Stecknadel in unserer Weltkarte versenken können. Da wir gerade ein Nadel-Schnäppchen im Internet gemacht haben, sind noch genug übrig für weitere Meldungen (an checkpoint@tagesspiegel.de) Und zu gewinnen gibt’s auch was, ein cooles Berlin-Buch über das Street-Art-Projekt „The Haus“, das nunmehr Geschichte ist.
Wenn Sie dann noch so schreiben, wie unsere Leute in Vietnam und Kamerun, dann zitieren wir sie natürlich auch: „Vieles im Checkpoint lese ich mit sehnsuchtsvoller Wehmut und vor allem das ,Stadtleben‘ lässt mich Berlin vermissen!“ mailt Peter Wunsch (Saigon). „Für eine Currywurst ginge ich meilenweit…“ Und Eckehard Mewes (Kribi) schreibt: „Ich lese dort mit großer Freude den CP, den ich auch bei dem sehr langsamen und nervigen Internet vor Ort eigentlich immer öffnen kann.“ Aus Bilbao meldet Sigurd Pohl, dass er gerade eine zweimonatige Radtour von Gibraltar nach Berlin absolviert und sich beim Fahren auf dem Laufenden über Berlin hält. So ist’s brav - immer schön abstrampeln für den CP.
So, nun noch kurz ein Looping zurück nach Tegel: Laut einer Umfrage von RBB-“Abendschau“ und „Morgenpost“ wollen mehr als zwei Drittel der Berliner, dass der Flughafen offen bleibt, wenn, ja wenn der BER in Betrieb geht. Und sogar unter den Wählern von Rot-Rot-Grün gibt es dafür eine stabile Mehrheit.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
"Es ist schwerer und aufwendiger eine Pommes-Bude zu eröffnen als einen Pflegedienst."
Stephan von Dassel, grüner Bezirksbürgermeister von Mitte, über aktuelle Betrugsfälle in der Pflegebranche.
Tweet des Tages
"Ein Kind in der Kita weigerte sich vehement, seine Hose anzuziehen. Klarer Fall von Latzhose-Intoleranz."
Stadtleben
Essen & Trinken Für ihre Restaurant-Kolumne hat Elisabeth Binder diese Woche das SchmidtZ&Ko in Friedenau ausgecheckt. Die „vinophile Genusswerkstatt“ in der Rheinstraße 45-46 (U-Bhf Walther-Schreiber-Platz) hält, was sie verspricht: nicht nur gute Beratung in Sachen Wein, der zusammen mit dem kundigen Kellner aus den raumfüllenden Regalen ausgesucht wird (zum Preis kommen 15 Euro Korkgeld), auch die Küche hat Pfiff. Zum Fenchelsalat auf Ziegenkäsemousse gesellt sich gebratener Mangold und „dramatische Chips aus Chiasamen“ (8,50 Euro). Auch die Maispoularde mit Bratkartoffeln (20 Euro) und die „dekonstruierte Maibowle“ (9,50 Euro) zum Dessert haben unsere Restaurantkritikerin überzeugt. Einziges Manko: Um 22 Uhr ist schon Feierabend, daher besser reservieren oder schon zum Mittagstisch (Di-Sa 12-15 Uhr) vorbeikommen. Weinhandlung Di-Sa 10-22 Uhr, Restaurant/Weinbar ab 18 Uhr (bei gutem Wetter auch draußen)