Berlin ist nicht nur die Stadt mit den meisten Wahlpannen, sondern auch die Stadt mit den spätesten – die vorerst letzte bahnte sich vor fünf Tagen an:
„Die Schreiben zur Benachrichtigung der gewählten Bewerberinnen und Bewerber der Wahl zum 19. Abgeordnetenhaus von Berlin werden noch heute abgesendet“, heißt es am Ende des Protokolls zur Landeswahlausschusssitzung am 14. Oktober, und:
„Mit dem Schreiben werden die Bewerberinnen und Bewerber aufgefordert, sich innerhalb von vier Tagen nach Zugang der Benachrichtigung schriftlich über die Annahme des Mandats bei der Landeswahlleiterin zu erklären.“
Mal abgesehen davon, dass die Landeswahlleiterin den Senat darum gebeten hatte, nach der Sitzung vom 14. Oktober abberufen zu werden, und zwar „unverzüglich“, sind vier Tage für den Postweg in einer Stadt, in der es teils Wochen dauerte, Briefwahlunterlagen zuzustellen, mehr als gewagt.
Deswegen wunderte sich Andreas Otto aus Pankow auch nicht, als er gestern noch keine Benachrichtigung im Briefkasten fand – der Grünen-Abgeordnete hatte mit 41,3 Prozent das beste Ergebnis aller Kandidaten erzielt.
Zur gleichen Zeit aber wunderte sich Andreas Otto aus Reinickendorf, als er in einem an ihn adressierten Brief las, er möge per Post die Annahme seines Mandats bestätigen („Faxmitteilung unzulässig“) – dabei war der FDP-Kandidat mit 5,3 Prozent am Einzug ins Parlament gescheitert.
„Sehr ärgerlich“ sei das, sagt ein Behördensprecher – niemandem sei die Verwechslung aufgefallen: „Wohl leider eine Folge der extremen Arbeitsbelastung.“ Andreas Otto (welcher von beiden, dürfen sie gerne mal raten) hat eine andere, jedenfalls in Berlin sehr naheliegende Erklärung: „Entweder ist es trotz oder wegen der Digitalisierung passiert.“
Nun ja, zur Entschuldigung lässt sich auch sagen, dass es in Berlin mehrere Dutzend Ottos mit dem Vornamen Andreas gibt.