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Klinsmann wechselt zu Hertha BSCweniger Baugenehmigungen erteilt als 2018Lebensgefahr für Fußgänger im Stadtverkehr

Die Zahl der in den ersten neun Monaten dieses Jahres erteilten Baugenehmigungen ist gegenüber 2018 um elf Prozent gesunken. Darüber, ob das mit dem Mietendeckel zu tun hat (dessen Eckpunkte allerdings erst im Juni beschlossen wurden und für Neubauten nicht gilt), gibt es unterschiedliche Meinungen. Hier eine Auswahl von Reaktionen zur beliebigen weiteren Verwendung. Der Rückgang der erteilten Baugenehmigungen ist demnach ein „Weckruf“ (Branchenverband BBU), „Alarmsignal“ (CDU-Wegner), „Schlag ins Gesicht der Mieter“, (CDU-Gräff) „Ausdruck einer verfehlten Wohnungsbaupolitik“ (IHK-Eder) „bundesweiter Trend“ (Mieterverein).

14 BerlinerInnen und ein Kieler waren gestern Abend der CP-Einladung ins Tagesspiegel-Haus gefolgt, um mit FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja zu diskutieren. Es war der 2. Teil der Aktion „Raus aus dem Netz, rein in die Realität“ – und wieder ging es hart, aber zivilisiert zur Sache. Czaja hatte mit einem Tweet über die unterm Mietendeckel begrabene Altersvorsorge einer Eigentümerin von zehn Wohnungen („reich war sie nie“) den Anlass geliefert. Gestern resümierte er: „Ich würde den Wohnungsnotstand ausrufen statt den Klimanotstand“. Außerdem empfahl er Baulückenkataster, Neubauoffensive und einen Grundsteuerfreibetrag von 300.000 Euro für selbstgenutzte Immobilien. Zuvor ging es um den Busfahrer, der sich von seinem Gehalt keine Wohnung mehr leisten kann, um Vermietergerechtigkeit und um Brandenburg. Czaja würde dorthin nur ziehen, „wenn die Situation passt“ und unter dem Vorbehalt der Rückkehr. Ein Gast rief: „Wer von euch Eigentümern wird denn durch den Mietendeckel in den Ruin getrieben, wer?“ Danach war es kurz still.

Auf Antrag eines gewissen Herrn Dr. Söder aus München soll sich der Bundesrat heute mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur besseren Bekämpfung von Mietwucher“ befassen. Laut der Vorlage soll das Wirtschaftsstrafgesetz so geändert werden, dass nicht mehr die juristisch nur schwer nachweisbare „Ausnutzung“ eines geringen Angebotes an vergleichbaren Wohnungen als Maßstab gilt, sondern die leichter zu belegende Knappheit an sich. Der Bußgeldrahmen soll von 50.000 auf 100.000 Euro erhöht werden. Aus dem Senat ist zu hören, dass Grüne und Linke den bayrischen Entwurf unterstützen wollten, aber die SPD skeptisch gewesen sei, so dass Berlin dem Antrag im Bundesrat nicht beitrete. So oder so dürfte Herr Czaja wieder was zu twittern haben.

Regelmäßig und aus gutem Grund wird über die Lebensgefahr berichtet, die abbiegende Lastwagen für Radfahrer im Stadtverkehr darstellen. Eine Studie der Unfallforschung der Versicherer rückt jetzt die Fußgänger in den Fokus. Für die sieht die Bilanz ähnlich übel aus – wobei die typische Unfallkonstellation eine andere ist: Während Radfahrer eher unter die Räder von Abbiegern kommen, droht Fußgängern die größte Gefahr, wenn sie etwa bei Stau direkt vor dem (zu) hohen Fahrerhaus die Straße überqueren. Die Mehrzahl derer, die in diesem Jahr auf Berlins Straßen starben, war übrigens zu Fuß unterwegs. Und in sechs der elf tödlichen Fußgänger-Unfälle zwischen Januar und August war ein Lkw involviert.

Im Tränenpalast erlebten die Gäste gestern Abend ihr rotes Wunder. Denn nicht nur der Schabowski-Originalzettel ist endlich wieder in Berlin – der Journalist Georg Mascolo, der damals über die Maueröffnung berichtete, schenkte dem Haus der Geschichte am Ende einer Erinnerungsrunde einen der damals in der DDR noch gedruckten roten Reisepässe, die die blauen DDR-Papiere hätten ablösen sollen – eins von nur 15 Probedruck-Exemplaren, wie Mascolo unter Applaus berichtete. Der Chef des Hauses aus Bonn, Hans Walter Hütter, verstaute das historische Blanko-Dokument erst einmal in seinem Sakko. Zunächst werde es in Berlin gezeigt. Erst später wolle man entscheiden, ob es in Berlin bleibt oder mit dem Schabowski-Notizzettel nach Bonn in die Ausstellung geht, sagte Hütter dem Tagesspiegel.

Früher hatten die Leute Angst vor der Polizei, jetzt muss man eher Angst um die Polizei haben: Die Berliner Zeitung berichtet von einer FU-Studie, derzufolge rund ein Viertel der Berliner PolizistInnen einen riskanten Alkoholkonsum haben. 19 Prozent leiden unter Burn-out-Symptomen, 22 Prozent zeigen Anzeichen von Angststörungen oder Depressionen. Fast jede/r Zweite hat Schlafstörungen, und jede/r Dritte rechnet damit, aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Pension zu gehen. In der Direktion 5 (Xhain/Neukölln) ist die Situation schlimmer als in der Südost-Direktion 6, die als Vergleichsgruppe untersucht wurde. Zwar werden auch mangelnde interne Wertschätzung und Fairness beklagt, aber vor allem hinterlässt die Art, in der viele Berliner sich gegenüber Polizisten benehmen, brutale Spuren.

Telegramm

Auf Antrag der Friedrichshain-Kreuzberger FDP-Fraktion (was es nicht alles gibt!) hat die BVV Ende Oktober beschlossen, dass das Wasser in Spree und Landwehrkanal endlich sauberer werden soll – das Bezirksamt solle sich auf allen notwendigen Ebenen darum bemühen. Gemessen an der Größe des Themas war die Resonanz bisher gering. Und da das Wasser nur durch weiteren massiven Ausbau der Kanalisation mit Zwischenspeichern sauberer werden kann, wird wohl ein Jahrhundertprojekt daraus. Allerdings ein sehr lohnenswertes.

Apropos Jahrhundertprojekt: Im Juni 2018 beschloss die Pankower BVV, zwei Pedelecs fürs Ordnungsamt anzuschaffen. Und wie bewähren sich die ... – ach so: Das Amt hat nach eigenem Bekunden „mehrere Angebote von lokalen Fahrradanbieterneingeholt“, aber „eine abschließende Entscheidung konnte aufgrund der Komplexität noch nicht getroffen werden“. Dazu Thomas Stevens Davies von der Royal Military Academy (1837): „Das Veloziped erscheint am besten für jenes Segment der Gesellschaft geeignet, das wohl am zahlreichsten und aktivsten von allen ist: Männer im Vollbesitz ihrer Gliedmaßen, denen Pferde zu viel Ärger und Umstand, aber das Selberfahren einen Genuss und körperliche Ertüchtigung bedeuten, statt ein Horror zu sein.“

Jürgen Klinsmann soll bei Hertha BSC einsteigen. Allerdings nicht als Brandschutzbeauftragter, wie man nach dem Derby annehmen sollte, sondern als Aufsichtsrat in der Profi-Abteilung.

Gesucht werden der Fahrer des Pkw Trabant mit dem Kennzeichen IT 25-45 sowie seine Begleiterin, die am Abend des 9. November 1989 zu den Ersten gehörten, die über die Bösebrücke fuhren. Der Fotograf Ekko von Schwichow, der sie dabei geblitzt hat, würde gern wissen, was aus ihnen geworden ist.

Der S-Bahnhof Nikolassee ist seit 2003 offiziell barrierefrei. Der Aufzug befindet sich auf der Westseite Richtung Wannsee. Auf der Ostseite am Hohenzollernplatz, wo sich Bushaltestelle, Wohngebiete und Hubertuskrankenhaus befinden, sind es 71 Stufen (zur S1) bzw. 111 Stufen (zur S7). Es kommentiert CP-Fitnessberater Sebastian Kneipp: „Um gesund zu bleiben, muss sich der Mensch bewegen, schwitzen und soll das Wasser in seiner mildesten Form gebrauchen.“ So gesehen ist der Bahnhof doch perfekt: Treppe zur Stadt, Aufzug zum Wannsee.

Für BVG-Chefin Sigrid Nikutta ist der Kurzzug abgefahren: Zum Jahreswechsel steigt sie nun definitiv um in den Vorstand der Deutschen Bahn, Abteilung Cargo. Dort dürfte sie mehr Geld und weniger Fahrgastbeschwerden bekommen, aber auch mehr Druck vom Bundesauspuffminister, dessen Ressort die Bahn über Jahrzehnte in ihren heutigen Zustand versetzt hat.

Zufällig schallt in diesem Moment eine Durchsage des niederländischen Schaffners aus dem in Amsterdam gestarteten IC nach Berlin von gestern Nachmittag herüber: „Zuerst möchten wir uns für diesen Zug entschuldigen, den wir aus Deutschland haben. Es ist ein schlechter Zug: Die Erste-Klasse-Wagen sind aus technischen Gründen verschlossen. Auch das Bordbistro ist geschlossen, aber es wird ein mobiler Catering-Service durch den Zug gehen. Außerdem werden die Sitzplatzreservierungen nicht anzeigt.

Regiermeister Michael Müller hat gestern Abend im Naturkundemuseum den Berliner Wissenschaftspreis verliehen. Die mit 40.000 Euro dotierte Auszeichnung ging an FU-Professorin Beatrice Gründler für ihre herausragende Forschung zu arabischer Literatur. Den Nachwuchspreis mit 10.000 Euro erhielt der Physik-Professor Steve Albrecht, der an TU und Helmholtz-Zentrum zu Photovoltaik forscht.

In Alt-Hellersdorf wurde gestern eine Weltkriegsbombe gefunden. Sie soll laut Polizei am Montag „in den Mittagsstunden“ entschärft werden, also am 11.11. gegen 11.11 Uhr. Kein Job für Narren.

Im Stadtbad Charlottenburg ist die Neue Halle ab sofort und voraussichtlich für einige Wochen gesperrt: Laut Gutachter können verrostete Teile der Zwischendecke abstürzen. Bis zur Reparatur gilt: Springen vom Deckenrand verboten! Mehr dazu im kostenlos erhältlichen Newsletter für Charlottenburg-Wilmersdorf, der heute erscheint.

Der diesjährige „Green Buddy Award“ (Dt.: Grüner-Kumpel-Preis) des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg in der Kategorie „Smart Cities Lösungen“ (Engl: Solutions) geht an den „Baustellenatlas“ der Infrest GmbH, mit dem die Betreiber der Berliner Versorgungsnetze die Koordination von Baustellen verbessert haben. Oder verbessern wollen, wer weiß.

Der erbärmliche Radweg am Tempelhofer Damm, Höhe Ex-Flughafen nordwärts, ist endlich saniert worden. Nach Berechnungen des „Netzwerkes Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg“ sind damit seit Inkrafttreten des Mobilitätsgesetzes 1,49 km Radverkehrsanlagen im Bezirk hergerichtet worden. Beim bisherigen Tempo wäre das Hauptstraßennetz folglich erst etwas später als – laut Gesetz – im Jahr 2030 abgearbeitet: nämlich 2420.

Außerdem heute im Checkpoint für Abonnenten:

+ Berlinbesuch: Wo in Schöneberg zwei neue Stolpersteine mit anschließender Gedenkfeier verlegt werden.

+ Last-Minute-Diskussion: Wie die Welt auf das geteilte Deutschland zum Zeitpunkt des Mauerfalls blickte.

+ Geschenk: Wie man umweltfreundlich reist – und wo Sie es erfahren.

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BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

Berlin ist für mich eine milde Form der psychischen Störung.

Diese Erkenntnis zur Gegenwart verkündete der Zukunftsforscher Harald Welzer gestern Abend beim Fest der Meinungsfreiheit in der Volksbühne. Es war ein Abend voller Erhellung und Erheiterung.
 

 

Tweet des Tages

German Pünktlichkeit. 10 Uhr. Der Baum steht. Und nur noch 48 Tage bis Weihnachten... #gendarmenmarkt #weihnachten

@KohlmeierSPD

Stadtleben

Essen – Irland, die Schweiz, Norditalien: Das sind nur ein paar Länder, in denen der Käse gereift ist, der heute bei der Käsenacht in einigen der bekanntesten Restaurants und Weinbars der Stadt serviert wird. Zum Auftakt des „Cheese Berlin“-Festivals der Kreuzberger Markthalle 9 gibt sich ein Großteil der Berliner Gastrolandschaft monothematisch und dennoch vielfältig. So serviert der Klunkerkranich in Neukölln etwa Schweizer Emmentaler Urtyp und Vacherin Mont D’Or, dazu natürlich feinsten Weißwein. Im Fleischrestaurant Kumpel & Keule am Görlitzer Bahnhof hat man sich passenderweise Alpenländischem Käsefondue verschrieben und das Muret la Barba tischt original Norditalienische Cucina Povera mit Blauschimmelkäse auf. Das ganze Programm finden Sie hier. Wir empfehlen eine Reservierung.

Trinken – Seit 2004 beherbergt das historische Backsteingebäude in Alt-Hermsdorf 11 die Galerie und das Café Auenhof. Ursprünglich war dort ein Kossätenhof mit Milchbetrieb und nebenan ein Pferdestall ansässig. Letzteren nutzt Betreiberin und Galeristin Heidemarie Aagaard für den Cafébetrieb: Schönes Ambiente im alten Pferdestall attestiert Checkpoint-Leser Detlef Kiebs da, besonders empfehlenswert findet er die selbstgemachten Kuchen und kleinen Speisen. Am Wochenende darf es auch mal ein Prosecco sein, alternativ ein „Auenhof Cuve“, bevor man einen kleinen Rundgang durch Aagaards Galerie nebenan macht. Fr-So 14-18 Uhr, Tram-Station Almut-Straße

Berliner Gesellschaft

GeburtstagJochen Guhlke (79), „ehemaliger Schulleiter, er unterrichtet als Co-Lehrer immer noch 3 Mal die Woche unentgeltlich Mathe und Musik an einer Grundschule in Zehlendorf. Wir gratulieren!“
/ Detlef Opitz (63), Schriftsteller / Hans-Wilhelm Pollmann (69), „für uns der beste Papa und Opa der Welt“

Sonnabend Uwe Brockhausen (56), SPD-Stadtrat in Reinickendorf / Daniel Büttner (45), „Allet Jute - und erhol Dich gut vom Reinfeiern!“ / Jesse Clausen (18), „von Mum and Dad“ / Peter Hahne (67), Fernsehmoderator und Autor / Anneliese Hladena, „der liebsten, großzügigsten Mutter, Schwiegermutter, Oma und Uroma die herzlichsten Glückwünsche zum 103. Geburtstag von Christine, Karsten, Nicolas, Katharina, Sven und Emilia“ / Sonja Kirchberger (55), Schauspielerin / Karin Kiwus (77), Lyrikerin / Thomas Quasthoff (60), Bassbariton und Professor für Gesang an der „Hanns Eisler“-Hochschule für Musik / „Lieber Jochen in Babelsberg. Wir wünschen Dir einen guten Start ins neue Lebensjahr. Britta u Uwe“

SonntagRoland Emmerich (64), Filmproduzent, Regisseur und Drehbuchautor

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.   

Gestorben Käthe Kuhnert, * 14. September 1919 / Manfred Schacher, langjähriger Schulleiter des Askanischen Gymnasiums Berlin-Tempelhof / In memoriam: Ingeborg Henning, * 3. November 1929

Stolperstein Falkenberger Straße 12, Weißensee: Hier liegt ein Stolperstein für Henriette Stenschewski (Jhg. 1862), die am 3. Oktober 1942 vom Sammellager in der Gerlachstraße 19-22 nach Theresienstadt deportiert und heute vor 75 Jahren dort ermordet wurde. 

Morgen macht Ihnen hier Lorenz Maroldt einen Reim auf die Dinge, in denen Musik drin ist. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,

Ihr Stefan Jacobs

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