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Großbritanniens Queen Elizabeth II. ist totMittes Bezirksbürgermeister von Dassel abgewähltBerlin baut keine einzige Sozialwohnung

der Himmel über Berlin hat Elisabeth II. mit dem britischsten aller Wetter verabschiedet. Am Donnerstag ist das Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs im Alter von 96 Jahren verstorben. Mehr als 70 Jahre lang war sie auf dem Thron, länger als alle anderen Monarchen in der Geschichte (einen Nachruf von Dieke Deining auf dieses Jahrhundertleben lesen Sie hier mit T+). Lange als eher kühl empfunden, gewann sie in den vergangenen Jahren – mittlerweile altersmilder wirkend – viele Menschen neu für sich. Ein Ruhepol in einem Großbritannien, das seit dem Brexit von einer politischen Krise in die nächste schlitterte.

Ein paar Zahlen zu ihrer Regentschaft:

+++ 15 britische Premierminister amtierten seit ihrer Thronbesteigung. Zu Beginn noch Winston Churchill.

+++ Mehr als 21.000 offizielle Termine hat sie als Königin absolviert.

+++ 117 Länder besuchte Sie als britisches Staatsoberhaupt.

Berlin hat Elisabeth II. siebenmal besucht – häufiger, als das Protokoll es vorgesehen hat, notiert Elisabeth Binder in ihrem Rückblick auf die royalen Staatsbesuche (T+). Sie mochte die Stadt offenbar. Deren Freiheit, unsere Freiheit, waren ihr eine Verpflichtung (mehr dazu im Zitat des Tages).

Einmal fuhr sie mit der S-Bahn nach Potsdam. Ansonsten ist ihr, was Berlin-Anekdoten angeht, der neue König, ihr Sohn Prin.. äh King Charles III., ausnahmsweise voraus: Er besuchte 1995 eine Familie in einem Plattenbau in Hellersdorf (T+), um zu erfahren, wie es sich in einem sozialistischen Elf-Geschosser lebt. Nicht allen passte der royale Gast: „Ist ja wie bei Erich“, moserte ein Nachbar. „Boris Becker wär’ mir lieber.“

Einen politischen Abschied gab es am Donnerstag im Rathaus Mitte. In einer nur wenige Minuten dauernden Sondersitzung wählten die Verordneten Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) ab. 43 stimmten für den Abwahl-Antrag, 4 enthielten sich. Auch von den Grünen votierten 12 der 15 Anwesenden dafür, ihren eigenen Bezirksbürgermeister in den Ruhestand zu schicken. Ein beispielloser Vorgang.

Der Abgewählte wünschte den verbliebenen Bezirksamtsmitgliedern „viel Fortune“ bei ihren Entscheidungen. Die hatte von Dassel selbst nicht immer. „Seien sie gnädig mit den Bezirksamtsmitgliedern, die vor vielen Entscheidungen stehen, wo es kein einfaches Ja oder Nein gibt“, riet er den Verordneten zum Abschied. Der umstrittene Grünen-Politiker ist nun Vergangenheit. Geblieben sind die vielen Zwänge (fehlendes Personal, verworrene Zuständigkeiten, mangelnde Digitalisierung),mit denen alle Bezirkspolitiker der Stadt am unteren Ende des politischen Betriebs täglich kämpfen.

Der derzeit heißesten aller Fragen, wie kommt Deutschland gut über den Winter, widmete sich am Donnerstag das Abgeordnetenhaus. „Berlin packt das“, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Nur wie? Da blieb Rot-Grün-Rot auch Tage nach den langersehnten Entscheidungen aus dem Bund größtenteils vage. „Klug“ (Giffey) solle das Berliner Entlastungspaket sein. Klar scheint: Drinstecken werden neben einem wahrscheinlich nur für Berlin geltenden Neun-Euro-Ticket-Nachfolger wohl auch Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Packend war an der Debatte vor allem, wie oft Berlin es packt. Neben der Regierenden packten auch Raed Saleh (SPD), Werner Graf (Grüne), Carsten Schatz (Linke) und Kai Wegner (CDU) die Formulierung in irgendeiner Form in ihre Reden. Der goldene Pack-Esel ging an Werner Graf. Viermal packte er’s.

Umfrage: ausreichende Maßnahmen Rettungspaket

Seit einer Woche gelten in Berlin strengere Regeln für Sharing-Fahrzeuge. Doch außer ein paar Paragrafen hat sich bislang nichts geändert. Dass E-Scooter und Leihräder etwa an Kreuzungen nicht mehr abgestellt werden dürfen, interessiert bislang weder Nutzer noch manchen Anbieter noch den Senat. Eigentlich müsste nun auch auf jedem Fahrzeug die Nummer einer kostenlosen Melde-Hotline stehen („deutlich sichtbar und wetterfest“, heißt es in den Bestimmungen), weil die Anbieter falschgeparkte Gefährte bei Anruf umsetzen müssen. Doch durchgängig beachtet wird die Regel nur von den Firmen Tier und Lime. Bird, Bolt und Voi lassen tausende Roller ohne den Hinweis herumfahren. Und die Verkehrsverwaltung lässt sie erstmal weiterrollen: Auch wenn die Regeln de facto seit Monaten bekannt sind, soll den Firmen nun „eine angemessene Frist zugebilligt werden, um die Anforderungen umzusetzen“. Auf Wiedervorlage müssen wir das Thema nicht legen. Da stolpern wir auch so erneut drüber.

Im Dickicht des deutschen Steuerrechts kann man sich leicht verirren – selbst als Staat. Wegen einer ab 2023 gültigen Änderung bei der Umsatzsteuer sucht das Land Berlin jetzt Hilfe bei einem Steuerberater. Ausgerechnet die Senatsfinanzverwaltung will dazu nun einen Rahmenvertrag für die Landesbehörden ausschreiben. Großer Bedarf ist unter anderem in der Senatskanzlei. Dort gebe es „keine ausreichend steuerrechtlich geschulten Mitarbeitenden“ für die neuen Regeln, schreibt Senatskanzleichef Severin Fischer (SPD) an das Abgeordnetenhaus. Kleine Erinnerung nebenbei: Die private Steuererklärung für 2021 ist bis zum 31. Oktober fällig.

Telegramm

Und nun die wichtigsten Nachrichten zum Krieg in der Ukraine:

+++ Die ukrainischen Streitkräfte haben seit dem 1. September ein Gebiet von mehr als 1000 Quadratkilometern zurückerobert, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Zudem hätten die Truppen im Rahmen der Gegenoffensive Dutzende Siedlungen eingenommen.

+++ US-Generalstabschef Mark Milley hat den russischen Einmarsch in die Ukraine als militärischen Misserfolg dargestellt. „Der Krieg ist nicht vorbei. Aber bisher wurden die russischen strategischen Ziele vereitelt.“

+++ Der Kommandeur der prorussischen Separatisten in Donezk, Alexander Chodakowski, hat einem der russischen Rechtfertigungsversuche für den Angriffskrieg gegen die Ukraine widersprochen. Er habe bisher keine Belege dafür gefunden, dass die Ukraine einen Angriff auf Russland geplant habe.

Alle aktuellen Ereignisse können Sie hier in unserem Live-Blog und auf unserer Live-Karte verfolgen. Spenden für die Ukraine in Not können Sie weiterhin hier.

Satte 5000 Sozialwohnungen liegen in Berlin in diesem Jahr zwischen Wunsch und Realität. So viele wollte Rot-Grün-Rot laut Koalitionsvertrag bauen, nicht eine davon wird es geben. Bislang ist kein einziger Förderantrag zum Bau von Sozialwohnungen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingegangen, berichtet Kollege Ralf Schönball (T+). Wie auch immer das Mietenproblem in Berlin gelöst werden kann, so definitiv nicht.

Wahlen I: An einer Lösung gegen eine erneute Pannenwahl arbeitet Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Ein internes Dokument der „AG Gute Wahlen“ (immerhin das Ziel ist klar) nennt nun einen konkreten Zeitplan für die Maßnahmen zur besseren Wahlorganisation (T+): Bis Jahresende sollen in den Bezirken die Pläne vorliegen, wie Wahlhelfer besser eingearbeitet werden können. Auch Personal und Finanzmittel sollen bis dahin sicher sein. Zum 30. Juni 2023 soll dann das zentrale Landeswahlamt stehen – die Wiederholungswahl wäre dann allerdings schon lange vorbei.

Wahlen II: Der Abgeordnete Benedikt Lux (Grüne) glaubt nicht, dass das reicht. Er will künftig lieber Probewahlen abhalten (T+). „Wie eine Generalprobe vor wichtigen Konzerten.“ Vor möglichen Wahlwiederholungen hält Lux solche Durchläufe aber nicht mehr für machbar. Nur falls das angesichts solcher Aussagen jemand vergessen haben sollte: In Deutschland ist es mehr als 70 Jahre lang gelungen, pannenfreie Wahlen abzuhalten.

Wollte sich Innensenatorin Iris Spranger (SPD) angesichts dieser Aussichten nach Süddeutschland absetzen? Am Mittwoch fuhr sie zumindest mit einer schwarzen Limousine mit Heilbronner Kennzeichen vor dem Abgeordnetenhaus vor. Ja, manchmal ist Berlin zum Weglaufen – aber gleich nach Baden-Württemberg? Sprangers Sprecherin gibt auf Checkpoint-Anfrage Entwarnung: Der reguläre Dienstwagen der Innensenatorin muss „wie jedes andere Auto auch in bestimmten Abständen zur Durchsicht. Das aktuelle Fahrzeug ist also ein Ersatzwagen“. Sonst fahre Spranger „selbstverständlich“ mit Berliner Kennzeichen.

Zu weit in andere Teile Deutschlands wagt sich dafür die Senatsbildungsverwaltung vor. In fünf Bundesländern wirbt sie auf Plakaten bei Lehrkräften, Erziehern, Sozialarbeitern und Studenten mit kostenlosen Fahrten zur hauseigenen Jobmesse „Berlin-Tag“, um den Personalmangel zu dämpfen. Bei der Runde der Bildungsstaatssekretäre der Kulturministerkonferenz gab es dafür von vier Ländern einen öffentlichen Eintrag ins Klassenbuch, berichtet Susanne Vieth-Entus (T+).

Den Weg aus der Ferne nach Berlin hat offenbar auch die Nosferatu-Spinne geschafft, zeigen Fundmeldungen des Nabu. Der Klimawandel macht‘s möglich. Die Spinne trägt ihren Namen nicht ohne Grund: Auf ihrem Rücken kann man deutlich das ikonische Vampirgesicht erkennen (Bild). Ansonsten ist sie relativ harmlos. Ihr Biss ist ähnlich wie ein Mückenstich.

Eine Statistik, die alle Rassisten ganz genau lesen sollten, liefern die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Ergebnis: Ohne Zugewanderte geht in diesem Land nichts. In Berlin besetzen sie sechs von zehn neugeschaffenen Stellen, in Brandenburg sogar acht von zehn neuen Arbeitsplätzen.

Der 1. FC Union ist beim ersten Auftritt auf europäischem Parkett in dieser Saison gleich ausgerutscht. 0:1 gewann das belgische Team Union Saint-Gilloise in der Alten Försterei. Sportlich besser (1:1) – ansonsten blamabel – gestaltete der 1. FC Köln, oder vielmehr ein Teil der Fans, das Auswärtsspiel in Nizza. Dutzende Ultras und Hooligans aus dem Rheinland und befreundete Pariser Club-Anhänger lieferten sich im Stadion heftige Schlägereien mit Heimfans und Ordnern. Die erschütternde Bilanz: 32 Personen wurden verletzt, einer schwer.

Und nun ein dringender Appell: „Das Feld braucht dich“, fleht die Senatsumweltverwaltung und sucht ehrenamtliche Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl zur Koordination des Tempelhofer Felds. Dort habe man die Möglichkeit, „sich direkt an der Gestaltung der Zukunft des Tempelhofer Feldes zu beteiligen“.  Also auch neue Wohnbebauungen? Natürlich nicht. Das wäre ein zu weites Feld.

Zitat

„Berlin ist der Prüfstein für die friedlichen Absichten anderer. Wir haben schwierige und gefährliche Zeiten zusammen durchgemacht. Meine Regierung und mein Volk stehen an Ihrer Seite. Meine in Berlin stationierten Soldaten und Flieger verkörpern die Verpflichtung Großbritanniens, Ihre Freiheit so lange wie nötig zu verteidigen, bis die Wunden der Spaltungen in Europa und in Ihrer Stadt geheilt werden können.“

Königin Elisabeth II. in ihrer Rede vor der Gedächtniskirche 1978

 

Stadtleben

Noch Essen gehen – Ein Schlag für Kreuzberger Romantiker: Das Shishi schließt! Vier Jahre lang hat das kleine Lokal in einem Hinterhof am Moritzplatz ein Candlelight-Dinner nach dem anderen serviert – am 30. September ist Schluss. Bis dahin will die israelisch-französische Haute Cuisine noch einmal durchprobiert werden: Ein 3-Gänge-Menü ist für 54 Euro zu haben, auf der Karte stehen Mezze, Ceviche, feinstes Tatar und Lamm-Ataief, Vegetarier gustieren Rote-Beete-Gnocchi und Frühlingskartoffeln. Essen und Craft-Cocktails kredenzt das Shishi zwischen zartrosa Wänden und antikem Mobiliar – oder auf blauen Bänken im Hof. Ihre Pläne für die Zukunft wollen die Inhaber noch nicht verraten, nur so viel: Es gibt welche. Ein Glück! Di-Sa ab 17 Uhr, Ritterstraße 12, U-Bhf Moritzplatz

Vom Freilufttheater zum Deko-Behrendt-Nachfolger: Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Manuel Göttsching (70), Musiker und Komponist / „Alles Gute wünscht Team Checkpoint Laura Hofmann, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, ehem. Checkpointerin“ / Knut Schubert (64), ehem. Eiskunstläufer und Eiskunstlauftrainer

Sonnabend – Markus H. Kringel (52), „SenBildJugFam, weltbester Organisator von Berlintagen, Konzertabenden und Vater von zwei quasi geborenen Stand Up Comedians“ / Elke „Käthe“ Kruse (64), Künstlerin, Performerin und ehem. Schlagzeugerin der „Tödlichen Doris“ / Alina Levshin (38), Schauspielerin / „Für Dagmar Lipper ein sicheres und sorgenfreies neues Lebensjahr und erfolgreiches Gelingen aller ihrer Vorhaben. Alles Gute von Uli“

SonntagBarbara Bongartz (65), Schriftstellerin / Torsten Bréchôt (58), ehem. Judoka / Ute Kannenberg (81), Schlagersängerin / Arvo Pärt (87), Komponist / Axel Schock (57), Journalist und Buchautor

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Zbigniew Czerski, * 16. Dezember 1931 / Jörg Maurer, * 14. Juli 1954 / Dr. Agnete v. Specht, * 12. November 1944, langjährige Geschäftsführerin des Denk-mal-an-Berlin e.V. / Horst Vetter, * 28. August 1927, FDP-Senator a.D. und Träger des Bundesverdienstkreuzes

StolpersteinErich Falk wurde am 24. Juni 1882 in Northeim (Niedersachsen) geboren. Später lebte er in der Uhlandstraße 145 in Wilmersdorf. Die Nazis warfen dem Vertreter für Werbedrucksachen Propaganda vor – im Februar 1942 wurde er unter einem Vorwand von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen. Am 9. September 1942, heute vor 80 Jahren, wurde er im KZ Sachsenhausen ermordet. Seine Frau Erna Falk (Jg. 1885) wurde wenige Monate später in Birkenau getötet.

Encore

Berliner Hausnummern (XVII): Hurra, es gibt Buchweizentaler! Rund 35.000 Essen werden jeden Tag an den Mensen der Berliner Unis ausgegeben. Den Lunch gibt’s für zwei bis drei Euro – dafür kommen aber auch Rote Beete-Puffer und Soja-Kraut-Ragout auf die Teller (Q: Studierendenwerk Berlin). Wo war nochmal der Döner um die Ecke...?

Mit seinen Recherchen gewürzt hat Thomas Lippold den heutigen Checkpoint. Das Stadtleben brachte Lotte Buschenhagen auf den Teller und serviert wurde alles von Kathrin Maurer im Frühdienst. Am Samstag führt Sie Thomas Wochnik durch unser Menü. Kommen Sie gut ins Wochenende!

Ihr Christian Latz

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