Vergessen wir die Geschichte, holt sie uns ein. Das gilt auch für einen Regierenden Bürgermeister. Rund 800.000 Bauernbetriebe wurden in der DDR bis Ende 1960 enteignet. Zwangskollektivierung. Viele Bauern flohen in die BRD, die Suizidrate der Landbevölkerung stieg signifikant. Leid, das die DDR-Propaganda mit dem Slogan „Vom Ich zum Wir“ verharmloste. 60 Jahre später schmückt dieser Spruch die Beschreibung des offiziellen Twitter-Accounts der Stadt Berlin. Auch auf der Seite der Senatskanzlei findet sich die Formel als theoretischer Überbau zum neuen Berlin-Slogan „Wir sind ein Berlin.“ Von einem AfD-Abgeordneten angesprochen, sagte der Regierende Michael Müller (SPD) gestern im Abgeordnetenhaus: „Erstens, es ist mir nicht bekannt und zweitens glaube ich, es ist auch sehr weit hergeholt.“ Jens Schöne, stellvertretender Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur beim Land Berlin, der zum Thema promoviert hat, ist „im höchsten Maße“ irritiert: „Mit Blick auf die Opfer und Folgen des Prozesses ist dieses Motto als neue Berliner Markenformel völlig ungeeignet.“
Gegenwart statt Geschichte ist das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, das die Innenverwaltung am Donnerstag für rechtlich zulässig erklärt hat. Eine inhaltliche Bewertung des Volksbegehrens sei damit aber nicht verbunden, teilt die Behörde mit. Inhaltlich gibt’s innerhalb der rot-rot-grünen Koalition Krach. Die Linke befürwortet die Initiative uneingeschränkt, SPD und Grüne sind skeptisch.