Gestern Abend, gegen 21.30 Uhr, musste der Gesundheitsminister etwas essen. „Oh, jetzt habe ich gerade ein Duplo im Mund”, soll er in der Bund-Länder-Schalte auf eine Frage der Kanzlerin geantwortet haben. Ob Jens Spahn da schon ahnte, dass dies die wahrscheinlich längste MPK der Welt werden sollte? Dieser eine Satz und, dass er unmittelbar öffentlich wurde, stehen für das ganze Drama der deutschen Pandemie-Politik: Er steht für einen massiven Verlust an Respekt und Vertrauen für die politisch Verantwortlichen. Für die Dysfunktionalität einer Ministerpräsidentenrunde, die so öffentlich tagt, als würde sie am Sonntagabend bei Anne Will beisammensitzen. Fast sieben Stunden lang wurde die Runde offiziell unterbrochen, zog man sich in kleine Gesprächskreise zurück – um endlich in Ruhe zu sprechen.
Der Spahn-Satz steht auch stellvertretend für die Tapsigkeit und das schlechte Timing, mit denen Deutschland vom Impfdebakel in ein Testdesaster steuert, von der Öffnungsdebatte innerhalb weniger Stunden in den Oster-Lockdown (siehe unten). Das Virus macht keine Kompromisse, Deutschland dafür seit Monaten. Es ist dieser deutsche Mittelweg, der viele Menschen psychisch fertigmacht, die Wirtschaft leiden lässt und trotzdem Tausende Tote in Kauf nimmt. Dieser Weg führt zeitgleich Deutsche nach Mallorca und die Mittelstufen ins monatelange Homeschooling. Dieser maßlos unentschiedene Mittelweg führte kaum geschützt in die dritte Welle hinein.