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Berliner Senat antwortet auf CDU-Chef: „Ein bisschen Kreuzberg für alle wäre auch gut“Hunderte Dateien verschwunden: Die E-Akte wird zum Aktenschlucker„Medienhetze und Rufmord“: Chef der Jüdischen Gemeinde interviewt sich selbst

von Julius Betschka
und Margarethe Gallersdörfer
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Lederhosen und Dirndl raus, Ohropax und Ochsenbraten rein: Friedrich Merz hat die Bundesrepublik Deutschland am Montag zur Bierrepublik Gillamoos erklärt. Auf dem gleichnamigen bayerischen Volksfest rief der CDU-Parteivorsitzende sicherheitshalber gleich zweimal während seiner Rede: „Sie sind Deutschland! Nicht Berlin, nicht Kreuzberg! Gillamoos ist Deutschland!“ Was für eine Vision! Deutschland, aber als Bierfest! O’verzapft is!

Aber ruhig Blut … das Unverständnis für die (von der CDU regierte) deutsche Hauptstadt ist inzwischen ein Friedrich-Merz-Klassiker, die Ablehnung von Kreuzberg Kern seiner anti-grünen Erzählung. Hier die anständigen Biertrinker vom Land, dort die autohassend verträumte Großstadtelite (die hat die englischsprachigen Soja-Cappuccino-Trinker ersetzt). Das ist die neue beziehungsweise uralte CDU, die in den Reden ihres Chefs aufscheint. Warum das Land von BMW und VW, Siemens und Solarwende und Laptops und Lederhosen deshalb nun im Ganzen in Richtung eines stabilen Festzeltdeliriums taumeln soll, erschließt sich trotzdem nur mit Mühe. Ist Merz’ Botschaft „Ab jetzt hilft nur noch Alkohol“? Mit dieser Vision sollte man tatsächlich lieber früher als später zum Arzt gehen.

In Berlin verhallt naturgemäß kein Wort von Merz ungehört. „Auch im Sauerland sind mehr Leute mit dem Fahrrad unterwegs als mit dem Privatjet“, antwortet Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) auf den merzschen Angriff. Bei der Berliner CDU ist man sowieso schon länger not amused über den eigenen Parteichef.