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Cyber-Attacke auf zwei Berliner SchulenDie Stimmung im rot-rot-grünen Senat kühlt sich weiter abDas will Umweltsenatorin Günther gegen Müll in der Stadt tun

wir haben ein volles Programm heute, deshalb hier nur kurz nochmal der Hinweis auf unsere Aktion „3 für 3“ in dieser Woche: Drei Monate Checkpoint-Abo für drei Euro – mit dem gesamten Programm.

Wir beginnen heute mit dem nächsten „Cyber-Angriff“ auf Landeseinrichtungen: Nach dem Kammergericht traf es nach Checkpoint-Informationen jetzt zwei Schulen – als Adhoc-Sicherheitsmaßnahme untersagte das ITDZ die Verwendung von WinZip-Dateien. Checkpoint-Tipp: Im Geschichtsunterricht schnell die Kreidezeit auf den Unterrichtsplan nehmen – könnte nochmal wichtig werden.

Walter Momper zündet zum Jahrestag des Mauerfalls seinen roten Schal an – in einem Gespräch mit der „FAZ“ stellt er staatsmännisch fest: „Was wollen die Ostdeutschen denn noch mehr? Es gibt für die Ostdeutschen keinen Grund zu jammern.“ Das klang vor 30 Jahren noch etwas anders, da sagte der damalige Regierende Bürgermeister: „Wir Deutschen sind jetzt das glücklichste Volk der Welt.“ Dazu ein Ratschlag von Theodor Fontane: „Wenn man glücklich ist, soll man nicht noch glücklicher sein wollen.“ Das gilt übrigens auch andersherum.

Das Koalitionsklima verhält sich diametral zum Weltklima – es kühlt sich weiter ab. Beispielhaft dafür war die Staatssekretärsrunde zur Vorbereitung der Senatssitzung. So forderte Senatskanzleichef Christian Gaebler die Verwaltungsspitzen „aus gegebenen Anlässen“ dazu auf, untereinander „einen kollegialen Umgang“ zu pflegen – er kritisierte, dass Anfragen für Zulieferungen oder Teilnahmen an Sitzungen schlicht ignoriert würden – das sei „äußerst unkollegial“.

Dazu zwei Beispiele:

1) IT-Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD) bekam auf eine Bitte um Stellungnahme von vier Senatsressorts überhaupt keine Antwort – dabei ging es um den erhofften Großproblemlöser „Zukunftspakt Verwaltung“ (scheint einigen im Senat dann doch nicht so wichtig zu sein).

2) Zu einer Besprechung über die künftige Organisation der Ordnungsämter (ebenfalls im Zshg. mit dem „Zukunftspakt“) erschien nur eine einzige Senatsverwaltung – die übrigen fünf hielten nicht mal eine Absage für nötig (die Bezirke waren dagegen fast komplett erschienen). Smenteks Kommentar (nur für den internen Gebrauch): „Für den Senat sehr peinlich.“

Datei Unkollegial, unkollegialer, Berlin herunterladen

Gespräch mit Burkard Dregger über die gescheiterte Nachwahl zur vollständigen Besetzung des Landesverfassungsgerichts – der Fraktionschef sagt: „Es gibt weiterhin die Bereitschaft der CDU, eine Kandidatin oder einen Kandidaten der Linken zu wählen.“ Er verstehe die „Aggression“ der Koalition nicht, die Union stelle das Vorschlagsrecht nicht in Frage: „Der Ball liegt bei der Fraktion der Linken“.

Über die Kandidatin oder die Stimmung in der CDU-Fraktion nach deren Vorstellung mag Dregger nicht sprechen – aus Respekt: „Spekulationen über eine geheime Wahl verbieten sich“, Äußerungen über die Qualifikation nennt er „unwürdig“. Aber eins schließt er aus: „Es gibt von unserer Seite keinen bösen Willen gegenüber der Linkspartei.“

Klar ist, dass der Kandidatin der Linken auch Stimmen aus der Koalition fehlten – nicht nur in der CDU-Fraktion hielten etliche Abgeordnete die vom Blatt vorgelesenen Eigenpräsentation für wenig überzeugend. Einen direkten Aufruf zum Wahlverhalten gab es bei der CDU jedenfalls nicht – Abgeordnete sagen, es sei von einem „Vorschlag“ die Rede gewesen: Jeder müsse selbst wissen, wie er sich entscheidet. Es kommentiert Ludwig Börne: „Das Geheimnis der Macht besteht darin, zu wissen, dass andere noch feiger sind als wir.“

Neues aus der Serie „Hollywood in der Luisenstadt“ – kaum ist „Deutschland 89“ durchgedreht, baut die „Zeitsprung Pictures GmbH“ für den Film „Brasch“ ihren Krempel bei uns vor der Haustür auf, wie immer angekündigt per angeklebtem Zettel: „Wir wissen wir sind nicht die ersten bemühen uns um größtmögliche Rücksichtnahme“. Hoffen wir mal, dass der Film nicht so schlampig produziert wird, wie die Ankündigung für die Dreharbeiten geschrieben ist. Und mal sehen, vielleicht kann ich ja morgen Abend mal wieder durchs Bild laufen.

Telegramm

DieDeutsche Wohnen“ muss ein Rekordbußgeld von 14,5 Millionen Euro zahlen – wegen Verstößen gegen den Datenschutz. Berlins beliebteste Firma hatte Informationen über Mieter gehortet, die sie längt hätte löschen müssen. Übrigens: Ich habe da so eine Vermutung, was heute bei den anderen Wohnungsgesellschaften Prio 1 hat.

Sensationeller Beitrag zum Betriebsstörungsbingo: Der außerplanmäßige 20-Minuten-Stopp der U5 gestern Mittag in Friedrichsfelde wurde begründet mit einer „unmittelbar bevorstehenden Geburt“ – das nehmen wir natürlich auf als Universaljoker.

Mathe lernen mit dem Checkpoint (I): Sie schauen auf Ihr Smartphone und lesen: „iPhone ist deaktiviert. In 26.097.778 Minuten erneut versuchen“ (wie zum Beispiel hier). Frage: Wer unterhält Sie in der Zwischenzeit? Richtig, Steve Jobs: „Deine Zeit ist begrenzt. Verschwende sie nicht damit, das Leben eines anderen zu leben.“

Mathe lernen mit dem Checkpoint (II): In jedem BVG-„BerlKönig“ sitzen durchschnittlich nur 1,5 Personen (Q: „Mopo“). Frage: Wie heißt der Fahrer? Na klar: Es ist unser Gastautor Johann Wolfgang von Goethe – und die halbe Person ist bei der Ankunft so tot wie bald auch der BerlKönig, wenn Sie nicht auch mal damit fahren.

Zur Reihe „Berlin, aber Schnauze“ – der heutige Beitrag kommt aus dem M48, Station Schlossstraße (Q: Christoph Reuter): „Die BVG braucht Fahrer, keine Türsteher.“

Warnung für die Anwohner der Müllerstraße – einem Haustüraushang entnehmen wir: „Achtung! Schlange auf dem Hof. Vorsicht! Sofort 110 Polizei anrufen, wenn jemand die Schlange sieht.“ Und bitte nicht anstellen.

„Checkpoint im Weltall passiert“ ist ja auch mal eine schöne Meldung – aber ganz so abgehoben sind wir dann doch noch nicht: Gemeint ist ein interstellarer Außenposten, an dem „Voyager 2“ vorbeigeflogen ist. Das Raumschiff ist übrigens noch ein paar Milliarden Jahre unterwegs, kann also gut sein, dass wir nochmal darauf zurückkommen.

Wir kommen zur Ziehung der Forsa-Zahlen: Manfred Güllner holt für Michael Müller einen Beliebtheitswert von 0,5 aus der Glaskugel (auf einer Skala von -5 bis +5) – das reicht für Platz drei hinter Andreas Geisel (0,6) und Klaus Lederer (1,1) (Q: Berliner Zeitung).

Apropos Klaus Lederer: Der Kultursenator berichtete gestern im Senat von seiner Parisreise – er hat dort Brahms von Barenboims Staatskappelle gehört und fand’s soweit ganz gut.

Im Görli wird jetzt unter Polizeischutz gedealt“, meldet die „B.Z.“ – so langsam sollten wir mal über einen Antrag bei der Unesco zur Aufnahme ins Weltkulturerbe-Register nachdenken (oder zumindest über die Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“).

Anrührende und begeisternde Atmosphäre gestern Abend im Liebermann-Haus am Pariser Platz: Der Roman-Herzog-Preis für bürgerschaftliches Engagement (dotiert mit 20.000 Euro) geht in diesem Jahr an das Bildungsprojekt „Quinoa“ – die mit jeweils 5000 Euro dotierten zweiten Preise wurden den Vereinen „Silbernetz“ und „Straßenkinder“ zuerkannt.

Wenn Sie FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja wegen seiner Haltung zum Mietendeckel mal so richtig die Meinung geigen wollen, und zwar von Angesicht zu Angesicht, nicht anonym im Netz, dann sind Sie bei uns richtig: Am morgigen Donnerstag können sie von 17.30 Uhr an mit ihm bei uns im Tagesspiegel-Verlagshaus am Askanischen Platz 3 über die Definition von „reich“ und „Ruin“ diskutieren – allerdings nur nach Anmeldung unter checkpoint@tagesspiegel.de.

Hurra, der BER hat eine „Philosophie“ – und deswegen ist er auch uneröffnet reif für die Uni: Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Airport Campus“ stellt Peter Herrmann, Projektleiter des Hauptterminals, Studierenden den „Weg zur Fertigstellung des BER“ vor und verspricht einen „Einblick in aktuelle Herausforderungen, Lösungsansätze sowie die Philosophie des Projektes T1 aus Sicht der Projektleitung“. Anmeldung per E-Mail an airportcampus@berlin-airport.de.

Außerdem heute im Checkpoint für Abonnenten:

Warum die Finanzverwaltung den B-Plan am Checkpoint Charlie blockiert / Wie sich die Berliner Polizei entmilitarisiert / Welche Straßen in Mitte am meisten vermüllt sind und was Umweltsenatorin Regine Günther dagegen tun will / Was bei Brunnenarbeiten alles aus dem Teich im Volkspark Friedrichshain gezogen wurde / Wo Sie in Berlin Rhabarber-Milchreis-Radieschen-Törtchen probieren können / Welche Kinderbuchfigur momentan Berlins Bühnen unsicher macht / Welchem Podcast Sie das Mauerfall-Jubiläum zu Hause zelebrieren können / Was heute vor 30 Jahren in der DDR passierte.

Jetzt das Checkpoint-Abo testen. Für nur 3 Euro im Monat (gilt fürs erste Vierteljahr). Hier geht’s zur Anmeldung.

BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

Du bist ein Idiot!“

Union-Torwart Rafal Gikiewicz erzählt, was seine Frau zu ihm sagte, nachdem er beim Derby gegen Hertha Fans an einem Platzsturm hinderte – sie hat Angst, dass er bei so einer Aktion niedergestochen werden könnte.

 

Tweet des Tages

Mein Sohn nennt das Haus der Kulturen der Welt immer magische Miesmuschel statt Schwangere Auster, weil ihm Sponge Bob einfach näherliegt.

@FrauFrohmann

Stadtleben

Trinken„Follow the White Rabbit“ steht in geheimnisvollen Lettern auf einem Gehweg unweit des Friedrichshainer Märchenbrunnens. Klingeln Mutige an der versteckten Tür der Fairytale Bar, werden sie von dunklen Märchengestalten empfangen: Besucher tauchen ein in eine psychedelische Welt irgendwo zwischen Wunderland, Berliner Hipster-Schick und kindlicher Fantasie. Wer einen der preislich gehobenen Cocktails (9-18 Euro) bestellen möchte, erhält ein leise wisperndes, Düfte versprühendes Märchenbuch, aus dem Drinks mit Namen wie „Schneeweißchen und Rosenrot“ oder „Mogli“ gewählt werden können. Ein gehütetes Geheimnis ist die schaurige Bar jedoch schon lange nicht mehr, eine Reservierung daher empfohlen. Di-Sa 20-2:30 Uhr, Am Friedrichshain 24, Tram-Station Am Friedrichshain

Berliner Gesellschaft

GeburtstagRichard Clemens (78), „unermüdlicher Organisator,  freundlicher Macher, Reisefex und Goethe-Oldie“ – Mit besten Wünschen von Ullrich Thiers / Eveline Mützelburg (70), regelmäßige Checkpointleserin – „Es gratuliert ihr von Herzen, ihre " Herde" / Peter „Pepi“ Pietsch (69) – „Wir wünschen beste Gesundheit und Freude am Leben. Die Schippers“ / Detlef Untermann (67), Blogger und Initiator von "Kinder-Kochen" / Volker Weidermann (50), Journalist, Autor und Literaturkritiker / Thomas Wochnik, Multi-Intrumentalist, Tourenradfahrer, Checkpoint-Wochenend-Philosoph – Wir gratulieren herzlich!

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

Gestorben Henry Laurent, * 16. Januar 1934 / Rolf Preuschmann, * 2. Juli 1942 / Heinz-Viktor Simon, * 17. Juli 1943, Unternehmensführer des BBU Verbands / Waltraud Wraske, * 11. Oktober 1923

Stolperstein – Heute für 77 Jahren wurde Lutz Grünstein nach Theresienstadt deportiert. Nur wenig ist bekannt über den damals Neunjährigen, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Umso wichtiger, dass in der Graefestraße 69 in Kreuzberg ein Stolperstein an ihn erinnert.

Encore

Das vorletzte Wort hat heute Jens Bisky – in seinem neuen Buch „Berlin. Biographie einer großen Stadt“ schreibt er über die Bauverwaltung zur Zeit von Karl Friedrich Schinkel:

Diese war eine Modernisierungsagentur. Und das in mehrfacher Hinsicht: Sie kümmerte sich um Rationalisierung des Mitteleinsatzes, um Vereinheitlichung der Abläufe, um die Einhaltung von Standards. Die Verwaltung war zugleich ein Forum des Informationsaustauschs, des Studierens und wechselseitigen Lernens.“

Wo und wann haben wir das verloren?

Ich wünsche Ihnen einen wachen Start in den Tag – morgen sehen wir uns hier wieder. Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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