der Nahostkonflikt fordert wie wohl kein anderer dazu heraus, mehrere Wahrheiten nebeneinander stehen zu lassen. Wie diese beiden: Wenn Jüdinnen und Juden sich 2023, 90 Jahre nachdem die Nazis an die Macht kamen, in der deutschen Hauptstadt nicht mehr sicher fühlen, ist das eine „Schande“ (Kai Wegner) und ein unerträglicher Zustand. Gleichzeitig muss auch palästinensischstämmigen Berliner:innen erlaubt sein, gegen Israels Beschuss und die Folgen für die Zivilbevölkerung in Gaza zu protestieren – so lange das nicht in blinden Judenhass ausartet. Dass propalästinensische Demos in Berlin derzeit oft von vornherein verboten werden, ist ein Problem – und erhöht möglicherweise auch die Gewaltbereitschaft bei den illegalen Protesten, schreibt mein Kollege Julius Geiler in diesem lesenswerten Kommentar.
Eine Sauerei ist auch, dass Berlins Synagogen demnächst wohl mit Gittern geschützt werden müssen (Q: B.Z.) – und dass der Wall AG empfohlen wurde, davon abzusehen, eine Anzeigenreihe der Kolleg:innen von den „Salonkolumnisten“ zu schalten. Vermisstenanzeigen für die knapp 200 von der Hamas aus Israel verschleppten Geiseln wollte der Geschäftsführer des Meinungsportals, David Harnasch, auf den Displays der Firma in Mitte schalten – verbunden mit der Forderung, diese Menschen „lebendig nach Hause zu bringen“. Die Motive liegen dem Checkpoint vor. Was kann dagegensprechen?
Das Land Berlin und die BVG offenbar, denen die Wall als Vertragspartner „politische“ Anzeigen zur Genehmigung vorlegen muss.