Samstags überwiegend sonnig, sonntags bewölkt bei bis zu 13°C

So haben die US-Berliner abgestimmt und das sagt der Bürgermeister von Berlin (New Hampshire) zur WahlFU überprüft Plagiats-Vorwürfe gegen Giffey neuBescheidener Abschied für TXL

Tag vier nach der US-Wahl und was wir (glauben, zu) wissen: wer zum US-Präsident gewählt wurde. Was wir nicht wissen: wer US-Präsident wird. In der Nacht zeigte sich Herausforderer Joe Biden siegessicher. „Wir werden diese Wahl gewinnen“, sagte er vor seinen Anhängern in seiner Heimatstadt Wilmington. Und auch wenn noch nicht alles aus- und nachgezählt ist, sprechen die Zahlen für sich: Biden führt im Duell mit Donald Trump inzwischen mit mehr als vier Millionen Stimmen, in allen noch offenen Swing States hat er einen Vorsprung, Tendenz weiter wachsend. Dass es trotzdem eine Zitterpartie bleibt, liegt an einem undemokratischen Wahlsystem und einem undemokratisch auftretenden Amtsinhaber. Er werde „niemals aufgeben“, teilte Trump mit, doch um ihn herum wird es einsam. Republikaner wenden sich ab, TV-Sender unterbrechen seine Reden, Twitter blockiert seine Lügen. „Wir sind Gegner, keine Feinde. Wir sind Amerikaner“, sagt Biden in Wilmington, neben ihm Kamala Harris, die wohl erste Frau, die das Amt der Vize-Präsidentin bekleiden wird. The Times They Are a-Changing’.

Am voraussichtlichen Sieg von Joe Biden hat auch Berlin seinen Beitrag geleistet. In den vier größten Berlins in den USA sammelte der Demokrat wichtige Stimmen. In Berlin (New Hampshire) gewann Biden mit 52,8 zu 45,6 Prozent. Noch deutlicher wurde es in Berlin (Massachusetts) und Berlin (Vermont) mit 60,6 bzw. 62,6 Prozent zu 36,2 bzw. 33,9 Prozent. Lediglich in Berlin (Connecticut) siegt Trump mit 51,9 zu 46,7 Prozent.

Telegramm

Final Call für TXL. Ein paar Fontänen der Flughafen-Feuerwehr, eine Stippvisite des Architekten und die Hertha-Mannschaft auf Durchreise: Es wird ein bescheidenes Ende für einen besonderen Flughafen. Nach 46 Jahren ist Schluss im Hexagon und nicht nur die Berliner FDP ist traurig. Trost spendet eine Sammlung unserer Tegel-Texte, die für das gesamte Wochenende reicht. Und nun: Tschüssikowski TXL!

Noch keine Woche hat der BER geöffnet, doch schon droht vielen der 95 Shops das Aus. Kaum Fluggäste bedeuteten für die Betreiber kaum Umsätze. Die fast insolvente Flughafengesellschaft zeigt sich gönnerhaft und erlässt einen Teil der Mieten (Q. MoPo). Eine Idee, wie die FBB ihre Finanzen vielleicht doch nicht in den Griff bekommen könnte, hat Stephan Wiehler.

Vier Tage nach dem islamistischen Anschlag in Wien haben die Bischöfe der evangelischen und katholischen Kirche, Vertreter des Judentums sowie die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, Vize-Bundestagspräsidentin Claudia Roth (Grüne) und Abgeordnetenhaus-Präsident Ralf Wieland (SPD) vor der Botschaft Österreichs der Opfer gedacht. Zur Friedenskundgebung hatte der Zentralrat der Muslime eingeladen. Ein wichtiges Zeichen.

Ein 15-jähriger Turkmene hat sich im Internet die Anleitung zum Bau einer Bombe heruntergeladen. Am Mittwoch durchsuchte die Berliner Polizei nach Tagesspiegel-Informationen deshalb seine Unterkunft.

Sie waren auf dem Weg zur Kita, als eine Mutter und ihre fünfjährige Tochter im Herbst 2017 von einem Raser angefahren und schwer verletzt wurden. Der Mann war alkoholisiert, ohne Führerschein und viel zu schnell vor einer Polizeikontrolle geflohen. In einer Neuauflage des Prozesses reduzierte das Berliner Landgericht nun das Strafmaß von 13 auf drei Jahre und zehn Monate. Ein Beleg, dass Recht nicht immer gerecht ist.

Während das Verwaltungsgericht noch über zwei Eilanträge zur Aufhebung der Maskenpflicht auf der Bölschestraße in Friedrichshagen berät, fordert CP-Leser Axel Dippmann für die Wilmersdorfer Straße strengere Kontrollen. Sein Eindruck: Rappelvoll, Abstand unmöglich, mind. 25 Prozent ohne Maske, von Ordnungsamt und Polizei keine Spur. „Ich verstehe nicht, dass es die Stadt selbst nach zwei Wochen nicht schafft, zumindest eine Beschilderung aufzustellen.“ Vielleicht hat es ja was mit Tischtennis zu tun…

Und damit zur nächsten Meldung: Vor 13 Jahren beschlossen, jetzt kommt sie – also vielleicht. Die Rede ist von der CP-bekannten Ampelanlage an der Kreuzung Hultschiner Damm/Rahnsdorfer Straße in Mahlsdorf. Inzwischen steht dort immerhin eine temporäre Bauampel, sie könnte nächstes Jahr einer dauerhaften weichen. Für die Bezirks-SPD eine Pressemitteilung wert, in der man die „Fortschritte beim Bau einer Ampel begrüßt“.

Zieht Brandenburgs Bürokratie Tesla den Stecker? Der Bau der Gigafabrik – bislang in Rekordzeit und ohne Baugenehmigung aus dem märkischen Sand gestampft – gerät nach Tagesspiegel-Informationen ins Stocken.

„Unsere stärksten Werkzeuge im Kampf gegen die Pandemie sind Eigenverantwortung und gelebte Solidarität“, sagte der Berliner FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja im Oktober. Doch ein Vorbild geben die Liberalen nicht ab. Während das Alltagsleben maximal heruntergefahren wird, besteht die FDP auf ihren Landesparteitag am 15. November. Bis zu 350 Delegierte werden erwartet – mehr als ein Zehntel aller Mitglieder in Berlin.

Es gibt sie noch – die guten Nachrichten: Die Brandenburgerin Else Troche hat ihre Corona-Infektion überstanden. Trotz mehrerer Vorerkrankungen und stolzer 97 Jahre. CP-Prognose: Diese Frau wird 120!

Die Mauer muss weg! 31 Jahre und 7 Tage nach ihrem ersten Fall, soll ein Stück Berliner Mauer ein zweites Mal fallen. In Manchester soll das Stück am 16. November weichen, damit die Polizei den Park Piccadilly Gardens besser überwachen kann, der sich zuletzt zum Hotspot von Gewalt und Drogenkonsum entwickelt hat. Ob David Hasselhoff singen wird, ist noch unklar.

Thomas Wochnik

Wochniks Wochenende

Die besten Berlin-Tipps für drinnen, draußen und drumherum.

48h Berlin

Samstagmorgen ist die beste Zeit für etwas körperliche Ertüchtigung. Wie gut, wenn dabei auch noch etwas Sinnvolles entsteht. Wer sich kunsthandwerklich ans eigene Holzmobiliar machen und womöglich sogar der Geschichte des Holzhandwerks auf die Spur kommen möchte, braucht erstmal Werkzeug – zum Beispiel aus dem Mariendorfer Geschäft von Dieter Schmid (Wilhelm-von-Siemens-Straße 23), dessen Geschäftsname „Feine Werkzeuge" keineswegs hochstapelt. Im Sortiment befindliche Bücher zu alten Holzverbindungen, Werkzeugkunde und Möbeln aus aller Welt liefern reichlich Ideen.

Samstagmittag – Apropos Hochstapeln: Wer es nicht so mit Holz und Handwerken hat, lieber Zeitung liest, aber trotzdem schöpferischen Willen verspürt, bastle sich doch einen Zeitungshocker (ein Stapel Zeitungen in gewünschter Sitzhöhe sowie zwei Gurte oder Schnüre genügen für die einfachste Ausführung). Das Möbel bietet nicht nur bequemen Sitz und soliden Stand, sondern protzt mit geistigem Reichtum und beweist, dass die Presse weit mehr kann, als manche meinen. Es gibt auch Varianten auf Rollen, mit Sitzkissen und selbst gestanzten Riemen. Mit etwas Fantasie sollten auch Liegen, ganze Sofagarnituren und der ultimative Bildungsaufstieg vom Paletten- zum Zeitungsbett möglich sein.

Samstagabend kommt das Performance-Theater ins Haus (frei Haus). Und zwar im Stream, der, erstens, nicht bloß ein kompromissbehaftet abgefilmtes Bühnengeschehen so wiedergibt, dass man eigentlich lieber live dabei wäre, sondern die Möglichkeiten seiner virtuellen Bühne auch nutzt. Zweitens, und das ergibt sich aus erstens, (Kopf-)Reisen, denn das Ereignis ist global: Im HAU4, das ist die online-Bühne des Theaters Hebbel am Ufer, findet das Festival „3hd 2020: Crisis Management“ statt und heute ab 20 Uhr dreht sich alles um den Begriff „Degrowth“, also gewissermaßen „Schrumpfung“, der nicht nur gegen das Ideal maßlosen Wirtschaftswachstums antritt, sondern für das Wachstum von Wäldern, natürlichen Landschaften und bedrohten Biotopen.

Sonntagmorgen – Apropos Degrowth: Findet das nicht auch beim Gegessenwerden statt? Dass Käse und Süßes gut zusammengehen, hat die französische Küche längst bewiesen. Die Teltower Variante von Brocciu und Feigenmamelade heißt schlicht Käsetorte und wer sich seinen sauren, salzigen oder bitteren Aufenthalt im Hier und Jetzt (denn wo und wann auch sonst?) versüßen möchte, bestelle ebenda online. Eine im Homeoffice unabdingbare Dehnübung ist auch enthalten: Das Jetzt ist so nämlich auf einige Tage erwatungsvoll gespannter Lieferzeit gestreckt.

Sonntagmittag – Wenn das sicherste JWD darin besteht, sich nicht allzu weit aus dem eigenen Fenster zu lehnen – etwa bei der Lektüre von Georg Schmidts „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“, der bekanntlich mit einem Fenstersturz begann – empfiehlt es sich, das Draußen nach drinnen zu holen. Zum Beispiel in Miniatur-Gewächshäuser, die nicht nur bei angehenden Botaniker:innen beliebt sind. Schon mit einfachsten Mitteln (simples Gestell, Folie und Blumenerde) lassen sich die Wunder der Natur zu kindlicher Freude in die heimischen vier Wände holen – aber es gibt auch fertige Bauten bis hin zu höherpreisigen Designerobjekten. Gut für Kräuter, Gemüse, Bonsais und Gärtner:innenglück.

Sonntagabend – Nach all dem Do it Yourself jetzt mal was Fertiges: Lektüreideen zum Wochenendeende und andere gemütliche Herbstabende liefert das Literarische Colloquium Berlin, das neben einem der freundlichsten Stipendiat:innen-Programme der Hauptstadt, diskursiven Exkursen und dem Reiseliterat:innen-Blog Diplomatique seit dem ersten Lockdown im April auch einen Podcast pflegt, in dem erzählt, aus jungen Texten vorgelesen und kommentiert wird, was in der Literaturwelt gerade los ist.

Mein Wochenende mit

Durchgecheckt

Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.

„Zugegeben, ein wenig fehlen mir die Badegäste an den abgelegenen Havelstränden des Grunewalds ja schon. Manchmal schnorchle ich noch nostalgiegetränkt mit umgeschnallter Haifischflosse entlang der eichenlaubbedeckten Ufer, aber es ist nicht dasselbe, wenn keiner da ist. Es ist auch niemand mehr da, der mit mir um die Wette läuft, wie es die Badegäste gerne taten, sobald sie mich aus dem Dickicht kommen sahen. Gar nicht leicht, auch jetzt noch meine schlanke Linie zu halten. Auf dem Weg vom Teufelsberg zum Postfenn begegnete ich neulich keiner Sau, was halb so wild war, denn der matschige Skihang war bergab die reinste Freude. Dann auf dem Drachenberg-Plateau schön im Regen gelegen, herrlich. Samstag soll allerdings die Sonne scheinen, da werde ich mich in die nahegelgene Kiesgrube flezen, Sonnenstrahlen zählen und mir neue Schweinereien für die Zeit nach dem Lockdown überlegen. Es sei denn, ich begegne doch noch Menschen – so ein kleiner Wettlauf wäre schon schön. Also bleibt mal lieber zu Hause.“

Lese­empfehlungen

Wer sich für Berliner Kiezkultur interessiert, ist im Bezirksmuseum Neukölln an einer der besten Adressen – gegenwärtig ist es wegen Corona geschlossen. Der Leiter Udo Göschwald, der für so ziemlich alle Alleinstellungsmerkmale des Museums verantwortlich ist, zeigt sich verständnisvoll: „Ich würde uns nicht als systemrelevant bezeichnen“, sagt er im Gespräch mit Madlen Haarbach (Abo).

Berlin exportiert laut einer IBB-Studie vor allem Pharmaprodukte, Fahrzeugteile, Mineralölerzeugnisse und Tabakwaren. Es fehlen Berliner Luft, das ein oder andere Bier und DDR-Parafernalien für Ostalgiker:innen. In seinem aktuellen Buch „Gegenwartsbewältigung“ befasst sich der Berliner Autors Max Czollek in gewohnt gewitzter Weise mit einigen der drängendsten Gegenwartsdiskurse. Czollek rezitiert nicht nur, was andere meinen, sondern zerlegt sprachanalytisch, schlussfolgert, denkt, entwickelt Positionen und Argumente und all das dicht und dennoch unterhaltsam, wie man es sich öfter wünschen würde. Erschienen beim Carl Hanser Verlag Berlin, 20 Euro.

Während manche hier und da mit Ausschlussklauseln im Kleingedruckten über den Sturz auf den Sturz des Mietendeckels spekulieren, geht derselbe in die zweite Runde. Ralf Schönball (Abo) erklärt das ab 23. November geltende Gesetz.

Wochen­rätsel

Der BER ist eröffnet. Was ist wohl vergessen worden?

a) Eine Wechselstube
b) Eine Toilettentür
c) Eine Anzeigetafel

Schicken Sie uns die richtige Lösung und gewinnen Sie einen Checkpott.

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Encore

Fade Tage im Lockdown light? Vielleicht in Berlin, doch Brandenburg schmeckt anders. Die Vorschau: Am Dienstag geht’s scharf zu in Lübbenau, denn dann beginnt die Meerrettichernte. Am Donnerstag dann ein süßer Termin im Himmelpfort bei Fürstenberg an der Havel: Der Weihnachtsmann und 20 fleißige Elfen beginnen mit dem Beantworten der vielen Kinderbriefe aus Deutschland und der ganzen Welt. Kein Gramm Fett ist dagegen am Freitag in Neustadt Dosse zu erwarten, wenn die Hengsttage des Deutschen Sportpferdes des Pferdezuchtverbandes Brandenburg-Anhalt stattfinden. Hüa, auf nach Brandenburg!

Wenn Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sind, freuen Sie sich auf Montag, dann streut Ihnen Lorenz Maroldt wieder das Salz in die Suppe. Die bittersüße Recherche kam heute von Thomas Lippold, das Stadtleben servierte Ihnen Thomas Wochnik und in den sauren Apfel der Frühproduktion biss Florenz Gilly.

Ich wünsche Ihnen ein intensives Wochenende und bleiben Sie gesund – oder wie man jetzt im Bezirksamt Xhain sagt: Bleiben Sie negativ!

Ihr Felix Hackenbruch