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Senatssprecherin Claudia Sünder verlässt das Rote RathausBerliner Bezirke haben bis Oktober dieses Jahres 1821 Wohnungen gekauftDerby-Gespräch mit „11Freunde“-Chefredakteur Philipp Köster

wir schauen zurück auf eine politische Woche in Berlin, in der sich die CDU gleich dreimal auf besondere Weise, sagen wir, hervorgetan hat:

1) Am Mittwoch veröffentlichte CDU-Landeschef Kai Wegner einen „Debattenbeitrag“ auf Xing.de. Er schreibt: „Wer Menschen aus echter oder inszenierter Seenot aufnimmt, um sie nach Europa zu transferieren, macht sich moralisch mitschuldig am Tode unzähliger Menschen, die erst aufgrund der Taxidienste der sogenannten Seenotretter dazu ermutigt werden, die Einwanderung über das Mittelmeer zu versuchen.“ Diese These ist so beliebt wie falsch. Denn es gibt keine Belege dafür, dass sich mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen, wenn sie davon ausgehen, dass Seenotretter sie zur Not aus dem Wasser ziehen. Das zeigen diverse Studien, unter anderem der Uni Oxford und der Scuola Normale Superiore in Florenz oder des „Italian Institut for International Political Studies“. Was andererseits gut belegt ist: Seit es weniger Seenotretter gibt, ist die Wahrscheinlichkeit größer, im Mittelmeer zu ertrinken: 2015 kamen bei der Passage 4 von 1000 Migranten ums Leben. Inzwischen sind es 25 von 1000. Kai Wegner ist übrigens Präsident der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG).

2) Am Donnerstag verweigerte die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus – wie angekündigt – ihre Zustimmung zu einer parteiübergreifenden Resolution, welche die Bürgerbewegungen ehrt, die die Wende herbeigeführt haben. Stattdessen brachte sie einen eigenen Entwurf ein. Interessant: Vor 10 Jahren, zum 20. Jubiläum des Mauerfalls, trug die CDU-Fraktion, damals geführt von Frank Henkel, die damalige Resolution noch mit – unter einer rot-roten Regierung.

3) Ebenfalls am Donnerstag ließ die CDU-Fraktion offenbar die Linke-Kandidatin für den Berliner Verfassungsgerichtshof, Lena Kreck, durchfallen – gemeinsam mit FDP und AfD. Ob es tatsächlich daran lag, dass es Zweifel an ihrer Eignung gab, oder dass Kreck zu parteipolitisch aufgetreten war, sei mal dahingestellt. Was bleibt, ist der Eindruck, dass die CDU einen ihrer wichtigsten konservativen Werte verletzt: die Verlässlichkeit. Denn es ist parlamentarische Gepflogenheit, dass sich die Fraktionen über die Wahl neuer Verfassungsrichter verständigen. Die CDU hätte Zweifel an Kreck also im Vorhinein äußern können. Das soll allerdings nicht passiert sein. Damit schadet die CDU dem Ansehen von Berlins höchstem Gericht und katapultiert sich in der parlamentarischen Zusammenarbeit ins Abseits.

Am Ende freut sich die AfD, deren Rhetorik in der Flüchtlingspolitik salonfähig gemacht wird, und die am Donnerstag twitterte, „mit den Stimmen der CDU“ die Wahl „der radikal-linken Verfassungsrichterin Kreck“ verhindert zu haben.

Gerade erst hat Michael Müller in seiner Rolle als SPD-Landechef eine neue Pressesprecherin gefunden (zum vierten Mal), da muss er schon wieder eine suchen – in seiner Rolle als Regierender Bürgermeister. Denn Senatssprecherin Claudia Sünder verlässt das Rote Rathaus. Das verkündete sie gestern Abend launig bei der Party zu ihrem 50. Geburtstag. Die Zeit in der Senatskanzlei beschreibt sie diplomatisch als „sehr spannend“ und „dynamisch“.

Für uns Journalisten ist Sünders Abgang auf jeden Fall ein Verlust. Denn sie war immer herzlich und gut gelaunt – und nahm sogar Anrufe entgegen, wenn sie gerade mit Freunden im Urlaub zu Abend aß. Mit ihrem Chef soll ihr Wechsel übrigens nichts zu tun haben – sagt sie. Wo es für Claudia Sünder beruflich weitergeht, lesen Sie im Telegramm (nur für Abonnenten).

Wir verabschieden uns und wünschen Ihnen ein spannendes Derby-Wochenende,

Ihre Laura Hofmann

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