Windig und regnerisch bei bis zu 8°C

Protestblockade auf den Straßen: Berlins Klimaaktivisten kleben weiter Senat und Bezirk eröffnen Impf-Drive-In mit eigener Radiostation Vorwurfspingpong: Bezirk Treptow-Köpenick kontert Beschwerde der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“

die „letzte Generation“ klebt weiter. Auch am Montag haben sich Klimaschützer:innen wieder auf Berlins Straßen fixiert, um ihre Forderung nach einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung zu bekräftigen. „Das Ziel dieser clownesken Aktionen ist die bewusste aggressive Provokation. Die Klimawende wird nur funktionieren, wenn die Mehrheit dahintersteht. Mit solchen Aktionen bewirkt man das Gegenteil“, kommentiert Kollegin Sabine Beikler. „Klar ist, dass die Klimaaktivist:innen jene Leute, die sie da gerade blockieren, kaum auf ihre Seite ziehen werden. Das ist aber auch nicht unbedingt ihr Ziel. Es liegt in der Natur von Protestaktionen, dass auch Unbeteiligte getroffen werden. Wobei – wer ist angesichts der globalen Krise unbeteiligt?“, schreibt Madlen Haarbach. Und was meinen Sie?

Umfrage: Ist es legitim, für den Klimaschutz eine Autobahn zu blockieren?

Das Leben ist kein Wunschkonzert und trotzdem: Nachdem Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) erklärt hat, dass sie sich eine autofreie Verkehrslösung am Tauentzien „vorstellen“ kann, wollten wir von Ihnen wissen, von welchen autofreien Straßen Sie so Tags träumen. Rausgekommen sind u.a. der Teltower Damm, der Müggelseedamm, der Ku’damm, Unter den Linden, die Maaßenstraße, die Konstanzer Straße, die Alte Schönhauser Straße, die Tassostraße und – besonders beliebt – die Akazienstraße sowie die Schloßstraße.

Grünen-MdB Stefan Gelbhaar hatte auch gleich einen Wunsch: die Stargarder Straße zwischen Schönhauser und Pappelallee. „Flanier-, Spiel-, Verweil- und Cafémeile, mehr Platz für Demos jedweder Art vor der Gethsemane-Kirche, die Polizei muss auch die Autos nicht mehr aus der Fahrradstraße hinaus kontrollieren (und der Autoverkehr wird auch im restlichen Teil der Stargarder abnehmen). Winwinwin.“

Winwinwin für alle, die aktuell noch mit dem Auto unterwegs sind: Am Donnerstag eröffnet auf mehr als 10.000 Quadratmetern der neue Lichtenberger Impf-Drive-In. Mehr als 600 Impfungen sollen dort täglich erfolgen; vorerst mit BionTech und Moderna, später auch mit Novavax. Das Besondere: Alle Infos lassen sich via Autoradio über einen eigens eingerichteten Sender (95,2 MHz) empfangen. Für Mitarbeiter:innen der Gesundheitsberufe, Pflegedienste und Blaulichtorganisationen gibt es eine Fast-Lane. Geplant sind außerdem Sonderevents wie Impf-Cinemotion (Autokino) und ClubPiex (als Latenight-Version). Großstadtabenteuer Impfung! Kreativkompliment geht ans Bezirksamt & die Gesundheitssenatsverwaltung.

Stichwort Service: Vielleicht wussten Sie es nicht, aber seit mehr als 40 Jahren bietet die Bürgerberatung der Senatskanzlei Berliner:innen Unterstützung bei „vielfältigen Problemen und Fragen“. Angebot einerseits, „ein wichtiger Indikator für die Zufriedenheit der Berlinerinnen und Berliner mit ihrer Verwaltung, für Brennpunkte, Fehlerquellen und Verbesserungsbedarf“ andererseits. Rund 2.200 Personen haben die Beratung 2021 jeden Monat in Anspruch genommen, heißt es auf Checkpoint-Anfrage. Die Top-Anliegen? „Das übergreifende Thema war die Corona-Pandemie“ – insbesondere zu Zeitpunkten, „an denen neue Maßnahmen angekündigt wurden, gab es viele Fragen zu den Maßnahmen selbst und Nachfragen, die mit Detailregelungen verbunden waren“. Außerdem Dauerbrenner: die Einschränkungen beim Bürgerservice („Terminvergabe bei Bürgerämtern und Standesämtern“) sowie Unterstützungsbitten „bei der Suche nach preisgünstigem Wohnraum in Berlin“.

Na, da interessiert uns natürlich, was die Bürgerberatung rät, wenn man keine bezahlbare Bleibe findet! Die schlechte Nachricht: „Die Vermittlung für Wohnungssuchende oder Ähnliches, nimmt die Bürgerberatung aus Gleichbehandlungsgründen nicht vor.“ Stattdessen „kann auf weitere Beratungsangebote verwiesen werden, die nicht alle Menschen, die sich an die Bürgerberatung wenden, kennen“. Die Beratungsstelle empfiehlt also weitere Beratungsstellen. Nun denn. Immerhin: Alle Anliegen der Beratungsstelle – also der ersteren – Sie kommen noch mit? – werden ausgewertet und den entsprechend verantwortlichen Hausleitungen vorgelegt.

Und auch die Regierende verschafft sich in „regelmäßigen Bürgersprechstunden einen direkten Überblick“ über die Sorgen und Nöte. Dazu kommentiert Johann Wolfgang von Goethe: „Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun.“
 

Vorwurfspingpong, Aufschlag Politik: Nachdem der Bezirk Treptow-Köpenick gegen die Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ gewettert hat (weil sie den vereinbarten Grundstückstausch ablehnt) und „Stadt und Land“ zurückgewettert hat (dass bis heute keine Baugenehmigung eingegangen sei), wettert jetzt wieder der Bezirk:

„Die Wohnungsbaugesellschaft STADT UND LAND lässt über die Presse (Tagesspiegel-Checkpoint vom 07.02.2022) mitteilen, sie habe die Baugenehmigung für das Bauvorhaben zur Nachverdichtung der Wohnbebauung Am Plänterwald/ Orionstraße bislang noch nicht erhalten. Hierzu bedarf es einer Klarstellung (...). Die bezirkliche Bauaufsicht hat den Antragsteller am 03.02.2022 telefonisch über die erteilte Baugenehmigung informiert und ihm diese am 04.02.2022 vorab per E-Mail zugesandt. Das Papierexemplar ist parallel per Post unterwegs. Eine Abholung per Kurier kam leider nicht zustande.“

Den Vorwurf der Verschleppung weist man „ausdrücklich“ zurück. Im Gegenteil: Das Bezirksamt habe sogar „abteilungsübergreifend und unter Einsatz erheblicher Personalressourcen“ an einer schnellstmöglichen Umsetzung gearbeitet. Alles gegeben.

Bis es zur Vielleicht-Umsetzung des Enteignungs-Volksentscheids kommt, wird’s noch ein Weilchen dauern. „Noch schlimmer als Enteignung ist Unsicherheit über so eine Frage“, sagte Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) am Montagabend beim virtuellen Neujahrsempfang des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller. Was er außerdem zu seiner Berufung als Wirtschaftssenator sagte: „Ich war genau so überrascht wie Sie, nur etwas früher.“ Und auf die Frage zur Trennung seiner Rolle als Miteigentümer der GRG Services Group (die landeseigene Unternehmen putzt): „Die Debatte ist nicht falsch.“ In anderen Ländern sei es allerdings viel normaler, dass Personen zwischen Wirtschaft und Politik wechseln. Anmerkung der Redaktion: Ja, das war aber nicht die Frage.

An dieser Stelle werfen wir noch einen kurzen Blick auf das außenpolitische Geschehen: Ein russischer Einmarsch in die Ukraine würde Joe Biden zufolge das Aus für Nord Stream 2 bedeuten. Das sagte der US-Präsident am Montagabend in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz („Wir werden bei den Sanktionen komplett einvernehmlich agieren“). Noch mehr Nachrichten aus Deutschland und der Welterhalten Sie mit unseren überregionalen Newslettern „Morgenlage“ und „Abendlage“. Morgens um 6 Uhr & abends um 18 Uhr informieren unsere Kolleg:innen aus dem Newsroom und dem Hauptstadtbüro (Einschätzungen und exklusive Recherchen inklusive). Gut 57.000 Abonennt:innen zählen die Newsletter bereits. Sie wollen auch dazu gehören? Hier entlang.

Telegramm

Ü-Ei: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Lockerungen der Corona-Beschränkungen „deutlich vor Ostern“ in Aussicht gestellt (Q: Bild). Die 2G-Regel im Einzelhandel wollen Brandenburg und Berlin bereits jetzt aufheben.

„Das Ganze dauert – und es nervt“, kommentiert Richterin Christiane Lange-Granert den jahrelangen Rechtsstreit um die „Kadterschmiede“. Das Berliner Landesgericht schlägt jetzt einen Vergleich vor: Die Betreiber:innen dürfen bleiben, zahlen nichts rückwirkend, dafür allerdings künftig 650 Euro Miete. Beide Parteien wollen zumindest darüber nachdenken.

Ob Amtsarzt Patrick Larscheid wohl länger darüber nachgedacht hat, als er Berlins Regierende Franziska Giffey und Ex-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci als „Micky Maus-Duo“ bezeichnete? Das Bezirksamt Reinickendorf jedenfalls stellt auf Anfrage des Bezirksverordneten Frank Marten (CDU) fest: „Wäre diese Äußerung, in der vom Tagesspiegel dargestellten Weise, so gefallen, würde diese die Haltung des Bezirksamtes weder inhaltlich noch stilistisch widerspiegeln.“

Lolli rein, sicher sein? Eher nicht. Die Kleinkinder-Tests scheinen schlechter zu funktionieren als zunächst gedacht. Das Paul-Ehrlich-Institut untermauert entsprechende Beobachtungen von Eltern und Kitas durch eine Sicherheitsangabe von 39 Prozent „bei mittlerer Viruslast“ (mehr dazu hier mit T+).

„Da hat uns gestern tatsächlich die Kita doch wieder abgesagt. Mit der Begründung, dass Peps noch keine Betreuungserfahrungen hat. Die suchen Kinder ab zwei!“, schreibt uns eine Leserin. Demnächst dann im Berlin-Angebot: Boot-Camp „Bewerbungstraining“ für Kids im Krippenalter.

Auf zwei Rädern unterwegs sein, sollen künftig mehr Berliner Polizist:innen. Die Koalition will die Fahrradstaffel (derzeit 60 Beamte) verdreifachen. Die Zahl der Bodycams (derzeit 30) soll außerdem auf bis zu 300 Geräte aufgestockt werden.

Dazu eine Blaulichtmeldung aus Bayern: Unbekannte haben mehrere 90er-Jahre-Pornohefte in einen Straßengraben in Mittelfranken geworfen. Die Polizei ermittelt wegen „Verbreitung pornographischer Schriften“ – und bittet um Hinweise.

In Berlin hat das LKA nach einem Einbruch ins Rathaus Reinickendorf die Ermittlungen übernommen. Die Täter:innen sprengten in der Nacht zu Montag einen Tresor, flohen allerdings ohne Beute. Aufgrund der Spurensicherung blieb das Bürgeramt am Montag geschlossen, Betroffene wurden über Termin-„Alternativen“ informiert. Pointe schreibt sich an dieser Stelle selbst.

Charlottenburg-Wilmersdorf sucht übrigens eine „Leitung des Amtes für Bürgerdienste“ (!). Die Neubesetzung wird im Rahmen eines „Wissenstransfers“ stattfinden.

Zitat

„Ich habe meinen Beruf noch nie so geliebt wie jetzt“

Kerstin Schwitters, Lehrerin in Berlin, in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel (T+)

 

Tweet des Tages

kein Ort ist so einsam wie die Videokonferenz bevor die anderen Teilnehmer*innen beitreten

@elhotzo

Stadtleben

Essen – Bei Heißhunger in der Mittagspause kommt man in den erst kürzlich eröffneten Räumlichkeiten in der Invalidenstraße 112 köstlich auf seine Kosten. Fernab von Amerika lädt das „Diner Dashi“​​​​​​​ mit simplem Innendesign und viel dunklem Holz zu asiatischem Augen- und Gaumenschmaus ein: Korokke Curry, Chicken Katsu Sando Sandwich oder Szechuan Fries getoppt mit Koriander. Eine Fusion von Elvis-Epoche mit Asian Soul Food in Berlin. Di-Sa 11.30-15.30 Uhr, U-Bhf Naturkundemuseum

„Wir sind die Neuen“

60 der insgesamt 147 Parlamentarier sind in dieser Legislaturperiode neu im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Checkpoint stellen wir sie vor.

Name: Sven Meyer (SPD)
Beruf: „Ich habe Philosophie, Geschichte und Politik studiert und im Anschluss vor allem als Dozent in der Pflegeausbildung gearbeitet.“
Alter:  46 Jahre
Wahlkreis: Reinickendorf (WK 4)
Berliner Lieblingsort: Botanischer Garten, Tegeler See und Tegeler Fließ
Eine Sache, auf die ich mich 2022 in Berlin freue: „​​Hoffnung auf ein Ende der Pandemie und Normalisierung des Lebens, Freunde wieder entspannt Treffen.“

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Jürgen Kruse (63), Theaterregisseur, u.a. am DT / Bruno Labbadia (56), ehem. Hertha-Trainer / „Am 8.2.2022 wird mein geliebtes Enkelkind Pieti schon 4 Jahre alt! Viele Grüße nach Kapstadt von Oma Ingrid“ / Matthias Schmidt (59), ehem. für die SPD im BT / Melanie Semmer (51), freischaffende Architektin und 2. Vorsitzende des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg (AIV) / June Tomiak (25), ehem. für die Grünen im AGH / Fabian Wiede (28), Handballer bei den Füchsen / Lothar Wieler (61), Präsident des Robert Koch-Instituts / Martin Wuttke (60), Schauspieler und Regisseur / Nachträglich: „Mein Studienfreund Karl-Heinz Knüfermann hatte am 07.02. seinen 70 .Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch aus der Leydenallee" / Nachträglich: „Heide Kortwich, 78 wunderbare Jahre; Gelassenheit, Frohsinn und  goldene Zeiten wünscht dir die kleine Schwester“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – „Unser aufrichtiger und feiner Freund Hanne Brockelmann, * 02.12.1929, Studiendirektor“ / Günter Kordaß, * 10. Mai 1937, Vorsitzender Richter am Landgericht i.R. / Bernhard Marienfeld, * 14. Dezember 1928 / Harald Schulz, Berliner Wasserbetriebe / Ulrike Semler, * 5. Oktober 1966

Stolperstein – Fanny Thoman kam am 23. Dezember 1881 in Szobránc/Sobrance zur Welt. Am 26. Oktober 1943 deportierten die Nationalsozialisten sie nach Ravensbrück, wo sie heute vor 77 Jahren ermordet wurde. In der Koserstraße 21 in Dahlem liegt ein Stolperstein, um an Fanny Thoman zu erinnern.

Encore

Bleibt noch die Frage, ab wann man ein „echter Berliner / eine echte Berlinerin“ ist (CP von gestern). Eine Auswahl Ihrer Antworten:

„Wie lang muss ein Huhn durch den Wald laufen, bis es ein Fuchs wird…“ / gar nicht / man muss in Berlin geboren sein / die Eltern und Großeltern müssen in Berlin geboren sein / man muss alle Folgen von „Drei Damen vom Grill“ gesehen haben / man sagt „Dreiviertel fünf“, „Schrippe“ & „Sonnabend“ (Sonnahmt) / „Toleranz – nicht Gleichgültigkeit! – ist eine Berliner Eigenschaft“ / man interessiert sich nicht nur für xhain, Neukölln und Prenzlauer Berg, sondern auch für die Stadtteile außerhalb des Rings („angeborene Neugier“) / man verbringt jedes Jahr Weihnachten in Berlin und fährt nicht „nach Hause“ / man muss sich vorstellen können, „hier oder zumindest in der Region“ alt zu werden oder „als gebürtiger Berliner in die Stadt zurückkehren, weil sich DNA nicht abschütteln lässt“ / „Bald 60 Jahre wohne ich in Mannheim aber noch immer fühle ich mich als Berliner“.

Checkpoint-Analyse: Berliner wird man nicht, Berliner fühlt man.

Viel Herz in diesen Checkpoint gesteckt haben heute Matthieu Praun (Recherche), Sophie Rosenfeld (Stadtleben) und Lionel Kreglinger (Produktion). Morgen grüßt Sie hier Robert Ide. Machen Sie’s gut.

Ihre Ann-Kathrin Hipp

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