Michael Müller nutzte gestern Abend den „Rathaus-Dialog“, um seine Ideen für ein solidarisches Grundeinkommen zu präzisieren – so nannte er neben Schulen und Parks einen weiteren möglichen Einsatzort für Arbeitslose: den BER. „Da gibt es ja noch viel zu tun“, sagte der Regierende – immerhin: Er musste selber lachen. Sonst hätten wir’s getan.
„Fußverkehr soll sicherer, gesünder und möglichst barrierefrei werden“, verkündete Verkehrssenatorin Günther gestern bei der Vorstellung der nächsten Stufe des Mobilitätsgesetzes. Apropos barrierefrei: Zurzeit sind 27 Aufzüge in Berliner S&U-Bahnstationen außer Betrieb (Stand heute früh um 5 Uhr). Und noch was zur Barriere(un)freiheit: Seit Dezember ist der stufenlose Eingang zur Wirtschaftsverwaltung wegen der defekten Automatiktür gesperrt. Erst war keine Fachfirma für die Reparatur zu finden, also wurde entschieden, die Tür zu ersetzen, wozu eine Ausschreibung nötig ist, und wenn die durch ist, kommt der Denkmalschutz ins Spiel. Dann wird bestellt – was nochmal ein paar Wochen dauert. Prognose: Wie gegenüber im Schöneberger Rathaus – dort warten sie seit einem Jahr auf den Austausch des kaputten Treppenlifts zum Bürgeramt.
Lange nächtliche Mail von Ex-Bäder-Betriebe-Vorstand Ole Bested Hensing– vehement widerspricht er dem BBB-Kommunikationschef Matthias Oloew, der behauptet hatte: „Zu viel Spaß dürfen die staatlichen Bäder nicht bieten, denn sie dienen der Daseinsvorsorge.“ Das, so Bested Hensing, gibt es nur in Berlin: Spaß? Wo kommen wir denn da hin! Auch dass es hier zehn Jahre dauern soll, ein neues Schwimmbad zu bauen, lasse sich nur erklären mit der Gewöhnung an Projekte wie den BER. Mehr zur Kritik an der Berliner Bäderpolitik gibt’s nachher auf tagesspiegel.de.
Ausgerechnet am Weltglückstag landete Berlin bei der Studie zur Lebensqualität auf Platz 13. Aber irgendwas stimmt nicht mit der Liste (231 Städte weltweit) – denn auf Platz 1 steht Wien. Wien? Bei einer spontanen Checkpoint-Umfrage haben wir dazu folgende Kommentare eingesammelt: „In Wien stellen sich die Nullen vor den Einser“ (Karl Kraus), „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ (Georg Kreisler) und: „Eine Zeitlang genoss er diese oberflächliche, üppige Szenerie, die in der wenigst natürlichen Stadt der Welt den Menschen von sich selber trennt“ (Albert Camus) – aber dann…
Noch eine Umfrage? Ok: Berlin ist nicht unter den zehn teuersten Städten der Welt. Wien aber auch nicht. (Q: Handelsblatt)
Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, soll Intendant des Humboldt-Forums werden – Kulturstaatsministerin Monika Grütters lobt den künftigen Schlossherren: „Er kennt die deutsche Politik und die kulturpolitischen Schnittstellen zwischen Bund und Ländern aus langer Erfahrung.“ (Q: FAZ). Daraus lässt sich schließen: Ein Teil des Gehalts wird als Schmerzensgeld ausgezahlt.
Telegramm
Drei Milliarden Euro haben Berliner Startups im vergangenen Jahr an Risikokapital eingesammelt – nur in London gab's mehr (4,9 Mrd).
„Görli hinter Gittern“, titelt die „Berliner Zeitung“ im Lokalteil – zum 1. Mai veranstaltet der Bezirk das Chaos jetzt lieber selbst.
Der Senat hat das „Aktionsprogramm für eine sichere und gute Geburt“ beschlossen. Sorry, für eine?
Die Wohnungsnot wird immer schlimmer, wie eine Anzeige bei Immoscout zeigt: „1-Zi-Wohnung sucht Nachtmieter“, heißt es da – unklar bleibt, wer die Plattenbaubutze in Buckow (Neukölln) tagsüber nutzt.
Dann vielleicht doch lieber einen 24-h-Stellplatz in Steglitz (Hinterhof, sicher groß genug für ein Zelt), den gibt’s schon für 128,52 € kalt plus MwSt, Ausstattung: „Umlegbarer Absperrpfosten“. Es kommentiert Kaiser Franz Beckenbauer: „Da legst di nieda.“
Die Folgen der Gentrifizierung haben jetzt auch die Späti-Kühlschränke in Kreuzberg erreicht, wie dieses Foto hier meines Kollegen Hendrik Lehmann beweist – Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann zeigt sich irritiert („Rotkäppchen?“). Der trockene Kommentar von Checkpointer Robert Ide: „Sektakulär.“
Und mal wieder Anwaltspost – der Ex-Gauland-Mitarbeiter mit Bundestags-Telefonnummer, der früher in der rechtsextremistischen Nachwuchsorganisation HDJ als Materialbeschaffer wirkte, plädiert auf Jugendsünde und möchte nicht identifizierbar sein. Unter den Begründungen auch diese: „Unser Mandant hat seine Mitgliedschaft in der HDJ niemals öffentlich thematisiert.“ Tja, das ist genau das Problem (das politische jedenfalls).
Noch mehr AfD-Mitarbeiter mit rechtsradikalem Hintergrund hat die „Welt“ im Bundestag gefunden – offizielle Auskünfte wurden allerdings verweigert, Begründung: „Privatsache.“
Dem Neuköllner AfD-Stadtrat Bernward Eberenz war es mit solchen Privatsachen schon länger zu braun geworden – gestern wechselte er zur CDU.
„Zu FRÜHling gefreut“, heißt es in der „B.Z.“, „Spätlingsanfang“ im Tagesspiegel, und der April kommt ja erst noch. Aber Schnee hin, Kälte her: Am Sonntag früh um 2 Uhr beginnt die Sommerzeit.
Falls Sie zufällig Sitzmöbelhersteller sind, hätten wir hier was für Sie: Am Flughafen Schönefeld werden 2000 Stühle ausgetauscht, die Ausschreibung ist gerade raus – Laufzeit 60 Monate, und ja, selbstverständlich: „Dieser Auftrag kann verlängert werden.“
Hier noch eine Durchhalteparole des Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB), Rainer Bretschneider (Hinweis: Achten Sie auf das Wörtchen „mit“): „Vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung haben die Gesellschafter ihre grundsätzliche Bereitschaft bekräftigt, die Gesamtfinanzierung der FBB mit abzusichern und am Inbetriebnahmetermin Oktober 2020 festzuhalten.“
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„In Berlin machen wir gar nichts.“
Desiree Freiin von Künsberg, „Berlin-Schönefeld Projektentwicklungs- und Baubetreuung“. Sie beschreibt einen Trend: Immer mehr Investoren verabschieden sich ins Umland – vor allem die Gegend um den BER wächst stark.
Stadtleben
Essen & Erinnern im Rathaus Kreuzberg (Yorckstraße 4-11). Der Mittwoch ist traditionell Waffeltag in der Kantine des Rathauses, die über den Dächern Berlins liegt und Mo-Fr 7-15 Uhr geöffnet ist. Die günstigen Gerichte wechseln täglich, eine Speisekarte gibt es hier. Neben dem kulinarischen Dachgeschoss und dem Bürgeramt bietet das Gebäude aber noch anderes. Um 17.45 eröffnet Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann eine Ausstellung zur Erinnerung an ihren Vorgänger Dr. Carl Herz, der bis 1933 regierte. Herz wurde von der SA aus seinem Amt als Bürgermeister Kreuzbergs entlassen und floh nach seiner Rettung vor dem Konzentrationslager ins Exil. Die Ausstellung bleibt bis zum 18. April in der 1. Etage. Mo,Mi,Fr 8-13 Uhr, Di&Do 8-12 Uhr sowie 13-18 Uhr. U-Bhf Mehringdamm, der Eintritt ist frei.
Trinken Wer schon mal in der Nähe ist, kann auch im Café Wirtschaftswunder vorbeischauen. Es liegt gegenüber vom Rathaus Kreuzberg, und ist täglich ab 17 Uhr geöffnet. Tagsüber kann man seinen Kaffee schlürfen, abendsverwandelt sich das „Wiwu“ dann in eine Bar. Die Einrichtung schafft ein Ambiente, das an die 50er-Jahre erinnert, mit dem Unterschied, dass es fürRaucher und Nichtraucher jeweils einen eigenen Bereich gibt. Yorckstraße 81, U-Bhf Mehringdamm