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Verwirrende Hinweise für Wahlhelfer bei der EuropawahlBerlins emsigster Senator„Europas größter Fußballchor“ auf der Fanmeile

von Daniel Böldt
und Lotte Buschenhagen
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das große Donnerwetter blieb Berlin gestern erspart. Der Feuerwehr war das bisschen Starkregen nicht mal eine eigene Einsatz-Meldung wert. Ex-Senatsdirigent Hans-Georg Kauert fühlte sich ob der Unwetter-Warnungen von den Meteorologen dann auch „etwas veralbert“, wie er auf der Plattform „X“ schrieb – woraufhin Ex-Bezirksbürgermeister Monika Hermann antwortete: „Bei uns donnert es noch…“

Nun ja, wir schweifen schon recht früh ab. Richtig ist, dass die Fanmeile gestern vorsichtshalber geschlossen blieb, was zahlreiche Türkei-Fans nicht davon abhielt, den 3:1-Sieg ihrer Mannschaft auf den Straßen zu feiern (Videobeweis hier).

Zum heutigen Spiel Deutschland gegen Ungarn soll die Fanmeile wieder öffnen. Und falls Sie die Bier- und Bratwurstpreise dort nicht abschrecken, sollten Sie schon mal Ihre Stimmbänder dehnen! Denn die Deutsche Chorjugend will die Berliner Fanmeile heute in den „größten Fußballchor Europas“ verwandeln. Gesungen werden soll unter anderem „You’ll never walk alone“, die Europahymne und natürlich: „Major Tom“. Unser tägliches EM-Checkpoint-Tippspiel (auch hier gibt’s einen Videobeweis) finden Sie im Encore – heute mit Eishockeylegende Sven Felski.

Haben Sie noch vor, auf die Fanmeile zu gehen?

Ist denn noch Wahlkampf?! Die Europawahl mag vorbei sein, doch die Parteien werben immer noch an jeder Ecke um Berliner Stimmen. Dabei müssten die Wahlplakate eigentlich seit Sonntag abgehängt sein: Eine Woche haben die Parteien nach einer Wahl, um ihre Werbung zu entfernen.  
Zuständig für Kontrolle und Bußgelder sind die Ordnungsämter der Bezirke – laut dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf gilt es als Ordnungswidrigkeit, wenn die Plakate nicht wieder mitgenommen werden – drohendes Bußgeld: bis zu 10.000 Euro.

Zur Wahrheit gehört natürlich: Wahlplakate hängen nach jeder Wahl noch etwas länger herum als erlaubt. Berlins größtes Problem ist es sicher auch nicht. Wen es dennoch stört, der kann seinem Ärger beim Ordnungsamt hier Luft machen.

Schwerwiegender sind die Einwände eines Wahlhelfers, die uns per Mail erreichten. Sie betreffen die Vorgaben, wann ein Stimmzettel gültig zu werten ist und wann nicht. Das wird in Berlin und Brandenburg offenbar sehr unterschiedlich bewertet.

Ein Beispiel aus dem Schulungsmaterial für Wahlvorstände: ein negativer Kommentar auf dem Wahlzettel in der Zeile einer Partei, die nicht angekreuzt wurde. In diesem Szenario würde Brandenburg laut Schulungsmaterial die Stimme als ungültig werten, Berlin aber als gültig.

Im Bundeswahlgesetz heißt es: Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel unter anderem „einen Zusatz oder Vorbehalt enthält“. Die Bundeswahlleiterin schreibt außerdem: Erforderlich sei nicht, dass der Kommentar Unklarheit über den Wählerwillen hervorrufe. „Auch Beifügungen, deren Bedeutung eindeutig ist, können unter Umständen die Stimmabgabe ungültig machen.“

Dass Wahlvorständen in Berlin (anders als in Brandenburg) etwas anderes suggeriert wird, erklärt Landeswahlleiter Stephan Bröchler auf Checkpoint-Anfrage: Die Wahlvorstände würden im Rahmen der Schulungen „über die geltenden gesetzlichen Vorschriften informiert”. In der Praxis gebe es aber eine „Vielzahl denkbarer Kennzeichnungen der Stimmzettel”, die nicht erschöpfend geregelt werden könne.

Zudem gebe es in der Fachliteratur „unterschiedliche Beispiele und Bewertungen“. Die gute Nachricht: Nach der Vielzahl der Wahlen in Berlin gehe man nun „mit Elan die Modernisierung des Schulungsmaterials“ an – und beseitigt dabei ja vielleicht auch die ein oder andere Unklarheit.

Außerdem mache das Beispiel deutlich, dass es sinnvoll sein könne, „sich über einzelne Fragen bundesweit noch einmal abzustimmen.” Bröchler werde das Thema daher mit in eine der nächsten Besprechungen der Bundeswahlleiterin mit den Landeswahlleitern nehmen.

Sie wollen noch mehr exklusive Nachrichten aus Berlin? Dann probieren Sie den Checkpoint in der Vollversion aus. Dort erfahren Sie heute unter anderem, wer Berlins fleißigster Senator ist – und was er selbst dazu sagt. Und wir gehen der Fragen nach, ob der Senat neben dem ganzen Haushaltschaos, das er angerichtet hat, nicht nebenbei auch noch das Haushaltsgesetz gebrochen hat.

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Meine Lese-Empfehlungen für Sie heute:

+ Fußball-EM gucken im Theater, auf dem Flugfeld oder in der ehemaligen Stasi-Zentrale: Wir haben die besten Public-Viewing-Adressen aus den Berliner Bezirken gesammelt.

+ Allein in den letzten zwei Monaten wurden in Berlin 2716 Personen im neuen zentralen Einwanderungsamt eingebürgert. Das Ziel von 20.000 Einbürgerungen pro Jahr könnte damit sogar bald übertroffen werden, schreibt Anna Thewalt.

+ Der rassistische Angriff auf eine ghanaische Familie am Wochenende löste bundesweit Entsetzen aus. In der Kleinstadt Grevesmühlen sind viele nicht überrascht. Es hat sich eine offen rechtsextreme Jugendkultur etabliert. Eine Reportage von Julius Geiler.

Telegramm

Nach den Besetzungen an Unis durch pro-palästinensische Aktivisten erreicht die Angst vor Ausschreitungen nun auch Berliner Schulen. Das Gymnasium Tiergarten sagte die feierliche Übergabe der Abitur-Zeugnisse im Delphi ab, da laut Schulleitung „massive konfrontative politische Kundgebungen durch einen großen Teil des diesjährigen Abiturjahrgangs geplant“ seien. Details zu dem Fall gibt’s hier.

Nicht eins, nicht zwei, nein, ganze drei der zehn teuersten Wohnhäuser, die derzeit zum Verkauf stehen, liegen laut dem Portal „Immoscout24“ in Berlin. Deutschlandweit auf Platz zwei und damit Spitzenreiter in Berlin ist ein bescheidenes „monumentales Seegrundstück“ in Berlin-Grunwald. Die Eckdaten: 22 Zimmer, darunter zehn Badezimmer, 1210 Quadratmeter insgesamt und fünf Garagen. Das alles gibt’s für nur 13,5 Millionen Euro. Fast geschenkt.

Nach Einzug empfehlen wir zwecks Einrichtung ein Blick auf die Auktionen des Zolls: Aktuell werden in Berlin unter anderem ein beiges Dreisitzer-Ledersofa (75 Euro), zwei rund drei Meter lange Surfbretter (ab 90 Euro) und zwei Übergangsjacken (15 Euro) versteigert – falls es Sie in so einem großen Haus mal fröstelt.

Wer spielt heute noch mal bei der EM? Kroatien-Albanien, Deutschland-Ungarn und, ach ja: Rochen vs. Haie! Das Sea Life-Aquarium in Mitte (Sie wissen schon: Das mit dem zerbrochenen Aquadom) lässt seine Fische kicken. Weil die Meeresbewohner nicht ins Stadion könnten, lasse man Marmor-, Nagel- und Fleckenrochen gemeinsam mit den Katzenhaien und Knurrhähnen in ihren Becken den „ultimativen EM-Ball-Test" durchführen. Läuft natürlich alles unter das „Beschäftigungskonzept” für die Fische des Aquariums. Anstoßzeiten finden Sie hier.

Kurzer Blick in die Berliner Ausschreibungen: Die Polizei sucht einen Sachverständigen in der Daktyloskopie im LKA! Mit Gedichtanalysen (Wie ging gleich der daktylische Hexameter?!) hat das nichts zu tun, wohl aber mit Detektivarbeit: Hinter der Daktyloskopie verbirgt sich das Untersuchen von Fingerabdrücken und Co. – nicht zuletzt für „Behördengutachten für gerichtliche Beweisverfahren”, so die Ausschreibung. Wem das zu einfach ist, lotst stattdessen Kinder durch den Berliner Berufsverkehr: Steglitz-Zehlendorf sucht aktuell eine „Schulwegbegleitung” von Wohnung bis Schulhof.

Apropos Polizei: Die Beamten brauchen auch neue Hütchen, konkret: 2000 wasserabweisende Barrette. „Es handelt sich um eine Art Baskenmütze ohne Zipfel aus gewalkter Strickware, mit rundem Deckel, Innenfutter, Mützenrand mit Leder eingefasst und eingelegtem Zugband, das an der hinteren Mitte zu einer Schleife gebunden ist”, heißt es in der Ausschreibung. Griff bitte „weich und schmiegsam“. Soll ja kuschlig sein.

Name für Teich gesucht! Auf dem ehemaligen Kiesumschlagplatz am Napoleonkai in Mitte ist ein neuer Naturraum entstanden – samt 900 Quadratmeter großem Gewässer. Letzterer trägt bisher den sehr korrekten Namen „Grundwasserteich“, weshalb der Bezirk kreative Verstärkung braucht: Bis zum 30. Juni können Namensvorschläge an kjbm@berlin.de eingereicht werden. Parkeröffnung und Teich-Taufe sind am 15. Juli, den erfolgreichen Namensgebern verspricht der Bezirk „eine Überraschung“.

Plansche I: Das Bezirksamt Treptow-Köpenick warnt Besucher des Südost-Wasserspielplatzes „Plansche“ vor den Haaren des Eichenprozessionsspinners, die allergische Reaktionen auslösen können. Die Eichen am Spielplatz würden zwar regelmäßig kontrolliert, aber: Ausschließen, dass die Härchen aus dem Plänterwald hinüberfliegen, könne das Amt nicht. Ergo: Augen auf – oder ab in den Norden, siehe nächste Meldung.

Plansche II: Nach drei Jahren Sanierung öffnet in der Singerstraße am Donnerstag in Mitte die örtliche „Plansche“ endlich wieder – samt neuer „Wassersprühelemente”. Zur Einweihung kommen übrigens gleich zwei Stadträte und ein Staatssekretär vorbei. Auch irgendwie ein Gummistiefel-Termin.

Wenn Sie, wie wir, nicht genug vom täglichen Checkpoint-Comic „Berliner Schnuppen“ bekommen können (gibt’s exklusiv in der Checkpoint-Vollversion), noch ein Hinweis zum Schluss: Zeichnerin Naomi Fearn war zu Gast im Podcast „Optisch definiert. Der Podcast übers Comics Machen“ und erklärt dort unter anderem, wo die „Berliner Schnuppen“ entstehen. Reinhören lohnt sich.

Zitat

„So dreckig. So hart. So oft viel zu viel. Aber ich könnte nirgendwo anders so schrecklich glücklich sein wie in Berlin.“

Lara Eckstein auf X (via @lara_eck)

 

Kiekste

Wer spielt hier bitte gegen wen? Eine abenteuerliche Aufstellung gesehen von Marion Mienert in Wilmersdorf. Weitere Shots gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Lieber Papa/Opa/Erdmut, liest Du auch an Deinem Geburtstag den Checkpoint? Wir gratulieren Dir zum Geburtstag und freuen uns, heute mit Dir zu feiern.“ / Jake Hildebrand (31), Eishockeytorwart, Torhüter der Berliner Eisbären / Christian Kahrmann (52), Schauspieler (u.a. Benny Beimer in der „Lindenstraße“) und Gastronom, betrieb in Berlin bis 2020 das Café „Kahrmann’s Own“ / Rainer Langhans (84), „Kommunarde“, Filmemacher und Autor / David Christopher Georg Lauer (40), Politiker (ehemals Piratenpartei, dann SPD, jetzt Grüne), von 2011 bis 2016 war er Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses / Susanne Linke (80), Tänzerin und Choreografin, Anfang der neunziger Jahre gründete sie die „Company Susanne Linke“ am Hebbel-Theater Berlin / „Der guten Seele unseres Chores ‚Die Herzschrittmacher‘ Jürgen M. wollen wir heute gratulieren und danken für seinen unermüdlichen Einsatz, Du bist großartig!“ / Ulrich Mählert (56), Zeithistoriker, Mitarbeiter der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur / Nikola Richter (48), Verlegerin und Schriftstellerin, gründete das Online-Literaturmagazin „schriftstelle.de“, den Digital-first-Verlag „mikrotext“ und zusammen mit Timo Berger die Berliner Lesebühne „visch & ferse“ / „Die Patientinnen gratulieren Sabine Sonnenburg, Heilpraktikerin in Charlottenburg, ganz herzlich zum Geburtstag“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

GestorbenMichael Elze, * 5. April 1946 / Hannelore Jacklowsky, * 5. Juni 1943 / Dr. Rolf-Peter Lange, * 29. Januar 1944 / Dr. Joachim Tiltag, * 21. Juni 1937 / Prof. Dr. Klaus Töpfer, * 29. Juli 1938

StolpersteinAlexander Westermayer wurde am 29. Oktober 1894 geboren. Er war u.a. Mitglied beim Spartakusbund und im „Bund Deutscher Sozialisten“, 1943 schloss er sich der Widerstandsgruppe „Europäische Union“ an. Die Gruppe versteckte Verfolgte des NS-Regimes. Er war zweimal verheiratet und hatte zwei Söhne. Am 9. September 1943 wurde er von den Nazis verhaftet, der Mitarbeit an einer „staatsfeindlichen Organisation“ und der Vorbereitung zum Hochverrat für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde am 19. Juni 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden mit dem Fallbeil vollstreckt. An Alexander Westermayer erinnert ein Stolperstein in der Bayreuther Straße 41 in Schöneberg.

Wer in Berlin über die Gedenktafeln stolpert und mehr wissen will: Mit einem Klick gelangt man über die App „Stolpersteine – Die Schicksale“ zu den Biografien der Verfolgten.

Encore

Achtung, Videobeweis! Nachdem wir uns die Ergebnisse des vergangenen Tippspiels (Montag) nochmal mit wachem Auge angeschaut haben, mussten wir feststellen: Nicht Flughafen-Chefin von Massenbach, sondern Kolumnist & Kabarettist Frank Lüdecke hat erneut gewonnen! Im (neuen) gestrigen Duell traten damit offiziell Frank Lüdecke und Frank Zander gegeneinander an.

Ihre Tipps:

Türkei vs. Georgien (FL 2:1 FZ 3:1)

Portugal vs. Tschechien (FL 2:0 / FZ 2:1)

Damit setzt sich Frank Zander durch und tritt heute gegen Eishockeylegende Sven Felski an. Ihre Tipps:

Deutschland vs. Ungarn (FZ 1:0 / SF 3:1)

Schottland vs. Schweiz (FZ 0:3 / SF 1:2)

Kroatien vs. Albanien (FZ 2:2 / SF 1:0)

Zur Erinnerung: Pro Spiel gibt es für den richtigen Tipp 3 Punkte, für das richtige Torverhältnis 2 Punkte und für den richtigen Sieger-Tipp einen Punkt. Wer die meisten Punkte hat, kommt weiter und tritt am nächsten Tag erneut an. Morgen dann gegen: Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU).

Co-Trainerin … sorry … Co-Autorin dieser Ausgabe war Lotte Buschenhagen. Antje Scherer hat das Stadtleben für Sie zusammengedribbelt. Produzentin: Lea-Marie Henn. Morgen früh geht’s hier wieder rund mit Stefan Jacobs.

Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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