egal, ob sich das Wetter an die Vorhersagen hält, beim Marzahn Pride scheint auf jeden Fall die Sonne. Aber auch sonst ist einiges los in Berlin. Während der Sommerferien versorgt Sie der Wochenend-Checkpoint mit reichlich Freizeittipps rund um Berlin und Brandenburg.
Samstagmorgen – Den Sprung in den See kann man sich bei Regen eigentlich sparen, man ist ja schon nass. Andererseits kann man dann auch erst recht hineinspringen, schließlich ist man ja schon nass. Über die faszinierenden Möglichkeiten der Logik kann man dann am Ufer nachdenken, zum Beispiel an dem des Wukensees. Dessen Badestelle verfügt über weißlichen Sand, dessen feine Körner zum weiteren Sinnieren einladen: Zum Beispiel darüber, wie die fein geschmirgelten Miniatursteinchen die Jahrtausende währende Arbeit des Wassers am einstigen Felsen dokumentieren – sofern der Sand nicht industriell hergestellt worden ist, was wohl eher der Fall ist. Und die Frittenbude lockt zum Ergründen der Dichotomie von Kulturkartoffel und Kartoffelkultur.
Samstagmittag – Hat man dann einmal alles durchdacht und auch sonst wieder alles beisammen, empfiehlt sich der Spaziergang durch einen kurzen Waldabschnitt, in freundlicher Begleitung von Junikäfern und Mücken, zur Art Biesenthal an der Wehrmühle. Die Vernissage in Villa und Garten läuft heute von 12 bis 18 Uhr und verspricht mit dezent in der Landschaft verstreuter Kunst von Yasmin Bawa, Margaret Rae Flatley, Iva Drekalovic, Davide Monaldi, Anastasia Pilepchuk, Yulia Batyrova, Ivan Belyaev und Alena Muhina ein multisensorisches Rundumerelebnis.
Samtagabend – Aus Seattle, der Großstadt nördlich vom heute angesagten Portland, Oregon, kamen Ende der Achtziger und Anfang der Neunzigerjahre unzählige, die Musikwelt auf den Kopf stellende Bands. Den stilistischen Bruch, den sie auslösten, markiert zumindest vordergründig der Tag, an dem Nirvanas Album Nevermind Michael Jacksons Dangerous vom Platz 1 der US-Charts fegte. Hier die betont maskulinen Idole der Achtziger, die nur so vor Erfolg und Perfektion strotzen, da die Verliererbande auf Selbstzerstörungskurs, für die die Welt gerade bereit schien. „Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk“, sang etwas später Dirk von Lowtzow im Selbstgespräch, wie um sich diesen Einfluss autosuggestiv auszutreiben. Und die Band Nichtseattle schrieb sich die Stadt verneint gar in den Bandnamen. Weil aber die Negation alles andere als Unabhängigkeit bedeutet, klingt es heute Abend ab 20 Uhr in der Kulturmarkthalle wieder verdächtig nach Grunge, unentschlossenen Farben, verklärt verzerrter Melancholie und einem Hauch verspielten Weltuntergangs. Die kontra-punkige Überwindung stürmt anschließend mit dem Chemnitzer Act Jens Ausderwäsche die Bühne. Tickets zu 12,10 Euro gibt es unter amstart.tv
Sonntagmorgen – So ziemlich das Gegenteil von Weltuntergang sollten die in eine noch unerhörte Zukunft blickenden Absolventinnen des Masterstudiengangs Sound Studies der UdK Berlin empfinden, die ihre Abschlussarbeiten von 10 bis 15 Uhr im Collegium Hungaricum (Dorotheenstraße 12) präsentieren, schließlich sind sie jetzt Meister der Künste und die Welt steht ihnen offen. Oder nicht? Federica Sosta zum Beispiel schließt ihr Studium mit einem „präapokalyptischen Spaziergang“ ab, der eigentlich eine Installation ist, in der sich Besucher:innen performativ in das Gefühl des kommenden Untergangs einfühlen können. Wer verlässt den sicheren Raum des Kunststudiums schon ohne Unbehagen?
Sonntagmittag – Dagegen hilft natürlich nur ein guter Wein. Das Schlechte am guten, ja selbst am besten Wein ist, dass er so flüchtig ist. Kaum ist er da, ist er weg. Nur konsequent also, der Temporary Winery eben die Vergänglichkeit direkt in den Namen zu schreiben. Und sie auf dem Gelände des Silent Green (Gerichtstraße 35) umzusetzen, dem Kulturstätte gewordenen Krematorium Wedding. Die flüchtigen Tropfen werden von der „Von Der Haardt Weinbar“ dekantiert, ab 16 Uhr die Gläser befüllt und um 22 Uhr ist Sense.
Sonntagabend – Zum Wochenendeende ein Platz an der Sonne – oder im trockenen Regenschatten auf dem Dach des HKW. Regenschatten ist so ein Wort, das es eigentlich gar nicht gibt, das macht hier aber nichts. Immerhin sollen hier ab 17.30 Uhr Poesie und Soul-Musik aufeinandertreffen. Anschließend, um 21.30 Uhr, führen drei Kurzfilme mit der Gesamtdauer eines einzigen Blockbusters einmal um die Welt und zurück: „In the Future they Ate from the Finest Porcelain“ / „Today is 11th June 1993“ / „Letter to a Friend“. Das Ganze im Rahmen von 21 Sunsets, dem Programm des HKW für laue Sommerabende.
Heute heißt es außerdem: Happy Birthday, Ringbahn! Berlins bekannteste Eisenbahnstrecke feiert ihren 150. Geburtstag – und wir feiern mit zwei „Eine Runde Berlin“-Sonderfolgen mit. Nachdem gestern bereits eine Podcastfolge mit Buchautor Sven Heinemann über die Geschichte der Berliner Ringbahn erschienen ist, begeben wir uns zum Jubiläumstag in den Führerstand. Triebfahrzeugführer Dirk Schieritz hat uns seinen Arbeitsplatz gezeigt und mit Checkpoint-Kollegin Ann-Kathrin Hipp über Betriebsstörungen, kuriose Fahrgastbegegnungen und den Wandel Berlins gesprochen. Jetzt auf Tagesspiegel.de, Spotify, Apple Podcasts, GetPodcast – und überall, wo es Podcasts gibt.
Mein Wochenende mit
Kevin, unser liebstes Wildschwein in der Rotte, kennt jeden Flecken Land in Berlin und Brandenburg. An dieser Stelle gibt er wöchentlich Ausflugstipps ins Umland.
„Ich persönlich finde ja, dass das Baden eine sehr intime Angelegenheit ist. Und das vor allem, weil es einfach immer unbeholfen aussieht, wenn sich Landlebewesen an der Fortbewegung im Wasser versuchen. Es hat schon gute Gründe, dass unsereins keine Kiemen hat. Man strampelt und zappelt, schafft reichlich Getose und kommt dabei doch kaum voran. Schauen Sie mal einem Fisch beim Schwimmen zu: Das ist Eleganz. Da bewegt sich kaum Muskulatur, Wellen werden kaum geschlagen, und doch schießt er nur so durch sein Medium als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Ist es ja auch. Sind Fische zugegen, stolziere ich daher lieber am Ufer auf und ab. Nur an einem Ort mache ich hin und wieder eine Ausnahme: An der offiziellen Hundebadestelle in Töplitz gehen nicht nur Hunde und Halter ins Wasser, nein, auch Pferde. Und wenn die das tun, liegt die Aufmerksamkeit der beflossten Havelbewohner:innen ganz bei denen – da fühle ich mich unbeobachtet. Den Weg dorthin kann man – auch mit Hund – wunderbar per Fahrrad ab Bahnhof Golm oder ab Werder zurücklegen. Wobei der ab Werder der schönere ist, da er einmal um den Großen Zernsee führt, über ländliche Schotterwege, vorbei an Yachten, deren Masten in der Abendsonne lange Schatten werfen. Eine Badestelle ohne Hunde gibt es übrigens auch unweit – für alle Schamlosen. Ich empfehle mich, mit freundlichen Grunzen.“
Leseempfehlungen
Wie es sich anfühlt, die Leitung der Gemäldegalerie ausgerechnet in Krisenzeiten zu übernehmen, erzählt Dagmar Hirschfelder Nicola Kuhn (Abo) im Interview.
Dass 150 Jahre lang im Kreis zu fahren etwas ganz anderes ist, als ebenso lang auf der Stelle zu treten, beweist die Geschichte der Ringbahn in Bildern (Abo) von Andreas Conrad und Kitty Kleist-Heinrich.
Erfahrung kommt mit der Zeit von ganz allein. An ihrer statt sammelt Grünen-Chef Robert Habeck erst mal Muscheln auf Küstentour an der Nordsee. Und Wählerstimmen natürlich. Felix Hackenbruch (Abo) hat ihn ein Stück weit begleitet.
Über die Ästhetik kann man lange diskutieren. Was aber das Erscheinungsbild des in den kommenden Tagen öffnenden Humboldt-Forums mit deutschen Kolonialverbrechen in Kamerun zu tun hat und welche Rolle der Kunst bei der Aufarbeitung zukommt, erzählt Birgit Rieger (Abo) in ihrem Porträt von Princess Marilyn Douala Manga Bell.
Wochenrätsel
Aufgepasst bei der Morgenlektüre? Unser Wochenrätsel: 200 bis 300 Pankower Oberschüler:innen erhalten wegen Schulmangels Plätze in anderen Bezirken. 15 von ihnen dürfen gar die Badehose einpacken, die Schulbank drücken sollen sie nämlich fortan am:
a) Gardasee
b) Wannsee
c) Tegeler See
Schicken Sie uns die richtige Lösung und gewinnen Sie einen Checkpott.
Jetzt mitmachenHaben Sie ein anregendes Wochenende. Florian Schwabe war heute der frühe Vogel im Produktionsdienst, am Montag lässt hier Ann-Kathrin Hipp für Sie die Sonne aufgehen.
Ihr Thomas Wochnik