auf den ersten Blick wirkt der Vorschlag der Berliner Grünenführung für das Amt der Spitzenkandidatin ziemlich surreal: Nicht Wirtschaftssenatorin Ramona Pop soll es machen und auch nicht Fraktionschefin Antje Kapek, sondern Bettina Jarasch, eine weitgehend unbekannte frühere Landesvorsitzende, der die Partei zum Abschied vor knapp fünf Jahren nicht einmal die gewünschte Bundestagskandidatur gönnte.
Dass womöglich keine der beiden bekanntesten und erfahrensten Grünen-Politikerinnen kandidieren würde, hatte sich zwar seit ein paar Wochen wie ein Kriechstrom im Betrieb verbreitet. Doch das erhöhte nur die Erwartungen: Wenn weder Pop noch Kapek antreten würden, wer sollte dann bestehen gegen Franziska Giffey, die designierte Kandidatin der SPD? Wohl doch nur jemand aus der Bundesebene: Cem Özdemir? Der wohnt sogar in Kreuzberg. Annalena Baerbock? Als Brandenburgerin mit Arbeitsplatz Berlin prädestiniert für die vernachlässigten Interessen der Außenbezirke. Vielleicht eine Marke wie Monika Herrmann, die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Claudia Roth als Knalleffekt. Renate Künast reloaded. Oder wenigstens Lisa Paus, Berliner Bundestagsabgeordnete. Aber doch nicht eine Kandidatin, bei der fast die ganze Stadt fragt: Bitte wer?
Tatsächlich aber haben die Grünen, und hier vor allem Pop und Kapek, ein Manöver eingeleitet, das die Briten als „Duck and Dive“ bezeichnen: Sie wollen auf der Stimmungswelle so unauffällig wie möglich bis ins Ziel surfen.