Historiker werden es nicht leicht haben, den Fall Maaßen vernünftig einzuordnen in die Schlussphase der Regierungszeit von Angela Merkel. Zu viel politische Irrationalität war da im Endspiel auch der Koalition von Union und SPD. Ein nachgeordneter Beamter bringt mit einigen wichtigtuerischen Sätzen die Regierung des wichtigsten europäischen Landes an den Rand des Scheiterns? Eigentlich unglaublich. Er wird in der Folge befördert, rückbefördert, soll sein Amt verlieren – und hält es Wochen später noch immer, weil kein Nachfolger parat ist? Verrückt. Aber nicht das Ende: Noch immer als Verfassungsschutzpräsident erklärt er, „linksradikale Kräfte“ in der Regierungspartei SPD hätten ihn zur Strecke gebracht.
Moment mal: „linksradikale Kräfte“? Hätte Hans-Georg Maaßen, den es als Geheimdienstmann ins Scheinwerferlicht drängte, da nicht einen Vorgang anlegen müssen, Beobachtung anordnen, vor einem Putsch warnen?
Doch die Affäre Maaßen, so lächerlich sie wirkt, hat einen ernsten Kern. Darin spielt die zunehmende Bereitschaft zur Erregbarkeit auch im Zentrum der Politik eine wichtige Rolle. Die Fähigkeit, dumme Sprüche von gefährlichen zu unterscheiden, ist weitgehend abhandengekommen. Dafür wächst die Bereitschaft zur sinnentleerten Provokation, die wiederum einen Mangel an Sensibilität offenlegt. Der absurde erste Koalitionskompromiss im Fall Maaßen, den illoyalen, weil geschwätzigen Beamten zur Bestrafung bei höheren Bezügen zum Staatssekretär zu befördern, auf Kosten eines exzellenten Fachmanns, der dafür weichen sollte, ist die Blaupause für eine abgehobene Regierung, die das Vertrauen der Wähler enttäuscht und deswegen verliert.
Bundeskanzlerin Merkel wirft dem Volk auf ihrem Ritt in die Abendsonne ihrer eigenen Amtszeit zum Fall Maaßen eine pflichtschuldige Entschuldigung zu: Sie habe „zu wenig an das gedacht, was die Menschen zu Recht bewegt, wenn sie von einer Beförderung hören“.