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Senat beschließt 100-Tage-ProgrammWieder Wahlchaos in Berlin – diesmal bei der SeniorenvertretungBehördenpingpong zum Holocaust-Tag

der Senat hat sein Programm für die ersten 100 Jahre … nein, Pardon: für die ersten 100 Tage bekannt gegeben (von denen allerdings nur noch 73 übrig sind) – welche 40 Punkte bis zum 31.3. bevorzugt abgearbeitet werden sollen, können Sie im O-Ton der Senatskanzlei hier lesen, unser Kollege Robert Kiesel hat das Ganze etwas kürzer hier zusammengefasst.

Ach ja, falls Sie unter den 40 Punkten das Thema „funktionierende Verwaltung“ vermissen – wir haben es auch nicht gefunden (ist wohl nicht so eilig). Stattdessen auf dem Programm für die nächsten zweieinhalb Monate: „Eine Onlinekampagne macht die schon bestehenden 41 digitalen Bürgerdienstleistungen bekannter“ – damit Sie noch besser wissen, was alles nicht so richtig funktioniert.

Schauen wir uns dazu heute noch mal an, wie die Vorbereitung zur Wahl der Seniorenvertretung so läuft – beim Thema Wahlen hat Berlin ja einen Ruf zu verteidigen (auch der Start zur Seniorenwahl war eher disruptiv, wie hier im Checkpoint mehrfach berichtet). Nach einem weiteren Blick in die Checkpoint-Mailbox müssen wir leider vermelden: Berlin gibt sich jede Mühe, dass alles so bleibt, wie es ist: dysfunktional. Und das geht so:

Auf Grund der Pandemie“ empfiehlt das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten die Briefwahl – Unterlagen können demnach per Brief mit frankiertem Rückumschlag, per Fax (!) und „auch elektronisch per Email“ beim so genannten IT-Dienstleistungszentrum des Landes Berlin beantragt werden. Theoretisch jedenfalls. Aber nicht in Berlin. Aus allen Bezirken erreicht uns die gleiche Botschaft – die Mails kommen so vom Landesamt zurück: „Betreff: Unzustellbar. Das Postfach des Empfängers ist voll und kann zurzeit keine Nachrichten annehmen.“ Kleiner Trost: Mit einem ähnlichen Schicksal musste sich auch schon Elvis Presley herumschlagen („Return to sender, address unknown. No such number, no such zone.“). Praktischer Vorteil: Auf diese Weise werden schon im Vorfeld Fehler bei der Auszählung vermieden.

Die Vergabekammer will heute über eine Beschwerde im Zusammenhang mit der dritten Ausschreibung zur Vergabe der Corona-Teststellen entscheiden – ein Unternehmen war von der Teilnahme ausgeschlossen worden, weil der Senat die erforderliche Referenz nicht für ausreichend hielt. Checkpoint-Tipp: die Kammer wird das anders sehen. Den Zuschlag für den millionenschweren Auftrag erhielt das Münchner Unternehmen 21DX, mit deren Führungskräften der „Gesamtkoordinator Testung“ der Gesundheitsverwaltung einen außergewöhnlich saloppen und vertraut wirkenden Umgangston pflegt („Liebe Evelyn, wir verlängern“ – CP v. 10.1.).

Die 21DX-Mitgründerin und Geschäftsführerin Martina Samwer bestritt jetzt im Gespräch mit dem Checkpoint jegliche unlautere Einflussnahme auf die Vergabe – zu keinem Zeitpunkt habe sich 21DX einen unstatthaften Wettbewerbsvorteil verschafft oder sei ein solcher gewährt worden. Auch gab und gebe es zwischen Beschäftigten des Unternehmens und der Senatsseite keinerlei persönliche Bekanntschaften oder Kontakte über die geschäftliche Kommunikation hinaus. Der informell wirkende Ton sei der Intensität der Arbeitsbeziehung geschuldet.

21DX wurde im Juli 2020 gegründet, im November 2020 erhielt das Unternehmen, das damals nach eigenen Angaben über 100 Beschäftigte verfügte, den ersten Senatsauftrag. Insgesamt gab es in Berlin bis jetzt drei Ausschreibungen über die Vergabe des Betriebs von Teststellen. Zu Beginn der Pandemie hatte der Senat zunächst Schwierigkeiten, einen geeigneten Anbieter zum Aufbau der nötigen Infrastruktur zu finden. Später gab es mehrere Angebote, ein Teil der Lose wurde an verschiedene Unternehmen vergeben. Im Zuge der zweiten Ausschreibung bat der Senat 21DX, die Leistungsbeschreibung zu detaillieren. Dies wurde später Teil der Ausschreibungsdokumente. 21DX-Geschäftführerin Samwer sagt dazu, dies sei im Einklang mit dem Vergaberecht geschehen und transparent kommuniziert worden.

Bis zur Entscheidung in der Hauptsache hatte die Vergabekammer die Verlängerung der Interimsbeauftragung von 21DX vom 25.11.2021 mit Wirkung ab dem 1.1.2022 vorläufig untersagt. Sollte die Ausschreibung wiederholt werden, kann sich auch 21DX daran wieder beteiligen. Unter den zugelassenen Angeboten wird dann das günstigste berücksichtigt.

Wer kennt das nicht von den Spielplätzen der Stadt: Die Eltern rufen ihr Kind – und sofort drehen sich mehrere Köpfe um. In einer Kita wurde sogar einer Familie nur deswegen abgesagt, weil es dort bereits eine andere Emilia gab. Also wählen Sie doch beim nächsten Kind lieber etwas Originelleres aus, so wie die Berliner Eltern, die ihren Neugeborenen im vergangenen Jahr z.B. folgende eingetragene Vornamen gaben:

Beach, Optimus, Pünktchen, Pippilotta, Noble, Oscara, Hannele, Mocha, Taco, Rosenova, Reddy, Aldinova, Rhein, Evelinde Lafayette, Paulfried, Alfredus, Lightning, Echo, Friedgart, Chilli, November, Primrose, Noir, Rakete, Mokka, Wallace, Hilton, Silverius, Daddy, Lancelot, Wind, Annedora, Senior, Ferb, Kenobi, Leonessa, Top, Orpheus, Spirit, Gerlinda, Jupiter, Zappa, Peppy, Doranova, Marinova, Loxandra, Dornrose, Herbie, Kirby, Zero, Disco, Amsel, Harpo, Jet, Equinox, Joujou, Pippin, Beutifuline, Pluto, Dove, Dawnette, Foxi, Bontje, Awberry, Bambi, Bonfire, Cameo, Cleotilde, Elladora, Florabella, Green, Herakles, Joyline, Kristalin, Mandarike, Moncherie, Oleander, Shylene, Soda, Vader, Villanelle …

Na, schon was dabei?

Ok, machen wir weiter. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden Anti und Kern vergeben, in Friedrichshain-Kreuzberg Philipp-Brain und Rosenrot, in Lichtenberg Zerubbabel und Troja, in Mitte Loveleen-Amalia und Kaiser, in Neukölln Murkel und Prince-Royal, in Steglitz-Zehlendorf Wolf-Dieter und Fanta, in Treptow-Köpenick Elyas-Comissar und Winter, in Spandau Rakete und Blessed, in Reinickendorf Royalty und Chicago, in Tempelhof-Schöneberg Teddy und Bro-Flø, in Pankow Ajay-Jax und Sushi. So, irgendwas vergessen … ach ja, Marzahn-Hellersdorf – hier gibt’s jetzt Lailany-Shayen und German. Aber was Sie auch tun, denken Sie daran: Die werden alle mal groß! (Mit Dank an Stefan Jacobs und Knud Bielefeld für die Datenwühlarbeit).

Berliner Schnuppen

von Naomi Fearn

Die <strong>Berliner Schnuppen</strong> in voller Länge gibt's täglich mit dem <strong>Tagesspiegel-Plus-Abo</strong> – <strong><a href="https://abo.tagesspiegel.de/digitalangebote/checkpoint-testen-kurzstrecke?utm_source=Comic" target="_blank" rel="noreferrer noopener">hier</a></strong> geht's zur Anmeldung.

Telegramm

Viel Glück wünscht der Checkpoint Christina Stumpp (und das wird sie brauchen) – die CDU-Bundestagsabgeordnete und designierte Vize-Generalsekretärin von Friedrich Merz bittet im Parlamentsintranet um Hilfe bei der Suche nach einer Wohnung im Regierungsviertel: mindestens 60 qm, höchstens 800 kalt. Herzlich willkommen in der Wirklichkeit. (Q: Business Insider).

Vier Jahre lang wurde an einem Radweg für die Hermannstraße herumgeplant – dann verpinselten Bauarbeiter dort grüne Farbe. Berlinkenner mit Checkpoint-Abo wissen aus Erfahrung, was dann geschah … und richtig: Sie hielt nicht mal vier Wochen.

Was macht eigentlich Björn Böhning? Der „Spiegel“ meldet, dass der Ex-Senatskanzleichef nach seinem Job als Staatssekretär im Arbeitsministerium in die Filmbranche wechselt (für die er damals im Roten Rathaus auch schon zuständig war). So bleibt er immerhin auf dem roten Teppich.

Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemieim Tagesspiegel-Interview sagt Christian Drosten, wann es so weit ist und was bis dahin noch geschehen wird. Checkpoint-Empfehlung: auch gut geeignet für die nächste Diskussion mit Schweden-Fans, Impfskeptikern, Amateurstatistikern und Hobbyvirologen.

Von so genannten „Spaziergängen“ gegen die Corona-Maßnahmen möchten Sie hier nichts mehr lesen? Ok – aber wollen Sie vielleicht mal einen Blick auf die erste Demo skeptischer Wildschweine gegen Einschränkungen wegen der afrikanischen Schweinepest werfen? Bitte sehr, hier entlang.

Zur Auflösung unseres Wochenrätsels: Mit 42,7 Tagen hält Berlin nicht den Bundesrekord bei der Brutzeit der Nachtigallen (a) und auch nicht beim Anlegen von Pop-up-Radwegen (b), sondern, na klar: bei der durchschnittlichen Bearbeitungszeit der Finanzämter (c). Die Gewinner des Checkpotts (hier zu sehen, die Katze gehört nicht dazu) werden wie immer direkt benachrichtigt.

Der Verein „Fishing for Compliments“ hat sich aufgelöst (Q: Amtsgericht Charlottenburg) – offenbar war den Mitgliedern das inoffizielle Stadtmotto „Nicht gemeckert ist genug gelobt“ unbekannt. Vielleicht haben sie sich aber auch davon irritieren lassen, dass sie statt „Das hast Du aber fein gemacht!“ immer nur ein stets liebevolles „Schnauze!“ zur Aufmunterung mit auf den Weg bekommen haben.

Apropos Schnauze: Bedanken möchte ich mich für die vielen positiven Reaktionen auf unseren aktuellen Ringbahn-Podcast „Ein Runde Berlin“, zu dem mich Ann-Kathrin Hipp eingeladen hatte – und der natürlich mit einem fröhlichen „Schnauze!“ endet. Das darin erwähnte Video über den abgebrochenen Waschsalon-Kurzauftritt der Magoo Brothers bei der ARD gibt‘s übrigens hier zu sehen. Der RBB, formerly known als SFB, verweigert uns bis heute die damals vereinbarte Gage – Skandal!

Zitat

In der Politik kann es sehr unterschiedliche Interessen geben, die man irgendwie in Einklang bringen muss. Das kann extrem schwer sein.“

Neu-Wirtschaftssenator und Ex-Unternehmer Stephan Schwarz über seine ersten Erfahrungen als Politiker (Q: Tagesspiegel).

Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“

Lucius Annaeus Seneca

 

Tweet des Tages

Optimismus-Move der Woche: airbnb-Häuschen in Brandenburg reserviert, um im Sommer zur Corona-Pausen-Party einzuladen.

@ak_hipp

Stadtleben

Neu in Mitte – Wer braucht triefende Burger, wenn Reispilaf und Katsu-Sandwiches auf dem Menü prangen? Vom klassischen Diner behält das frisch eröffnete Dashi nur das Mobiliar – auf die Teller kommt statt amerikanischem Fastfood Asian-Fusion-Cuisine. Neben Curry, Auberginenbrioche und eingelegtem Dreierlei stehen Zitrussalat und Zwiebelsuppe auf der überschaubaren Karte des neuen Lokals. Obendrauf gibt’s Jelly-Eistee und Kokosmilchshakes, die Gäste zwischen Holzwand und Sixties-Tischen schlürfen oder zum Flaniergang gen Naturkundemuseum entführen. Derzeit hat das Dashi nur zum Lunch geöffnet, wobei es zum All-Day-Diner heranwachsen möchte – für Updates hier entlang. Noch von Di-Fr 11.30-15.30 Uhr, Invalidenstrasse 112, U-Bhf Naturkundemuseum.

Vom Rätsel bis zur Tanzperformance: Das ganze Stadtleben gibt’s mit dem Tagesspiegel-Plus-Abo.

„Wir sind die Neuen“

60 der insgesamt 147 Parlamentarier sind in dieser Legislaturperiode neu im Berliner Abgeordnetenhaus. Im Checkpoint stellen wir sie vor.

Name: Vasili Franco (Grüne)
Beruf: Verwaltungswissenschaftler (LL.M.)
Alter: 29 Jahre
Wahlkreis: Friedrichshain-Kreuzberg (WK 5)
Berliner Lieblingsort: „Jede Demo gegen Rechts!“
Eine Sache, auf die ich mich 2022 in Berlin freue: „Die Cannabislegalisierung“

Foto: Kilian Vitt

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Berliner Gesellschaft

Geburtstag Benno Fürmann (50), Schauspieler / Roland Hetzer (78), Herzchirurg und Hochschullehrer, ehem. Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin / „Dem besten Partner, Freund, Ausstellungs- und Kulturprojektemacher Stefan Iglhaut alles Gute zum Geburtstag“ / „Liebe Leonie aka Chaotenelse, happy Birthday. Nun haste die zweite 0 geschafft. Alles Gute für Dein neues Lebensjahrzehnt. Möge es Dir viele tolle Erlebnisse bei bester Gesundheit bereiten. Papa“ / Susanne Maroldt, „Allerbeste Checkpoint-Schwester“ / Bascha Mika (68), Journalistin und Schriftstellerin, ehem. Chefredakteurin der taz und der Frankfurter Rundschau / Hennes Schulz (67), „emeritierter Journalist“ / Christoph Martin Vogtherr (57), Kunsthistoriker, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben Andreas Daller, * 31. Mai 1972 / Brigitte Eckstein-Heldmann, * 26. Juli 1949 / Rosemarie Hartung, * 20. September 1924 / Dr. jur. Mesut Yaşar Yildirim, * 29. Juli 1933 / Karsten Wacker, verstorben am 12. Januar 2022

StolpersteinHedwig Saul wurde am 15. Dezember 1885 in Essen geboren und lebte in der Paulsborner Straße 19 in Wilmersdorf. Vor der Deportation nahm sie sich das Leben – am heutigen Tag jährt sich ihr Todesdatum zum 80. Mal.

Encore

Zum Schluss heute mal eine kleine Geschichte über eine Mütze, die in einem 170er-Bus verloren ging. Für unsere Leserin Patricia ist es eine besondere Mütze, denn sie gehörte ihrer verstorbenen Mutter – aber jetzt lag sie auf einem Sitz in dem Bus, den sie gerade am Bahnhof Steglitz verlassen hatte. Patricia rast dem Bus hinterher, aber vergebens. Sie bittet einen anderen Busfahrer um Hilfe, doch der verweist nur ans Fundbüro. In ihrer Verzweiflung macht Patricia, was man eigentlich nicht macht: Sie drückt den Knopf der Notrufsäule – aber auch dort kann ihr niemand helfen. Bedrückt geht sie weiter, zum Ausgang des Bahnhofs, als plötzlich die Notrufsäule zu blinken beginnt und eine Stimme aus dem Lautsprecher ruft: „Hallo! Hallo!“ Patricia rast zurück, meldet sich und hört: „Sind Sie die Frau mit der Mütze?“ Und tatsächlich: Über Funk wurde der Fahrer gefunden, in dessen Bus die Mütze allein durch die Stadt fuhr. Eine Stunde später war er zurück – und Patricia glücklich. Aber erzählen Sie’s bloß nicht weiter – nicht, dass die Notrufsäulenbesatzung noch Ärger bekommt!

Mit dabei von Team Checkpoint waren heute Lotte Buschenhagen (Stadtleben) und Cristina Marina (Produktion). Morgen früh begrüßt Sie hier Julius Betschka. Bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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