und herzlich willkommen beim Checkpoint!
Berlin ist eine der aufregendsten Städte der Welt. Hier den Überblick zu behalten, ist nicht ganz leicht. Von heute an gibt es deshalb den „Checkpoint“, in dem ich für Sie von Montag bis Freitag das Wichtigste und Beste zusammenfasse, was Berlin zu bieten hat. Die Nachrichten der vergangenen 24 Stunden, eine Vorschau auf den Tag sowie Tipps und Empfehlungen für das Leben in der Stadt. Wo wird demonstriert und wo wird gefeiert? Wer ist in der Stadt zu Gast? Wo muss ich unbedingt noch hin, bevor es zu spät ist? Was empfehle ich meinem Berlinbesuch? Dazu noch Ticket-Tipps und Verlosungen, Personalien, Geburtstage, Jubiläen und einiges mehr – alles auf den Punkt, anregend und unterhaltsam, informativ, persönlich und manchmal ironisch, immer neugierig und empathisch. Fünf Minuten Berlin to go ab 6 Uhr morgens. Ich würde mich sehr freuen, wenn mein Newsletter zu Ihrem täglichen Checkpoint wird.
Und los geht's:
Terminchaos am BER: Der neue Stadtentwicklunssenator Andreas Geisel hat sich auf einen Eröffnungstermin für den BER festgelegt: "Eines Tages", sagt er, ist es soweit. Deutlicher geht's nicht. Wer eins plus eins zusammenzählen kann, wusste längst, dass es auch 2016 nichts mehr wird. Und 2017 nicht. In der Aufsichtsratssitzung am Tag nach der Ablösung Wowereits wollte Hartmut Mehdorn eigentlich ein Zeitfenster benennen. Er wird Mühe haben, an den Griff zu kommen, um es zu öffnen. Sein Vertrag läuft in 14 Monaten aus. Der Flughafen sucht derweil "Eine/n Projektingenieur/in für Ad Hoc Baumaßnahmen". Das passt: Der neue Technikchef hatte einen Mangel an qualifiziertem Personal beklagt.
22 verletzte Polizisten in Marzahn: Besorgte Bürger, darunter einige von der Hooligan-Kategorie C mit Hass-Tätowierung an der Glatze garniert, andere vornehm gekleidet von der NPD, wollen weiterhin ihre ängstliche Betroffenheit wegen der Flüchtlingspolitik von Sozialsenator Mario Czaja demonstrieren. Nachdem ihnen am Wochenende hunderte Berliner, darunter Abgeordnete aller Parteien und eben jener Senator Czaja, den Marsch durch Marzahn versaut haben, wollen sie es heute um 19 Uhr wieder probieren. Start ist am Blumberger Damm Ecke Landsberger Allee, Ziel ist es, ein "Containerdorf" für Flüchtlinge zu verhindern. Mit kampfbereiten Gegendemonstranten ist zu rechnen. Die Krawallbilanz vom Samstag: 800 Rechte, 1000 Linke, dazwischen 1700 Polizisten, davon am Ende 22 verletzt. Die Sache kommt heute vor den Innenausschuss.
Der neue Senat (1): Noch nie ist ein Finanzsenator so einhellig zustimmend begrüßt worden wie Matthias Kollatz-Ahnen. Seine Vita liest sich ja auch prima, demnach weiß er Bescheid mit Politik, Banken und Europa. Aber wenn man mit Leuten spricht, die ihn länger kennen, sind auch andere Töne zu hören. Besonders drastisch äußert sich jemand aus der Bundes-SPD: "Das wird ein Desaster." Wer einen früheren oder heutigen Konkurrenten von Kollatz-Ahnen dahinter vermutet, liegt übrigens falsch. Seine Frau war es auch nicht: Die ist Finanzministerin in Rheinland-Pfalz. Die beiden leben allerdings getrennt, der Länderfinanzausgleich wird auch künftig nicht im Küchenkabinett geregelt.
Der neue Senat (2): Runter vom roten Teppich, rauf auf die Autobahn. Der Bald-Regierende Michael Müller, dessen Glamour-Faktor im Vergleich zu Wowereit in den grauen Zahlen rangiert, hat einen Beton- und Asphaltfreund zum Stadtentwicklungssenator gemacht. Andreas Geisel, bisher Bürgermeister von Mitte, will umkämpfte Freiflächen bebauen und die umstrittene A100 am liebsten bis nach Pankow durchziehen. Vielleicht wird er ja noch Gründungsdirektor vom SDAC, dem Sozialdemokratischen Automobilclub. Die Berliner CDU wird es jedenfalls schwer haben, ihn rechts zu überholen.
Gauck am laufenden Band: Auch am Tag nach dem Bundespresseball im Flughafen Tempelhof waren einige US-Diplomaten schwer beeindruckt vom Bundespräsidenten. Der war zu vorgerückter Stunde auf das berühmte Kofferband geklettert und hatte, zwischen Austernkisten stehend, fröhlich eine Runde durch die Berliner Gesellschaft gedreht. Der Schampus war offensichtlich nicht nur kostenlos, sondern auch wirksam.
Tom Hanks im Stasi-Knast: Hollywood in Hohenschönhausen: Heute beginnen die Dreharbeiten zum Agententhriller „St. James Place“ von Regisseur Steven Spielberg. Dazu muss Hauptdarsteller Tom Hanks ins Stasi-Gefängnis. Am Donnerstag geht’s zur Glienicker Brücke, und die wird dann – Achtung: Agentenaustausch! – bis zum Montag, den 1. Dezember, komplett gesperrt. Falls Hanks noch Zeit hat, könnte er gleich nebenan auf der Pfaueninsel die Fortsetzung von „Cast Away“ aufnehmen, Plot diesmal: Flugzeugabsturz wegen fehlenden Flughafens.
Telegramm
Eklat bei Union: Nach dem 1:4 gegen 1860 München hat Unions Trainer Norbert Düwel einem Fan den Mittelfinger gezeigt. Die Beförderung zum "Ex" steht kurz bevor.
Zuviel Tüten in der Tasche: Bis zu 15 Gramm Haschisch sind in Berlin ok - noch. Die Drogenbeauftragte Christine Köhler-Azara will die erlaubte Menge auf sechs Gramm verringern.
Reisebus verünglückt: Auf dem südlichen Berliner Ring ist ein Bus aus Polen umgekippt. 11 Menschen wurden schwer verletzt.
Judith Hermann ausgezeichnet: Die Berliner Autorin ("Sommerhaus, später", "Aller Liebe Anfang") hat den mit 15.000 Euro dotierten Erich-Fried-Preis erhalten.
Grötschel folgt Stock: Nachfolger für den Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie Günter Stock, der 2015 aus Altersgründen ausscheidet, soll der Leiter der Einstein-Stiftung Martin Grötschel werden.
FU vor HU: Bei Studenten aus den USA ist Berlin der beliebteste Studienort, in Berlin ist die Freie Universität die beliebteste Universität, vor der Humboldt-Uni.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Die Leute wollen Vorfreude“
Weihnachtsbaumhändler am Alexanderplatz. Heute beginnt der Verkauf.
Tweet des Tages
„Für dieses Berlin ist Erich Honecker nicht gestorben!“
Antwort d. Red.:
Stadtleben
Essen: Cookie macht jetzt Crackers. Früher hat Heinz Gindullies legendäre Partys veranstaltet, heute lässt er kochen. Klar, dass sein neues Restaurant in der Friedrichstraße 158 schon zur Eröffnung proppevoll war. Und so wird es wohl bleiben. Das Leitmotiv von Küchenchef Stefan Hentschel: „Nichts mit Sterne-Ehrgeiz, sondern groß und großstädtisch, Konkurrenz für die Platzhirsche.“ Wir haben jedenfalls vorsichtshalber für heute um 19.30 Uhr zwei Plätze reserviert. Wenn Sie die haben wollen, dann schicken Sie bitte bis 17 Uhr eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de, Stichwort „Crackers“. Zahlen müssen Sie allerdings selbst.
Trinken: Und danach noch auf einen Drink ins Windhorst. Die einst bestbewachteste Bar der Welt besticht durch eigene Kreationen wie den Bramble - the Fine Art of drinking. Dorotheenstraße 65, Mitte.
Berlinbesuch: Do they know it´s christmas… mit andern Worten: Heute öffnen die Weihnachtsmärkte. Tappen Sie nicht in die Touristenfalle, besuchen Sie die wirklich schönen, zum Beispiel den am Schloss Charlottenburg (heute ab 18:00) oder in Spandau. Richtig gemütlich und noch dazu gemeinnützig ist der Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt (nur vom 5.-7. Dezember) am Richardplatz in Neukölln.
Geschenk: Sie sind eingeladen und haben mal wieder nicht ans Geschenk gedacht? Oder einfach keine Idee? Wir helfen gern: Verschenken Sie statt Wein doch lieber einen Bausatz für Wein: eine Flasche Biotraubensaft, Trockenhefe und Schwefellösung gibt es bei Not only Riesling, Schleiermacherstr. 25, Kreuzberg.
Noch hingehen: Als die Leonardo-da-Vinci-Ausstellung im September eröffnet wurde, war es dort voll. Gestern Abend gab's dort wieder eine lange Schlange vor der Tür. Zwar ist die Schau im Zelt gegenüber dem Martin-Gropius-Bau in der Niederkirchnerstraße noch bis zum 4. Januar geöffnet, aber ich habe den Eindruck, wer zu lange wartet, gerät in weihnachtliche Vergessensgefahr. Geöffnet täglich von 9 bis 19 Uhr.
Ganz spontan: Die Piano Guys, die mit ihrem Klassik-Pop-Mix Youtube-Stars geworden sind, kommen heute Abend ins Tempodrom - und es gibt noch Karten. Los geht's um 20 Uhr.
Berlin heute
Verkehr: Invalidenstraße zwischen Minna-Cauer-Straße und Friedrich-List-Ufer (Höhe Hauptbahnhof): Bis Mitte Dezember nur eine Spur in beide Richtungen.
Demonstrationen: "Landraub in Mali stoppen!", 14 Uhr, vor dem Bundeskanzleramt. / "Tierausbeutung abschaffen!", 14 Uhr, vor den Schönhauser Allee Arcaden in Prenzlauer Berg. / "Gegen Weltbank und EZB"!, 18 Uhr, Platz des 18. März am Brandenburger Tor.
Staatsbesuch: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen empfängt um 12 Uhr Candido Pereira Van-Dunem, Verteidigungsminister von Angola.
Veranstaltungen: Im Theater des Westens findet heute Abend zum 14. Mal die Aids-Gala statt. Alle Künstler, darunter Amanda Lear, Friedrich Liechtenstein und Klaus Hoffmann, verzichten zugunsten der Unterstützung von Projekten auf ihre Gage.
Berliner Gesellschaft
Aufgefallen: Desiree Nick hat's mit "Retro Muschi" offenbar übertrieben: Als die Witze und Gesten immer ordinärer wurden, verließen zahlreiche Zuschauer das Tipi noch während des Programms. Fortsetzung: folgt nicht, das war's. Heute werden an gleicher Stelle die Politikawards vergeben, und am Samstag gibt's eine Abschiedsgala mit Gayle Tufts für Klaus Wowereit. Da dürfte dessen Freundin Nick wohl wieder mit von der Partie sein.
Geburtstag: Licht aus – Spot an: Ilja Richter wird heute 62. Geboren ist er in Karlshorst.
Gestorben: Dr. Hein Schirrow. In der Todesanzeige im Tagesspiegel steht: "Hiermit verabschiede ich mich von allen, die mir im Leben begegnet sind, bedanke mich bei denen, die mir geholfen haben oder denen ich sympathisch war und bitte alle um Verzeihung, denen ich wehgetan habe." / Felix Freiherr von Caldenhoff, * 13. November 1982. / Dr. Alan Polan, Fachbereichsleiter a.D. an der John-F.-Kennedy Schule. / Birgitt Püschel, * 21. Juli 1965.
Im Tagesspiegel
Die große Verschwörung: Die USA vergiften die Welt, Netanjahu ist ein Völkermörder und der Westen immer der Aggressor: Bei der Compact-Konferenz kamen Putin-Freunde und krude Verschwörungstheoretiker auf ihre Kosten. Mit dabei: Alexander Gauland von der AfD, NPD-Funktionäre - und ein Überraschungsgast von der SPD. Sydney Gennis über ein seltsames Gipfeltreffen.
Encore
Wowi out - Berlin wieder in: Anfang des Jahres liefen Schockwellen durch die Stadt – die New York Times hatte ihr Urteil gefällt: „Berlin is out“. Die Feuilletons suhlten sich, je nach Redaktionsstandort, in Selbstmitleid und Schadenfreude. Folgerichtig trat im August der Regierende Bürgermeister zurück – und siehe da: es hat gewirkt! Am Wochenende veröffentlichte dieselbe New York Times eine Hymne auf das Berliner Nachtleben. Musikchef Jon Pareles lobt die unprätentiöse Kraft der Stadt und schreibt, vielleicht müssten die tollsten Clubs zwar irgendwann teuren Büros und Appartements weichen, "but: not for the moment!“
In diesem Sinne: Genießen Sie den Tag und die Nacht - für diesen Moment und den nächsten.
Bis morgen früh!