„Wir brauchen in diesen Zeiten nicht mehr, sondern weniger Ängste“, hat Regiermeister Michael Müller gestern im Abgeordnetenhaus gesagt. Ausweislich seiner Regierungserklärung scheint die Koalition nach anfänglichem Gerumpel inzwischen den Ton und Takt gefunden zu haben, der der Lage und der ins künstliche Koma versetzten Fast-Viermillionenstadt Berlin angemessen ist. Also keine Kriegsrhetorik und kein Aktionismus etwa in Gestalt von Ausgangssperren, die zwar erleichtern würden, die wenigen Unbelehrbaren zu bestrafen, aber neben dem wirtschaftlichen auch das soziale Drama noch vergrößern würden. Stattdessen so viel Freiheit wie noch möglich – und demonstrative Wertschätzung für die vielen, die helfend zur Stelle sind.
1937 Menschen in Berlin sind – Stand Donnerstagabend – nachweislich infiziert, also fast 300 mehr als tags zuvor. 235 liegen im Krankenhaus, 46 auf Intensivstationen. Damit wächst die Zahl der Betroffenen zwar momentan nicht mehr exponentiell, aber weiter in bedrohlichem Tempo, während zugleich mehr als 100 Hausarztpraxen geschlossen sind. Die Zahl derer, die in Berlin an Covid-19 gestorben sind, stieg auf acht. Aber: Fast 400 Infizierte sind laut Gesundheitsverwaltung bereits genesen und dürfen ihre häusliche Quarantäne wieder verlassen. Der Anteil der Infizierten ist unter den 25- bis 39-Jährigen am höchsten und die City ist stärker betroffen als die Außenbezirke.
Der mit dem Coronavirus infizierte AfD-Abgeordnete Martin Trefzer widerspricht der Darstellung im CP von gestern, wonach er leichtfertig an einer Ausschusssitzung teilgenommen und dadurch andere Abgeordnete gefährdet habe, statt in häuslicher Quarantäne auf sein (letztlich positives) Testergebnis zu warten: Nachdem er an einer Veranstaltung mit dem (coronainfizierten) israelischen Botschafter teilgenommen habe, sei er zum Test eingeladen worden, aber bereits eine Stunde später habe die Verwaltung des Abgeordnetenhauses unter Berufung auf „die Amtsärzte“ Entwarnung für die Teilnehmer dieser Veranstaltung gegeben.