gesicherte Informationen sind zurzeit der beste Impfstoff gegen das Coronavirus. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Senatskanzlei in den vergangenen Tagen in kürzester Zeit auf die Beine – vielmehr: ins Netz – gestellt haben, verdient großes Lob. Auf berlin.de/corona finden Sie ein ausführliches, übersichtliches FAQ zu den in den vergangenen Tagen vom Senat beschlossenen Sofort-Maßnahmen. Wichtig: Alle Infos sind auch in Englisch, Türkisch, Arabisch und Russisch lesbar. Die Mitarbeiter des Landesamts für Flüchtlinge haben außerdem Podcasts in acht Sprachen zum Umgang mit Quarantäne-Maßnahmen aufgenommen. Gute Nachrichten gegen falsche Neuigkeiten.
Zur Verwirrung hat der Senat leider auch selbst beigetragen. Die am Sonntag per Verordnung verhängte Daheim-Bleibe-Pflicht lädt zu freiem Interpretieren ein. So titelte etwa t-online am Mittwoch: „In Berlin darf man nicht mal mehr allein im Park sitzen”. Das ist laut Senatssprecherin Melanie Reinsch (CP von gestern) zwar nicht ganz richtig (kurz sitzen bleibt erlaubt), aber laut der beschlossenen Verordnung eben auch nicht komplett falsch (eigentlich ist nur Bewegung im Freien erlaubt). Verständlich? Jein.
Was die Berliner Regelung so kompliziert macht: Sie verbietet das Draußensein, räumt aber zahllose Ausnahmen ein (einen Überblick finden Sie hier). In den meisten anderen Bundesländern ist der Aufenthalt auf der Straße noch gestattet, wenn man bestimmte Regeln beachtet. Berliner müssen sich hingegen jederzeit rechtfertigen und ausweisen können, wenn sie ihre Wohnung verlassen. Wirksam vielleicht, juristisch aber heikel.
Wir setzen uns jetzt – kurz – für eine Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins, die dem Checkpoint vorliegt. Zwar sei unbestritten, heißt es darin, dass „weitreichende Beschränkungen des sozialen Lebens” erforderlich sind. „Ein generelles Verbot, die eigene Wohnung zu verlassen, ist dagegen mit dem Leitbild des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren.” Insbesondere die Berliner Regelung wird kritisiert: „Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht gezwungen werden, sich gegenüber der Polizei dafür zu rechtfertigen, warum sie von grundlegenden Freiheiten Gebrauch macht.” Es sei nicht hinnehmbar, gegenüber der Polizei darlegen zu müssen, warum man einen Arzt oder Rechtsanwalt aufsuchen müsse.
Das sitzt.
„Diesen CSU-Style hätte ich Rot-Rot-Grün gar nicht zugetraut", sagt Bernd Schlömer, FDP-Sprecher für Bürgerrechte, dem Checkpoint. Nur in Bayern ist die Regelung ähnlich streng. Die Berliner Lösung führe zu einem „Rechtfertigungszwang der Bürger, den ich kritisch sehe”, sagt Schlömer (genau wie Ex-Innenminister Gerhart Baum). Dass Kontaktverbote in dieser Lage grundsätzlich nötig sind, bezweifelt Schlömer nicht. Auf das Wie kommt es an.

Die härteste Opposition scheint momentan ohnehin in der Koalition selbst zu sitzen. Dort werden in Akkordarbeit weitreichende Entscheidungen getroffen. Im Hauptausschuss wurde am Mittwoch die 100-Millionen-Euro-Frage verhandelt: Woher soll man so viel Geld für die Finanzierung der neuen Coronavirus-Klinik auf dem Messegelände nehmen? Die Grünen meldeten haushaltsrechtliche Bedenken zu einem Vorschlag der SPD an, die fühlte ihre Senatoren zu Unrecht düpiert. Die Senatskanzlei musste vermitteln.
Mit einigen Stunden Verspätung und tiefen Zornesfalten im Gesicht wurde letztlich trotzdem ein rot-rot-grüner Weg gefunden: Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) wird das neue Spital über einen von zwei Nachtragshaushalten finanzieren. Außerdem gab die Koalition noch 28,6 Millionen Euro für 1.100 zusätzliche Beatmungsgeräte frei – die Kapazitäten für schwerkranke Covid-19 Patienten sollen so verdoppelt werden.
Und auch Berlin packt die Bazooka aus: 600 Millionen Euro für mittlere und kleinere Unternehmen sollen jetzt fließen. 300 Millionen Euro können kleine Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten, Freiberuflern und Solo-Selbstständigen beantragen. Die andere Hälfte des Sofortprogramms soll zinslose Kredite für kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten finanzieren. „Eine gewisse Firepower“, nannte Finanzsenator Kollatz das bei den Kollegen von der taz. Ob’s reicht? Wer weiß.
Zwei andere SPD-Entscheider, der Regierende Bürgermeister und seine Gesundheitssenatorin, üben sich derweil seit Wochenbeginn im Ping Pong: Dilek Kalayci empfahl am Mittwochabend wiederholt, dass über 70-Jährige sich „in Selbstquarantäne begeben“ sollten. Ihren ersten Aufschlag hatte Kalayci mit dieser Idee am Montag gemacht. Müller schmetterte am Dienstag im „rbb“ zurück übers Netz (CP von gestern). Kalayci konterte via Twitter.
Dem Gesetz der Serie folgend wäre der Regierende heute wieder dran. Oder sie sprechen mal miteinander.
Es gäbe auch sonst ausreichend Anlass zu Reden. Weil Schutzmasken, Handschuhe, Kittel und Desinfektionsmittel in vielen Kliniken (in Hausarztpraxen sowieso) schon jetzt knapp sind (CP vom 24.03.), haben sich die Beschäftigten von Vivantes und Charité jetzt in einem offenen Brief an Müller und Kalayci gewandt. Die vorhandenen Bestände an Schutzkleidung würden nicht reichen, die Personalsituation sei ähnlich mies.
Neidisch guckt man in Berlin in den Süden der Republik: Bayern und Baden-Württemberg machten es vor, schreiben die Beschäftigten, dort stellen Fabriken längst auf die Produktion von medizinischem Bedarf um. Der in Berlin ansässige Pharmariese Bayer hat von der Gesundheitsverwaltung dagegen noch nichts gehört, erfuhr der Checkpoint. Aus Koalitionskreisen heißt es, die zentrale Beschaffung von Schutzkleidung sei von Kalayci zu spät priorisiert worden. Das rächt sich langsam.
Das Schrumpfparlament. Zwei Abgeordnete sind mit dem Coronavirus infiziert. Trotzdem wird die Plenarsitzung heute stattfinden. Der Regierende Bürgermeister plant immerhin eine Regierungsansprache – natürlich zum Coronavirus. Einige Abgeordnete werden nicht dabei sein, weil die Infektion des AfD-Abgeordneten Martin Trefzer – ihm geht’s gut – Kreise zieht.
Trefzer hatte sich am vergangenen Donnerstag auf das Coronavirus testen lassen, war am Dienstag aber trotzdem zur Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Fall Hubertus Knabe gegangen. Weder das Testergebnis noch das Ende der angeratenen häuslichen Quarantäne hatte er abgewartet. Kurz danach die Nachricht: Trefzer ist positiv.
Parlamentskollegen bezeichneten sein Auftauchen im Ausschuss nun als „unvernünftig“ bis „grob fahrlässig“. Alle anderen Mitglieder wurden jetzt von einem Amtsarzt angeschrieben und sollen sich selbst überwachen. Die Linke-Abgeordnete Anne Helm wird sich vorsorglich in Quarantäne begeben und nicht an der Plenarsitzung teilnehmen. Mehrere AfD-Abgeordnete sollen sich ebenfalls isoliert haben, die Fraktion heute stark dezimiert sein. Das alles ist – leider – kein Witz.
1645 Menschen sind in Berlin mittlerweile mit dem Coronavirus infiziert, wie die Gesundheitsverwaltung mitteilte. Das sind 220 mehr als noch am Dienstag. Besonders deutlich ist die Steigerung der schwereren Erkrankungsverläufe: Im Krankenhaus isoliert und behandelt werden 208 Personen, davon werden mittlerweile 38 intensivmedizinisch behandelt.
Am Dienstag lagen diese Werte bei 112 beziehungsweise 26. Der vierte Covid-19-Patient ist am Mittwoch gestorben. Es handelt sich um einen 83 Jahre alten Mann mit Vorerkrankungen.
Wichtig zu wissen: Das Robert-Koch-Institut hat die Definition bei seiner Zählung angepasst. Es werden jetzt automatisch auch Kontaktpersonen mit Symptomen als infiziert gemeldet.
Auch beim Tagesspiegel gibt es einen weiteren an Covid-19 erkrankten Kollegen. Wir wünschen ihm von ganzem Herzen, dass er sich bald wieder erholt. Seiner Familie viel Kraft.
Was Sie selbst tun können, wenn Sie an Symptomen leiden und wo sie sich testen lassen können, lesen Sie hier. Das alles gibt‘s auch auf Englisch – genau wie den Checkpoint.
Die Zahl der Infizierten steigt weiter exponentiell, die Auslastung der Intensivbetten in Berlins Krankenhäusern ist aber noch unkritisch. Deutsche Ärzte halten es trotzdem für „wahrscheinlich, dass auch in Deutschland in kurzer Zeit (…) nicht mehr ausreichend intensivmedizinische Ressourcen für alle Patienten zur Verfügung stehen.“
Das schreiben sieben ärztliche Fachgesellschaften in einem gemeinsamen Papier, das dem Checkpoint vorliegt. Sie fordern eine Debatte über die Triage – also die Entscheidung, wer bei fehlenden Kapazitäten weiterbehandelt wird und wer nicht. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Papier:
+ „Wenn nicht mehr alle kritisch erkrankten Patienten auf die Intensivstation aufgenommen werden können, muss analog der Triage in der Katastrophenmedizin über die Verteilung der begrenzt verfügbaren Ressourcen entschieden werden.“
+ „Vorrangig werden dann diejenigen Patienten klinisch notfall- oder intensivmedizinisch behandelt, die dadurch eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bzw. eine bessere Gesamtprognose (auch im weiteren Verlauf) haben.“
+ „Eine Priorisierung ist aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht vertretbar – nur innerhalb der Gruppe der COVID-19-Erkrankten – und nicht zulässig allein aufgrund des kalendarischen Alters oder aufgrund sozialer Kriterien.“
+ „Entscheidungen sollen möglichst nach dem Mehraugen-Prinzip erfolgen unter Beteiligung von möglichst zwei intensivmedizinisch erfahrenen Ärzten und von möglichst einem Vertreter der Pflegenden.“
Damit wollen die Mediziner vorbereitet sein auf Situationen, wie sie im französischen Straßburg Alltag sind. Laut einem erschütternden Bericht des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin (DIFKM) werden dort seit dem 21. März Patienten, die älter sind als 80 Jahre, nicht mehr beatmet. Stattdessen erfolge „Sterbebegleitung mit Opiaten und Schlafmitteln“.
Korrektur: Vorerst bis zum 19. April wird der BerlKönig den regulären Betrieb einstellen und ausschließlich kostenlose Fahrten für medizinisches und pflegerisches Personal anbieten. Wir hatten geschrieben, der Senat würde dafür zahlen. Die Information basierte auf einem Missverständnis. Tatsächlich zahlen die BVG und ihr Kooperationspartner ViaVan die Aktion aus dem eigenen Geldbeutel. Wir bitten um Entschuldigung und wünschen den Ärzten und Pflegern: erholsame Fahrt!
Zum Abschluss drei gute Nachrichten:
+ Berlin setzt auf Solidarität: Senatssprecherin Melanie Reinsch bestätigte, dass die Charité zeitnah bis zu fünf schwer am Coronavirus erkrankte Patienten aus Italien aufnehmen und intensivmedizinisch behandeln wird. Zuvor hatte schon Sachsen angekündigt, sechs italienische Patienten aufzunehmen. Ein großer Schritt für die Geretteten, ein kleiner für Europa.
+ Flexible Verkehrsführung: Weil momentan weniger Busse und Autos fahren, baut Kreuzberg die Radwege aus. Mit provisorischen gelben Markierungen wurden auf den Hauptachsen Hallesches Ufer und Zossener Straße neue Zweiradspuren aufgeklebt. Die Anordnung gilt zunächst befristet für die Pandemie-Situation. Weiter Bezirke könnten folgen.
+ Abitur – bitte Ruhe: Die Prüfungen sollen (verspätet) stattfinden und nicht ausfallen. Darauf hat sich die Kultusministerkonferenz geeinigt. Seltenes Glücksgefühl für Schulsenatorin Sandra Scheeres: „Das war genau das, was wir wollten“, sagt sie.
Berliner Schnuppen

Telegramm
Wir gehen in die Luft: Der Senat erwägt, den Flughafen Tegel dichtzumachen. „Also, ich werde hier nicht das Versprechen abgeben, dass zum Beispiel Tegel oder eine andere Betriebsstätte des Flughafens nicht temporär geschlossen werden“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Mittwoch. Die Schließung war von den Sozialdemokraten ins Spiel gebracht worden (CP von gestern), weil der Flugverkehr zuletzt um 90 Prozent eingebrochen war.
Es kommentiert Tegel-Retter Sebastian Czaja: „Dieser Vorstoß aus der SPD ist völlig irrational.“ Ansichtssache. Alle News zur möglichen Tegel-Schließung und alle Entwicklungen des Tages lesen Sie in unserem Liveblog.
Wechseln wir auf die Straße: Zwar gab es in Berlin im vergangenen Jahr mehr Unfälle, aber weniger Tote und Verletzte. Das ist die erfreuliche Nachricht der Verkehrsunfallbilanz für 2019. Die Polizei zählte im vergangenen Jahr 2.300 Schwer- und 15.458 Leichtverletzte. Die Zahl der Verkehrstoten lag auf dem zweitniedrigsten Stand seit 1945. Es starben 40 Menschen im Straßenverkehr, fünf weniger als im Jahr zuvor – und trotzdem noch 40 zu viel.
Neues von der Berliner Ballettschule: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat nach den Vorwürfen um umstrittene Lehrmethoden endlich eine neue (Interims-)Schulleitung eingesetzt. Außerdem hatte sich die Auftrittshäufigkeit der Schüler – also ihre Belastung neben dem Unterricht – zwischen 2015 und 2019 nahezu verdoppelt. Die Details hat meine Kollegin Susanne Vieth-Entus.
Die Kiezkneipe „Syndikat“ in Neukölln bleibt – vorerst. Der Gerichtsvollzieher hat die für den 17. April angedachte Räumung wegen des Coronavirus' ausgesetzt. Zuvor hatte der Senat angekündigt, Zwangsräumungen in der kommenden Zeit aus- und niemanden auf die Straße zu setzen.
Die Berliner Polizei weist darauf hin, dass auch eine Pandemie kein Grund ist, auf der Autobahn mit Tempo 169 zu rasen. Nicht okay ist außerdem, den Rückwärtsgang einzulegen, wenn man deshalb in eine Kontrolle gerät. Alles völlig logisch – eigentlich.
Es scheint, als habe gerade jeder mit sich zu tun. Trotzdem sollten wir die Lage im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos nicht vergessen. Es ist längst die Hölle auf Erden. Laut den Seenotrettern von „Mission Lifeline“ soll dort nun auch noch die Krätze ausgebrochen sein, es gäbe kaum noch Medikamente. Berlin wollte eigentlich Flüchtlingskinder aufnehmen.
Aber wegen des Coronavirus' haben die Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) ihre Resettlement-Programme ausgesetzt. Die Kinder – und alle anderen – sitzen fest. Die „Mission Lifeline“ hat deshalb einen Aufruf zur Evakuierung gestartet.
Weil Innenstädte sich leeren, leiden die Tauben. Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet, dass tausende Tiere verhungern, da durch die Schließung von Restaurants, Cafés und Imbissbuden weniger Essensreste anfallen. Der Tierschutzbund appelliert an die Städte, Futterstellen aufzustellen und etwaige Fütterungsverbote zu lockern. Gurrr.
Zwei Polizei-Meldungen von gestern: Ein Mann hat in Lichtenberg mehrfach den Hitlergruß gezeigt, dann griff er Polizisten mit einem Messer an. In Charlottenburg wurde an die Wohnungstür einer Familie das Wort „RAUS“ geschmiert, neben die Tür das Wort „Müll“. Der Grund: Rassismus. Vergessen wir nicht: Nazis bleiben Nazis, Nazis bleiben unter uns – auch, wenn gerade kaum jemand über sie redet. Nazis bleiben die größte Bedrohung für unsere freie Gesellschaft.
Aus der Kategorie „Amt, aber glücklich“: Checkpoint-Leser Sebastian S. hat seine kleine Firma beim Arbeitsamt registriert, weil er womöglich Kurzarbeitsgeld beantragen muss. Das geht – erste Überraschung – telefonisch und, zweite Überraschung, völlig problemlos: „Keine Wartezeit, sehr freundliche und umsichtige Betreuung durch Herrn Heider vom Arbeitgeber-Service und zwei Minuten später noch die versprochene Mail mit den richtigen Informationen. Toll!“, schreibt S. – finden wir auch!
Voll nach vorn: Die BVG weitet ihr Angebot wieder aus, schreibt mein Kollege Jörn Hasselmann. Zwischen 6 und 9 Uhr wird der Fünf-Minuten-Takt wieder eingeführt. Nur auf der U1, U3 und U4 bleibt’s beim 10-Minuten-Takt. Auch am Nachmittag im Berufsverkehr werden auf Teilstrecken wieder mehr Züge eingesetzt. Damit der 1,5-Meter-Abstand zwischen uns keine Utopie bleibt.
Letzte Meldung: Vielerorts steht die Welt still. Das bringt unfassbar viele Herausforderungen mit sich, Krisen und Risiken. Aber für einen Moment kann es auch wunderschön sein und irgendwie rührend: Beweisen zum Beispiel diese Aufnahmen von Webcams aus aller Welt.
BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:
Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.
Zitat
„Wir sollen hier die Stellung halten, sind aber eigentlich nicht mehr existent. Ausgedünnt. Frustriert. Gekündigt.“
Mein Kollege Karl Grünberg hat Mitarbeiterinnen des Jugendamtes von Marzahn-Hellersdorf begleitet. Das Coronavirus macht den Kampf gegen häusliche Gewalt nahezu unmöglich.
Tweet des Tages
'Die Tagesschau geht gleich los', tönt es aufgeregt durch die Wohnung, als wäre es 1965.
Stadtleben
Wochenendplanung – Das Wochenende rückt näher, die Möglichkeiten zur freien Freizeitgestaltung sind weiterhin fern. Vorfreude auf die freien Tage weckt vielleicht der nächste Tipp: Holen Sie sich doch einfach die Berlinale nach Hause. Na gut, nicht die richtige, aber ihr eigenes Filmfestival. Mit den Filmen, die aktuell auf verschiedenen Plattformen zur Verfügung stehen, lässt sich ein Festivalprogramm für mehrere Wochen zusammenstellen. Wer den Planungsstab nicht selbst besetzen will, übergibt an den Nachwuchs: Bei der „Sofinale“ gibt es zahlreiche Aufgaben zu verteilen. Eine Sichtungsjury schlägt Filme vor, das kuratorische Komitee stellt die Auswahl zusammen, Programmhefte müssen angefertigt unddie einzelnen Filme gebührend anmoderiert werden. Auch Freunde und Nachbarn werden digital eingeladen, die „Sofinale“ kann in mehreren Wohnzimmern parallel stattfinden. Hier ein paar mögliche Sektionen mit den passenden Quellen: Kurz- und Experimentalfilm (arsenal 3), Retrospektive (Popcorntimes), Dokumentation (Dokostream), Arthouse (Mubi in Zusammenarbeit mit dem Kino York), Jugendfilm (Youtube: Anregungen gibt es in den Programmen der verschiedenen deutschen Jugendfilmfestivals). Und welcher Film am Schluss die goldene Couch bekommt, entscheiden natürlich alle. Wir wünschen eine gute Projektion!
Wasserwissen – Wer ist immer zur Stelle an der Quelle? Die Berliner Wasserbetriebe. Eine Quelle für den Heimunterricht ist vor allem ihre Lernseite für Kinder. Gemeinsam mit der gelben Ente Paula Platsch können Kinder alles zum Thema Wasser lernen. In Hörspielen, Erklärvideos und kurzen Texten taucht die Entendame in das Thema Wasserwirtschaft ein und nimmt die Kinder mit an lokale Wasserwerke und Seen. In Experimenten und Ratespielen kann sich der Wissensfluss entfalten. Paula führt den Kindern beispielsweise vor Augen, wie oft und bei welchen Gelegenheiten, sie Wasser verwenden. Ein Angebot ohne Ente gibt es für Jugendliche. Hier wird geballtes Physik-, Biologie- und Erdkundewissen durch Erklärtexte und Grafiken vermittelt. Für Eltern gibt es außerdem Unterrichtsmaterialien und Informationen, auch im Bereich Nachhaltigkeit und Klimawandel. Damit heißt es für den Heimunterricht ab sofort: Wissen marsch!
Das ganze Stadtleben gibt's mit Checkpoint-Abo.
Lieferdienst – Der Onlineshop des Stay Home Club führt die klassischen Produkte für die häusliche Isolation: Wasser, Wodka, Kondome und Klopapier. Und Food-Pakete natürlich. Ein Zusammenschluss Berliner Unternehmer will damit faire und nachhaltige Produkte zu Zeiten der Krise unter die Leute bringen. Mit dabei ist der vegane Kondomhersteller Einhorn und der Lebensmittel-Retter Sirplus. Mit jeder Bestellung spendet der Lieferdienst 5 Euro an Berliner Clubs und Künstler. Unser Tipp: Der Mindestbestellwert von 50 Euro wird leichter erreicht, wenn mehrere Haushalte gemeinschaftlich bestellen. Vielleicht per WhatsApp oder Aushang mal die Nachbarn fragen, ob Bedarf besteht. Denn gerade Klopapier, scheint momentan ein besonders wichtiges Wirtschaftsgut zu sein.
Heimtrainer – Erst Tag vier der Ausgangsbeschränkungen und keine Idee mehr, wohin mit der ganzen Energie? Ein Tipp für Überaktive, die nach stundenlangen Workout immer noch Power haben: Möbel schleppen. Nicht in eine andere Wohnung, sondern innerhalb der eigenen. Jetzt ist Zeit, sich zu fragen, warum das Wohnzimmer am vermeintlich falschen Ende des Flurs liegt und ob die Zimmerverteilung in der WG wirklich sinnvoll ist. Allein das Verrücken von Möbeln innerhalb eines Raumes kann ein völlig neues Wohngefühl erzeugen. Wer einmal angefangen hat, merkt schnell, dass sich automatisch neue Aufgaben ergeben: Kleiderschrank ausmisten oder Küchen-Kernsäuberung zum Beispiel. Das Gute an dem Beschäftigungsprogramm: Gefällt es am Ende nicht, bleibt genug Zeit, wieder alles zurückzustellen. Zusatztipp von Marc-Uwe Klings kommunistischem Känguru: „Wenn man für ein paar Tage die Möbel umstellt, kann man ganz billig Urlaub machen.“
Hausbar, die Zweite – Nach unseren gestrigen Tipps für Bars, mit deren Hilfe das Wohnzimmer zur exklusiven Privatlounge wird, hier die nächste Runde:Die Fabelei Bar bringt den Schönebergern die Cocktails on the rocks an die Tür. Zur Auswahl stehen acht Mischungen, u.a. der Klassiker Manhattan für 19 Euro oder eine Elisabeth (Johnnie Walker Black Label, Talisker Skye, Ingwer, Honig, Zitrone, durch Milch gefiltert) für 22 Euro. Bestellt wird per Mail und gezahlt mit Karte oder per Überweisung. Hier muss die Cocktailstunde allerdings vorgeplant werden, den Bestellungen für den selben Tag müssen bis spätestens 12 Uhr abgegeben werden. Geliefert wird von 15 bis 20 Uhr. Das Velvet in Neukölln liefert Flüssiges für das ganze Wochenende. Mit der Cocktailbox kommen 5 verschiedene Mixgetränke in kleinen Vakuum-Beuteln ins Haus, die Auswahl wechselt wöchentlich, gearbeitet wird mit Zutaten aus der Region. Ein Set kostet 50 Euro, geliefert wird innerhalb des S-Bahn-Rings, jeweils montags und freitags ab 16.30 Uhr. Bestellungen können Sie bis 13 Uhr per Mail oder auf Instagram aufgeben. In diesem Sinne: Hoch die Tassen.
Theater – Eine Rückzahlung von 14 Millionen Euro, sowie ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung. So lautete das erste Urteil im Cum-Ex-Prozess gegen einen beteiligten Aktienhändler vergangene Woche. Durch die Cum-Ex-Geschäfte konnten sich Geschäftstreibende durch Mehfacherstattung von Steuern jahrelang am Staatshaushalt bedienen. Das Recherchezentrum Correktiv konnte den Steuerraub mithilfe von NDR, Zeit und anderen Medienhäusern vor zwei Jahren aufdecken. Der Regisseur Helge Schmidt begleitete den journalisitschen Prozess und fand darin den Stoff für seine Inszenierung „Cum-Ex Papers“. Damit brachte er im vergangenen Herbst das komplexe Steuergeflecht im Hamburger Lichthof auf die Bühne. Ein Sog aus Gier, Macht und Geld, wie „The Wolf of Wall Street“, nur im echten Leben. Die Vorstellung zeigt Spectyou zur Zeit kostenfrei online. Um Spenden wird gebeten.
Einen ideenreichen Start in den Donnerstag wünscht Ihnen Nina Dworschak.
Berlins heimliche HeldInnen
„Bei uns herrscht gerade die Ruhe vor dem Sturm“, berichtet Jennifer Rey Salazar, Krankenschwester auf einer Intensivstation in einem Berliner Krankenhaus. „Seit dem Beginn der Corona-Krise haben wir auf meiner Station zehn Beatmungsplätze dazubekommen und damit begonnen, Personal von den Peripherstationen in die Geräte einzuarbeiten. Des Weiteren haben wir momentan weniger Patienten, um Platz zu schaffen, falls Coronafälle kommen. Das normale Operationsprogramm von Eingriffen, die keine Notfälle sind, wurde auch abgesagt.“ Aktuell sei die Stimmung im Kollegium gelassen, auch wenn der Krankenstand hoch und die Organisation von Kinderbetreuung schwierig sei. „Alle sind motiviert, es anzugehen.“ Stören tut sie allerdings, dass zu wenig an die Gesundheit des Personals gedacht wird: „Materialien wie FFP2-Masken sind knapp und Desinfektionsmittel werden rationiert.“ Außerdem mache sie sich auch Sorgen, wie die Situation in Deutschland sich entwickelt. „Alle haben Angst davor, dass uns die gleiche Situation wie in Italien ereilt und wir haben nicht das Gefühl, dass unser Gesundheitssystem das aushält. Aber wir geben unser Bestes!“ (Text: pl; Foto: privat)

In den kommenden Tagen wollen wir an dieser Stelle Menschen vorstellen, die Berlin aktuell am Laufen halten. Wem wollen Sie danke sagen? Schreiben Sie uns gerne: checkpoint@tagesspiegel.de
>Berlin heute
Verkehr – Frankfurter Allee (Lichtenberg): Stadteinwärts sind bis Anfang April auf Höhe der Ruschestraße nur zwei Fahrstreifen befahrbar.
Brunsbütteler Damm (Spandau): Wegen Reparaturarbeiten steht in Richtung Staaken auf Höhe Klosterstraße nur eine Spur zur Verfügung.
A 10 (Michendorf): Im Bereich der Rastanlage Michendorf-Süd in Richtung Dreieck Nuthetal kann heute nur auf zwei Spuren gefahren werden.
A 111 (Reinickendorf): Zwischen 21-5 Uhr ist die Autobahn stadteinwärts ab der Ausfahrt Waidmannsluster Damm/Hermsdorfer Damm bis zur Anschlussstelle Am Festplatz gesperrt. Ab 20 Uhr werden die dazwischenliegenden Abfahrten gesperrt.
Gericht – Drei Männer, die eine Frau mit Medikamenten betäubt und dann nacheinander vergewaltigt haben sollen, kommen auf die Anklagebank. Die 19- bis 30-Jährigen sollen das Opfer nach der sexuellen Misshandlung bespuckt und beleidigt haben (13.30 Uhr, Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 91, Saal 500).
Berliner Gesellschaft
Geburtstag – Reinhold Andert (76), Liedermacher / Maximilian Arland (39), Sänger und Moderator / Doris Boberg, „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag von den Wilmersdorfern“ / Sandra Friedrich, Leiterin der Tagesspiegel Unternehmenskommunikation, „beste Chefin, immer gut gelaunt und hilfsbereit. Wir gratulieren herzlich!“ / Brian Geisler (13), „Endlich Teenager! Eine turbulente Zeit wünscht dir Oma Marion“ / Klaus Hoffmann (69), Sänger / Robin M. (41), „Lieblingsnerd, Zwillingspapa, Ehemann unser ,kleinen' Schwester Anni, alles Gute und virtuelle Umarmung von BuB aus Neuruppin“ / Maja Maneiro (38), Schauspielerin / Axel Prahl (60), Schauspieler / Jens Reich (81), Molekularbiologe und Bürgerrechtler
Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Gestorben – Karl Jürgen Beutel, * 15. September 1932 / Arnulf Kraft, * 2. Oktober 1936, Pfarrer i.R. und Mitbegründer der Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen / Rolf Runtemund, * 10. Mai 1952
Stolperstein – In Halensee, am Kürstendamm 100, lebte Cecilie Kühnberg (Jgh. 1855) mit ihrem Sohn Felix. Um die Berliner Vorzeigestraße „judenfrei“ zu machen, mussten beide kurz vor ihrer Deportation nach Schöneberg umsiedeln. Ihre Deportation ins Ghetto Theresienstadt erfolgte am 17. März 1943 vom Güterbahnhof Moabit. Nur wenige Tage später, am 26. März 1943 – heute vor 77 Jahren – wurde Cecilie Kühnberg im Alter von 87 Jahren ermordet.
Encore
Fällt Ihnen schon die Decke auf den Kopf? Oder der Himmel? Hilfe naht: Meine Tagesspiegel-Kollegen Matthias Jauch und Nantke Garrelts haben mit dem Astronauten Alexander Gerst (Sie erinnern sich: der Christian Drosten des Weltraums) über Einsamkeit im All und die besten Tipps gegen soziale Isolation gesprochen.
Zum Miteinander in der Isolation:
„Was auf der ISS wirklich entscheidend war, ist die Kommunikation. Deswegen finde ich das Wort „Social Distancing“ auch so unglücklich. Wir sind zwar körperlich getrennt, aber umso wichtiger ist es, dass man dies auffängt. Zum Beispiel, indem man häufig telefoniert, ob nun mit Freunden oder Familienmitgliedern.“
Zu Konflikten auf engem Raum:
„Wenn man lange zusammen im selben Raum ist, muss man auf einander aufpassen. (…) Oder man räumt auch mal Dinge weg, die nicht einem selbst gehören. Eine Einstellung nach dem Motto „Tust du mir das an, tu ich dir das an“ wäre der falsche Weg.“
Zum Zeitvertreib in der Isolation:
„Für mich war der Sport sehr wichtig. Zweieinhalb Stunden war ich täglich aktiv, auf dem Laufband, Fahrrad oder einem Crosstrainer, hörte Serien oder guckte dabei Serien und konnte gut abschalten. Was aber genauso wichtig war: die Möglichkeit, sich zurückziehen zu können. Jeder Mensch braucht einen Rückzugsraum.“
Das ganze Interview mit Alexander Gerst lesen Sie heute im gedruckten Tagesspiegel.
In diesem Sinne: Ganz großes Tennis können Sie, das wünsche ich Ihnen, auch zu Hause haben. Und morgen schlägt hier Stefan Jacobs für Sie auf.
