heute vor 30 Jahren habe ich am Kollwitzplatz mit einem Bier in der Hand auf die Deutsche Einheit gewartet, mehr neugierig als ergriffen. Gegen Mitternacht waren von weit her ein paar Böller zu hören, irgendwo splitterte Glas. Wir gingen zurück ins „Westphal“ und diskutierten weiter, ob das jetzt der Beginn eines neuen Nationalismus war oder von etwas ganz Normalem. Niemand hätte sich vorstellen können, dass in dieser dunklen, heruntergekommenen Gegend ein paar Jahre später der US-Präsident mit dem Bundeskanzler in einem feinen Lokal Namens „Gugelhof“ speisen würde.
Auch im Tagesspiegel blicken wir heute mit einer Sonderausgabe zurück, wieder etwas anders als in den Jahren zuvor. Mauerfall und staatliche Einheit verlassen langsam den zeitgeschichtlichen Orbit, der um die immer gleiche, doch jedes Mal um Nuancen blassere Erzählung kreist. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass sich immer alles auch wieder ändern kann. Das macht mal Hoffnung, und mal macht es Angst. Aber fertig mit der Geschichte werden wir nie.
Unser Programm (u.a.): Aufstieg und Absturz der Interflug / Wo Berlin sich nicht verändert hat / Ost-Lehrerin und West-Lehrer erzählen / Wie Osteuropäer die Einheit sehen / Steffen Mau über Heimat / Stephan Steinlein über Diplomatie / Unterwegs auf dem Mauerradweg / Die vergessenen Bücher der DDR / Die schönsten Filme zur Einheit.
Außerdem: Robert Ide beschreibt, warum die Einheit so schnell gehen musste, welche Spuren sie hinterlassen hat und was sie uns bis heute lehrt (hier zu lesen).