Am Montag eröffnet „Berlins neue Kathedrale des Wissens“ (Hermann Parzinger im Tagespiegel): die Staatsbibliothek Unter den Linden (nach 15 Jahren Sanierung). Eigentlich wäre das ein Feiertag für die Berliner Kultur, aber die hat der Senat zum Weinen in den Übungsraum verbannt (und jetzt schließen auch noch die Bibliotheken – mehr dazu gleich).
183mal taucht das Wort „Kultur“ im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag auf – in der Senatsliste der systemrelevanten Berufe dagegen nur zweimal: bei „Sonderkultur- und Gartenbaubetrieb“ sowie „Aquakultur“. Von Theater, Musik, Malerei, Literatur keine Spur (als hätten Künstler im Lockdown nichts zu tun).
„Kultur ist für die öffentliche Selbstverständigung der Stadtgesellschaft lebenswichtig und unentbehrlich“, hatte die Stadtregierung zu Beginn ihrer Amtszeit 2016 postuliert – am Ende reicht es nicht einmal mehr zu einem Berechtigungsschein für die „Notversorgung“ in der Kita.
„Den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“, lautet ein zentrales Kapitel im Koalitionsvertrag – doch dieses Versprechen zerbröselt in der Krise wie ein zertretenes Knäckebrot. Der Senat teilt Berlin in zwei Hälften: Auf der einen Seite leben und arbeiten diejenigen, die von den Verwaltungen als „systemrelevant“ erstklassifiziert wurden. Versicherungsmakler sind ebenso darunter wie Mitarbeiter von Besamungsstationen und Brütereien, Abgeordnete, Imker, Journalisten und Fischer (Soldaten u.U. übrigens doch auch, CP von gestern).