Für einen dauerhaften Alarmzustand sind die wenigsten Menschen gemacht. Ob die ständigen Appelle von Michael Müller, Ramona Pop und Klaus Lederer noch zu irgendjemandem durchdringen? „Wir müssen einen langen Atem haben. Uns darf nicht die Puste ausgehen“, sagte Müller bei der Pressekonferenz des Senats. Als wüssten die meisten das nicht längst. Man kann es dem Senat schwer anlasten: Bund und Länder haben gemeinsam entschieden, mit dem „Lockdown-Light“ die Welle langsam glatt zu surfen, statt sie schnell zu brechen. Wirtschaftssenatorin Pop formulierte: „Wir haben die Dynamik gestoppt.“
Kaum einer glaubt mehr ernsthaft, dass die Restriktionen effektiv oder gar zügig wirken. Kultursenator Klaus Lederer sagte das so: „Es liegt jetzt eine längere Strecke vor uns und es deutet sich an, dass wir damit auch in den Januar hineingehen werden.“ Viele haben aber längst den Überblick verloren, was erlaubt sein soll oder verboten. Sie sind nicht zu doof oder faul zu verstehen, sondern haben existenzielle Sorgen und Ängste. Das Handeln nach Gefühl regiert. Das besonders Bittere daran ist: Die höchsten Opportunitätskosten tragen all jene, die sich am stärksten an die Regeln halten oder mehr machen wollen als vorgeschrieben wäre. Denn viele tun in der Freizeit, was sie können - aber Schule und Job sollen ja weiterlaufen. Das ändert kein Appell, kein langer Atem.
Im Senat war sich die Rot-Rot-Grün am Donnerstag weitgehend einig, die Beschlüsse der Bund-Länder-Gespräche mitzutragen. Die Pressekonferenz startete wegen interner Friedlichkeit sogar früher als gedacht.