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Bericht zur Neuköllner Anschlagsserie bleibt geheimCharité-Wissenschaftler erwartet Corona-Pandemie 90 Hohenzollern müssen mitsamt Särgen vorerst aus dem Berliner Dom ausziehen

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die Berliner Innenpolitik hat einen Knick in der Optik - erst bekamen die Sicherheitsbehörden die Anschläge Neuköllner Rechtsextremisten nicht in den Blick, dann verloren sie ihre Spuren aus den Augen, und jetzt verschwindet der Zwischenbericht auch noch im Dunklen: Als „Verschlusssache“ deklariert, können ihn die Abgeordneten nur im Geheimschutzraum einsehen – ohne Protokoll. Noch was? Ach ja, zur Vertiefung der Sehstörungen trug auch die Einladung des Ausschussdienstes zur vertraulichen Einsichtnahme bei. Dort wurde im „Betreff“ ein „Bericht Lupe“ angekündigt – tatsächlich heißt die Soko aber „Focus“, und so heißt auch der Bericht. In einer weiteren Mail bittet der Ausschussdienst „um Nachsicht“, man habe sich „aufgrund eines Übermittlungsfehlers in der Begriffswahl vertan“. Oder sollte es „Berufswahl“ heißen?

Wenn ein Virus Schultheiß oder Kindl heißen würde, wäre längst mehr Aufregung in Berlin – aber Corona? Das war für uns bis vor kurzem nur ein etwas teures mexikanisches Bier in ungefärbten Flaschen und ist jetzt eben ein Problem in Asien. Doch der „Sars“-Entdecker Christian Drosten warnt: „Wir müssen uns auf eine Pandemie einstellen.“ Bei einer Veranstaltung im Berliner Naturkundemuseum mahnte der Charité-Virologe Verhaltensänderungen an, wahrscheinlich meint er damit auch sowas wie z.B. nicht aus derselben Flasche trinken – ganz egal, was draufsteht oder drin ist.

Das Naturkundemuseum sucht übrigens gerade „eine/n Collection Manager (m/w/d)“ – vielleicht sollen ja bei der Corona-Veranstaltung womöglich verbreiteten Viren ganz schnell wieder eingesammelt werden, denn Drosten warnte ganz besonders vor „super-spreading events“. Und ein solches könnte die Vorlesung des Professors ja selbst gewesen sein.

Jetzt werden auch noch die Grufties gentrifiziert: 90 Hohenzollern müssen bis zum Ende der Sanierungsarbeiten mitsamt ihren Särgen aus dem Dom ausziehen. Die Übergangsadresse bleibt geheim, die Leute sind wegen der Rückübertragungsforderungen der kaiserlichen Ururenkel ja gerade nicht so gut auf die Monarchie zu sprechen. Und mit den Nazis hat‘s auch was zu tun. Denn während sich die Gelehrten noch über die Rolle der Hohenzollern im Nationalsozialismus streiten, haben andere Leute einfach mal z.B. in die „Chronik der Stadt Bad Belzig“ südwestlich von Berlin geschaut – und den Eintrag vom 8. März 1932 gefunden: „Über 1000 Zuhörer besuchten die Massenversammlung in den Sälen des Hotels Burg Eisenhardt und des Schützenhauses, wo die Redner Prinz August Wilhelm von Preußen und Wohlleben zur Wahl Hitlers aufforderten.“ Noch Fragen, Ihre Majestät?

Kündigung von Air-Berlin-Piloten unwirksam“ klingt ja auch irgendwie nach einer Meldung aus der Gruft. Ist aber ein ganz anderes morbides Thema.

Der Blick auf den Immo-Markt: Im Angebot ist eine 2-Zimmer-Whg im Neuköllner Schillerkiez, unter „Sonstiges“ folgende Anmerkung: „Vom Vermieter werden einzelne Damen als Mieter bevorzugt.“ Hm, vom Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz bis zum Bordellbetrieb ist da ja alles drin, also rufen wir doch mal an… und es stellt sich heraus: „Der Vermieter“ ist ein älteres Paar, das „schlechte Erfahrungen mit alleinstehenden Männern“ hat…

… und schon haben wir eine perfekte Überleitung zur nächsten Meldung, obwohl die Herren, um die es hier geht, nicht alleinstehend sind: Berlins CDU-Chef Kai Wegner („Es darf kein Nachteil sein, ein Mann zu sein“) unterstützt beim Kampf um die Bundesparteiführung Friedrich Merz („Es ist übrigens Zufall, dass Tiefs im Augenblick Frauennamen tragen“).

p.s.: Die Wohnung für alleinstehende Damen ist übrigens inzwischen schon wieder vergeben – und im nächsten Jahr tragen die Tiefs rein zufällig wieder Männernamen, vielleicht heißen sie dann Friedrich oder Kai.

Telegramm

Große Ereignisse werfen ihre Kamelle voraus – und so heißt es in einer Bundestagsrundmail des Personalrats unter dem Betreff „Wichtig: Anmeldung Gruppenkostüm“:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie bereits angekündigt, wollen wir auf unserer Party ‚Karneval trifft Fasching‘ am 20. Februar 2020 im Lampenladen über das beste Gruppenkostüm via Smartphone abstimmen. Bitte melden Sie daher das Motto Ihres Gruppenkostüms und/oder Ihres Beitrags zum Programm bis zum 17. Februar 2020 an folgende E-Mail: karneval@bundestag.de. Wir freuen uns auf Ihr Kommen. Berlin HeiJo. Ihr Personalrat

Der Checkpoint hat sich schon mal unter den bisherigen Anmeldungen umgeschaut, in Führung liegt derzeit eine Berliner Gruppe: „Das Büro Gelbhaar“, schreibt MdB Stefan Gelbhaar, „würde als Pkw-Maut kommen – also dann doch nicht kommen“. Tätä tätä tätä.

Der Grünen-Abgeordnete könnte mit seiner Gruppe allerdings auch als höhere Anwohnerparkgebühr, Tempo 30 in der Innenstadt oder Tempo 130 auf der Autobahn zur Party kommen - also dann doch nicht kommen, denn das kommt auch nicht: Allen drei Bundesratsinitiativen des Senats hat Auspuffminister Scheuer mit einem Brief an die 16 Länder vor der heutigen Abstimmung die Luft rausgelassen.

Wir kommen zum Checkpoint-Anlagetipp. Erst gestern hatten wir hier eine Investition in Bauzäune empfohlen (auf der Stößenseebrücke kassierte der Aufsteller eines Mini-Provisoriums 32.000 Euro Miete vom Land Berlin), schon fordert die CDU T’hof-S‘berg, das 9-qm-Plätzchen an der Ecke Crellestraße / Großgörschenstraße mit einem Zaun vor weiterer Verwahrlosung zu schützen – die Begründung: Seit der Imbiss „Zum Eumel“ dichtgemacht hat, toben sich hier die Eumel aus. Und das ist dann nun doch schon wieder irgendwie zum Beeumeln.

Februar 2020 in Berlin: Bienen und Spatzen tanzen um blühende Krokusse herum, am Wochenende wird’s nasse 16 Grad – und bei uns um die Ecke in der Inselstraße liegen noch Weihnachtsbäume vorm Haus. Halleluja. Bei Ihnen auch? Dann sammeln wir doch hier mal per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de die Adressen für eine Gemeinschaftsmeldung an die BSR, bevor die Dinger Wurzeln schlagen.

Unsere Kollegin Laura Hofmann verlässt den Checkpoint und den Tagesspiegel – es zieht sie in die Politik, zum 1. März wird sie Sprecherin der Grünen-Fraktion im Agh. Und wir sortieren hier schon mal ein paar Fragen, damit es ihr da nicht so schnell langweilig wird.

Falls Sie 40 Stück iPhone 8 mit 64 GB übrighaben sollten: Die Berliner Feuerwehr möchte sie gerne kaufen – aber nur in der Farbe „Space grau“ (was dann doch ein wenig abgehoben klingt).

Heute ist „Gedenktag des Haustierdiebstahls“ – falls Sie also eine Valentinskatze geschenkt bekommen, lassen Sie sich vorsichtshalber den Bon zeigen (bekommt jetzt jeder).

Checkpoint-Abonnenten lesen heute außerdem

+ Valentin – Wo Sie in Berlin am Valentinstag nicht nur die Liebe, sondern auch die Völkerverständigung feiern können. 

+ Alte Münze – Was die Griessmühle so an ihrem neu Standort treibt 

+BRD – Wo Sie in Berlin der alten Bundesrepublik nachhängen können

+Shuffleboard – Wie das Rentnerspiel jetzt hip werden soll

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BER Count Up – Tage seit Nichteröffnung:

3073

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Wunder vollbracht: Am 31. Oktober 2020 ist der Flughafen BER offiziell eröffnet worden. 3.073 Tage nach der ersten Nicht-Eröffnung stellen wir damit unseren Count Up ein. Wer nochmal zurück blicken will: Im Tagesspiegel Checkpoint Podcast "Eine Runde Berlin" spricht Lütke Daldrup mit Tagesspiegel Chefredakteur Lorenz Maroldt und Checkpoint Redakteurin Ann-Kathrin Hipp über detailverliebte Kontrollen, politische Befindlichkeiten und aufgestaute Urlaubstage.

Zitat

Im Bezirksamt gibt es keine Zuständigkeit für Funkblocker.“

Stadtrat Ephraim Gothe auf die Frage des Verordneten Taylan Kurt, der wissen wollte, was das Bezirksamt gegen den Einsatz von „Funkblockern“ in der „Mall of Berlin“ zu tun gedenkt – die Anfrage trug übrigens den Titel „Ungestört shoppen“.

 

Tweet des Tages

Zum Vorwurf, ich hätte die Formulierung „Völkermord an den Armeniern“ verwendet: „Das trifft zu. Ich kann einen Völkermord schlecht ein Basketballspiel nennen.

@Besser_Deniz

Antwort d. Red.: Deniz Yücel kommentiert bei Twitter die Forderung der türkischen Staatsanwaltschaft, ihn zu 16 Jahren Haft zu verurteilen. Dem Prozess selbst bleibt der Journalist fern.

Stadtleben

Essen und Trinken – Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie es noch nicht mitbekommen haben: Heute ist Valentinstag. Tag der Liebe. Oder Tag der Pralinen- und Blumenindustrie, wie man es etwas weniger romantisch ausdrücken könnte. Doch ganz egal, wie man dieser Tradition gegenübersteht – Liebe an sich ist ja meist etwas Gutes. Sie gehört auch zu Freundschaft, Mitgefühl und Friede. All das gibt es – egal, ob zum Date oder zum freundschaftlich-liebevollen Beisammensein – heute Abend beim vegan-vegetarischen Valentine’s Dinner im Kanaan am Helmholtzplatz. Dort kann man auch gleich noch etwas über Völkerverständigung lernen: Das Restaurant wird geführt von einem Israeli und einem Palästinenser. Die Dinner-Platten (29 Euro p.P.) gibt es wahlweise als israelisch-deutsche, israelisch-palästinensische oder palästinensisch-deutsche Affäre. Was immer dabei ist: ganz viel Hummus. Das gibt es in durchaus spannenden Kombinationen, z.B. mit Kartoffelpuffern, veganer Currywurst und selbst gemachten Essiggurken. Danach mit dem „Sunset Rosé“ oder einem Tel Aviv Mule auf die Liebe, die Freundschaft oder irgendwas dazwischen trinken. Ab 18 Uhr, Schliemannstraße 15, S-Bhf Prenzlauer Allee, Reservierung hier.

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – Nicole Hipp, „Liebste Grüße aus Berlin!“ / Robbin Juhnke (53), für die CDU im AGH / Friedrich Knilli (90), „Begründer der Medienwissenschaft in Deutschland“ /Romy Nitz (36), „Skull- und Dollenbruch wünschen die Stephs“ / Klaus Rennkamp (68), in Lippstadt lebender Berlinenthusiast / Roman WagnerMaria Wedig (36), Schauspielerin / Rosie Wollenberg, „die herzlichsten Glückwünsche von Dagmar und Jens“ / Michael Zürn (61), Politikwissenschaftler / Nachträglich: Julius Neumeister (19), „die besten Wünsche für eine gute Zukunft“

SonnabendSerge Aubin (45), Cheftrainer der Eisbären Berlin / Elke Heidenreich (77), Moderatorin / Romuald Karmakar (55), Filmemacher / Reinhard Loske (61), Volkswissenschaftler / Patrick Pohle (47), „bester Schwiegersohn“ / Sandra Scheeres (50), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie (SPD) / Clemens Schick (48), Schauspieler / Lothar Zmija, „Glückwunsch zu einem Jahr mehr als Johnny Cash“

SonntagSusanne Baer (56), Richterin des Bundesverfassungsgerichts / Jan Peter Bremer (55), Schriftsteller / Andreas Homoki (60), ehem. Intendant der Komischen Oper / Wolfgang Lippert (69), Sänger und Moderator / Sibylle Pomorin (64), Jazzmusikerin / Didi (48), „Liebster Bruder, meine herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag! Das ist ein besonderes Jahr für Dich! Du wirst das KINO schon schaukeln!“ / „Lieber Jecco, auch 61 tut ja gar nicht weh! Alles Gute, Deine Gattin“

Sie möchten jemandem zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.

GestorbenDr. Thomas Lennert, * 14. März 1940 / Alfred Popper, * 1930 / Wolfgang Spiering, * 5. Juli 1951 / Hans-Joachim Vogel, * 14. September 1943

Stolperstein – Jacob Stargardt (Jhg. 1860) war Kaufmann und lebte mit seiner Frau und zwei Kindern in der Straße Alt-Moabit 85a. Am 29. Januar 1943 wurde das Ehepaar nach Theresienstadt deportiert, wo Jacob Stargardt heute vor 77 Jahren ermordet wurde.

Encore

Die „Zitty“ zitiert zum Beginn der Berlinale nächste Woche den „Guardian“, dort stand: „Stellten wir uns den Filmfest-Markt als Buffet vor, wäre Cannes eine Bouillabaisse, Sundance ein Burger mit frischem Relish und die Berlinale eine Tofubratwurst mit Brokkoli“ – wenn‘s schon nicht schmeckt, bleibt doch die Hoffnung, dass es gut ist für die Gesundheit. Ach herrje… Lieber Bruno Ganz, der Du vor genau einem Jahr gestorben bist und jetzt als echter Engel aus dem Himmel über Berlin auf uns herabschaust, sag: Was ist nur aus dieser Stadt geworden? 

Morgen früh setzt sich hier Checkpoint-Cineast Robert Ide nochmal in den Regiestuhl, bevor der sich danach für seine tägliche Kolumne im Tagesspiegel ganz der Berlinale widmet. Ich wünsche ihnen ein Wochenende in Technicolor – alles Gute, bis dahin,

Ihr Lorenz Maroldt

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