Einzelne Wolken bei 22°C

Eine der größten Grundschulen Berlins wird teilweise geschlossen – wegen Schimmel Warum die Mieten auch bei einer Vergesellschaftung nicht sinken werden Der Verteilungskampf um Gas hat längst begonnen

von Daniel Böldt
und Joana Voss

heute starten wir in den Tag mit einer Nachricht „von der winterlichen Île de la Réunion mit einer Tagestemperatur von ca. 25 Grad und Familie Lehmann sendet die herzlichsten Urlaubsgrüße.“

Foto Familie Lehmann (Île de la Réunion)

Beach, Berge oder Balkonien – nehmen Sie uns mit! An dieser Stelle zeigen wir während der Sommerferien, wo Sie gerade den Checkpoint lesen. Schicken Sie uns ein Foto mit einem Satz zum Urlaubsort an checkpoint@tagesspiegel.de.

Viel war am gestrigen Tag von Solidarität die Rede. Um 15 Prozent wollen die EU-Mitgliedsstaaten ihren Gasverbrauch senken, um die drohende Energieknappheit in Grenzen zu halten. Dass dabei auch jene Staaten mitmachen, die nicht so sehr vom russischen Gas abhängig sind wie Deutschland, kann man in der Tat als starkes Zeichen der EU gegen Putins Erpressungsversuch werten (auch wenn es viele Ausnahmen gibt). Leider wird durch so eine Ankündigung noch kein einziger Kubikmeter Gas gespart. Irgendwann und irgendwo muss es also konkret werden. Auf was sollen Bürger:innen im Detail verzichten? Welche Unternehmen sollen im Ernstfall wie viel Gas sparen? Die Debatte wird kommen, und sie wird nicht schön werden.

Ein Vorgeschmack: Am Montag sagte der neue Chef der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder, dem RBB: „Wir müssten eigentlich die Schwimmbäder schließen und den Leuten sagen: Ihr müsst jetzt in den See springen, um Gas zu sparen.“ Außerdem nahm er die Bürger:innen in Pflicht: „Was nützt es, wenn mein Badezimmer nach wie vor mollig warm ist, ich aber meinen Arbeitsplatz verloren habe.“ Wo der IHK-Chef die rund 800 Mitarbeitenden der Berliner Bäder-Betriebe in dieser Rechnung einordnet, bleibt sein Geheimnis.

Der Vorstand der Berliner Bäder-Betriebe will Eders Vorschlag erst einmal nicht kommentieren. Ein Sprecher des Unternehmens, das übrigens Mitglied der IHK Berlin ist, sagte am Checkpoint-Telefon lediglich: „Wir müssen als Stadt einen Konsens erzielen. Den erreichen wir nicht, wenn wir anfangen, auf einzelne zu zeigen und sagen: Du sollst zuerst sparen.“ Der Verteilungskampf, er hat längst begonnen. Und noch ist es warm draußen.

Die Mieten in Berlin werden voraussichtlich auch bei einer Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen nicht flächendeckend sinken – das musste nun auch die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zugeben (T+) und sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, beim Werben um den Entscheid Wähler:innen getäuscht zu haben. Aber warum wäre das Mietensenken eigentlich so schwierig? Der Checkpoint hat nachgefragt bei Harald Simons, Wirtschaftsprofessor und Vorstand des Forschungsinstituts empirica ag.

Herr Simons, Sie haben in einer Anhörung der Enteignungskommission gesagt, dass durch eine Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen die Mieten nicht gesenkt werden könnten. Warum eigentlich nicht? Kann der Eigentümer nicht die Mieten bestimmen?
Das kann er. Aber der Unterhalt der Wohnungen, die Instandsetzung kostet ja Geld, das der Eigentümer einnehmen muss. Außerdem müsste bei einer Vergesellschaftung der Kaufpreis finanziert werden. Die genaue Höhe würde am Ende vermutlich ein Gericht festlegen. Aber alles in allem sehe ich hier keinen Spielraum für große Mietsenkungen.

Aber das Land Berlin stünde – anders als zum Beispiel die Deutsche Wohnen – nicht unter dem Druck, eine Dividende an Aktionäre ausschütten zu müssen. Wirkt das nicht entlastend auf die Mieten?
Dass die Gewinne der Deutsche Wohnen aus den Mieten stammen, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Gucken Sie auf die Durchschnittsmieten. Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften, die ja nicht auf Gewinne aus sind, liegen aktuell bei rund 6,30 Euro pro Quadratmeter. Bei der Deutschen Wohnen ist man bei rund 7,10 Euro je Quadratmeter. Die Gewinne der privaten Wohnungsunternehmen kommen vor allem durch die steigenden Immobilienpreise, das sind Bilanzgewinne.
 
Eine Vergesellschaftung ist also nicht sinnvoll, um den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten?
Das habe ich nicht gesagt. Aber ich würde mir schon wünschen, dass vorher geklärt ist, wie genau Berlin eigentlich mit diesem Wohnungsportfolio umgehen will. Wie hoch sollen die Mieten sein? An wen soll vermietet werden? Welche Investitionen sind geplant – im Bestand und im Neubau. Und geht das alles auf? Kurz: Mir fehlt ein Businessplan – oder nehmen Sie einen anderen Begriff, das ist mir egal. Berlin steht möglicherweise vor der größten Investition seiner Geschichte und selbst die wichtigsten Eckdaten sind unklar. Das ist inakzeptabel.

Die Liste der kleinen und großen Schäden in der Anna-Lindh-Schule im Wedding könnte mittlerweile ganze Lehrbücher füllen. Fehlende Rettungswege, kaputte Rohre, feuchte Keller und immer wieder Schimmel, Schimmel, Schimmel. Und es scheint kein Ende zu nehmen: In einem Teil der Grundschule wurden nun erneut „Raumluftbelastungen durch Schimmelsporen“ festgestellt, heißt es in einem Brief von Schulleiter Mathias Hörold an Eltern, Schüler:innen und Lehrpersonal. Aufgrund dieser „Gesundheitsgefährdung“ muss der Gebäudeteil 2 vorerst geschlossen bleiben. Insgesamt würden 20 Unterrichtsräume zum Schulstart nicht zur Verfügung stehen.

Da das die ohnehin lädierte Schule unmöglich kompensieren kann, wird für einen Teil der rund 700 Schülerinnen und Schüler nun nach Ausweichstandorten gesucht – vornehmlich für die Jahrgänge der 5. und 6. Klasse. Dass dafür ein Bustransfer von der Anna-Lindh-Schule angekündigt ist, wird die Gemüter kaum beruhigen. Heute Vormittag will sich Mittes Schulstadträtin Stefanie Remlinger in der Aula der Anna-Lindh-Schule äußern. Und im Hintergrund spielen leise die „Einstürzenden Schulbauten“.

Telegramm

Seit über fünf Monaten führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Die neuesten Entwicklungen:

+++ Nachdem am Montag die ersten drei Flugabwehrpanzer des Typs Gepard an die Ukraine geliefert wurden, sind laut Bundesregierung gestern weitere schwere Waffen aus Deutschland im Kriegsgebiet eingetroffen.

+++ Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will für ein Gespräch mit Wladimir Putin nach Russland reisen.

+++ Russland will sich nach 2024 aus der Zusammenarbeit bei der Internationalen Raumstation ISS zurückziehen.

Alle weiteren Nachrichten zum Krieg lesen Sie wie gewohnt in unserem Newsblog.

Neuer Job für Berlins Ex-Umweltsenatorin Regine Günther. Die Grünen-Politikerin wird zum 1. August Direktorin der 2020 gegründeten Stiftung Klimaneutralität, wie der Checkpoint erfuhr. Günther war von 2016 bis 2021 Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und zog sich nach der Wahl aus familiären Gründen zurück. Sie wird die Stiftung an der Seite von Ex-Bundesstaatssekretär Rainer Baake leiten.

Seit das Schulessen in Berlin kostenlos ist, landet es tellerweise im Müll. Die Bildungsverwaltung will Kinder, die ihr bestelltes Essen wiederholt nicht abholen, ab kommendem Jahr nun ganz von den Mahlzeiten ausschließen. Checkpoint-Vorschlag: Wie wäre es mit der guten alten Drohung, dass bei Nicht-Abholung am nächsten Tag die Sonne nicht scheint? Obwohl das in diesem Hitze-Sommer natürlich auch als Belohnung verstanden werden könnte.

Apropos Klimawandel: Die Lufthansa fliegt ihre Passagiere heute vom BER ausschließlich nach Frankfurt oder München – also jene Städte, die in rund vier Stunden Fahrzeit auch mit dem Zug erreichbar sind. Sämtliche anderen Flüge werde wegen des angekündigten Warnstreiks beim Bodenpersonal gestrichen.

Wir bleiben noch kurz beim Klimawandel. Der Berliner Senat will den Wasserverbrauch in extrem Trockenperioden einschränken. Entsprechende Regeln wolle man ins Berliner Wassergesetz aufnehmen, sagte die grüne Umweltstaatssekretärin Silke Karcher (T+). In Brandenburg und anderen Bundesländer ist das schon länger möglich und wird, wie derzeit im Landkreis Barnim, auch umgesetzt.

Behördle #13

Everybody Is Gone“ heißt eine eindringliche Performance, die an diesem Mittwochabend in der Alten Münze in Berlin Premiere feiert. Sie soll Chinas Staatsterror gegen die Uiguren greifbar machen – und lässt die Besucher:innen dafür am eigenen Leib erfahren, wie Methoden der Überwachung und Unterdrückung funktionieren.

Endspiel oder Goldene Ananas? Die deutsche Fußball-Nationalelf spielt heute Abend im Halbfinale der Europameisterschaft gegen Frankreich. Um 21 Uhr geht’s los. Eine Fanmeile gibt’s in Berlin nicht. Dafür hat Judith Langowski aufgeschrieben, wo sie sonst das Spiel verfolgen können (T+).

Zitat

„Ich hatte innerhalb des vergangenen Jahres insgesamt vier verschiedene Mathelehrer:innen.“

Yusra Zaffar und vier weitere Schüler:innen haben unserer Autorin Carla Siepmann, selbst noch Schülerin und derzeit Praktikantin beim Tagesspiegel, über die Missstände an ihren Schulen berichtet (T+).

 

Tweet des Tages

Gerade in Köpenick einen Jungen in Hertha-Trikot gesehen?? Machen Väter das jetzt zur Abhärtung statt die Kinder ganz klassisch im Wald auszusetzen?

@callmeuschi

Stadtleben

Menü sichern – Die türkische Küche kann definitiv mehr als nur Döner: Zwischen Hermannplatz und Rathaus Neukölln stellt das Restaurant Gözleme dies unter Beweis und serviert Gerichte für den kleinen Geldbeutel. Wie der Name des Lokals verrät, werden dünne würzig gefüllte Fladenbrote kredenzt. Aber auch die mit Hackfleisch oder Kartoffel gefüllte Manti werden handgemacht und frisch gekocht. Also: Wartezeit einkalkulieren, lohnt sich allemal! Do-Di 11-21.30 Uhr, So 12-21.30 Uhr, Karl-Marx-Straße 35, U-Bhf Hermannplatz

Berliner Gesellschaft

Geburtstag – „Wir kennen uns seit 70 Jahren und ich möchte diese Zeit nicht missen. Rainer Fritzsche, der schreibende Fußballkenner der FuWo wird 75, Aschaffenburg gratuliert.“ / Silke Gebel (39), Fraktionsvorsitzende der bündnisgrünen Fraktion im AGH / „Ellen Imhof-Schägg: Meiner lieben Freundin und Gründerin von Werder Schöner Garten wünscht Dorothea aus Bad Homburg einen wunderschönen Geburtstag.“ / Frank Jahnke (65), SPD-Politiker / „Johannes wird 32, formidable!! Die Achse Heidekreis - Berlin gratuliert Dir von Herzen, Deine Sarah, Theresia und Mama“ / „Seit ca. 30 Jahren kennen wir uns, wir sind „Wendekinder“ und es hat uns nicht getrennt. Immer eine Freude wenn wir uns sehen. Herzlichen Glückwunsch liebe Martina Neumann zum Geburtstag. Achim Melchior“ / „Meine liebste Ehefrau und glückliche Neu-Oma Sabine vollendet heute ein weiteres Jahrzehnt ihres Lebens. Ich danke Dir für die bisher gemeinsam erlebten Jahrzehnte und freue mich auf die Kommenden. 1001 Küßchen TC“ / Tim Sander (44), Synchronsprecher, Schauspieler und Musiker / „Wieder ein Jahr -nein, Jahrzehnt- rum. Alle guten Wünsche für viele weitere Jahrzehnte in Gesundheit und Glück für Sabine Schiel von den Womo/Bulli-Freunden aus Lira. Wo immer ihr gerade seid: genieß es!“ / „Dem „Freund und Helfer“ Marvin Streich wünscht der AIDA-Veteran alles Gute zum Jubeltag. Das Anstoßen holen wir mit Maria gebührend nach!“ / Klaus Stuttmann (73), Karikaturist, u.a. für den Tagesspiegel / Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt (101), ehem. Verleger / „Liebe Oma Traudel, vor 79 Jahren kamst du in Berlin auf die Welt. Von Herzen gratulieren dir deine neun Enkelkinder, deine vier Kinder und dein Mann Michael. Wir freuen uns, dass es dich gibt!“ /Birgitta Weizenegger (52), Schauspielerin, Filmemacherin und Fotografin / Harald Welzer (64), Soziologe, Sozialpsychologe und Herausgeber von „taz.futurzwei“ / Tanja Anna Wenzel (44), Schauspielerin / Udo Wolf (60), für die Linke im AGH

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Lenore Brandt-Koch, * 28. Oktober 1926 / Wolfgang Kaminski, verstorben am 2. Juli 2022 / Dipl.-Ing. Architekt Filip Maria Kujawski, * 31. Oktober 1981 / Brigitte (Gitta) Sagur, * 27. April 1948 / Waltraud Tepaß, * 29. September 1940

Stolperstein – Pauline Simon-Sussmann (geb. Beck, 1861) lebte bei ihrer jüngeren Schwester Blanca Krombach in der Sybelstraße 32 in Charlottenburg, bis sie sich pflegebedürftig ins Hospital des Jüdischen Altersheims an der Auguststraße 14-16 begeben musste. Heute vor 80 Jahren nahm sie dort die Flucht in den Tod, kurz nachdem ihre Schwester aus einem anderen Altersheim deportiert worden war.

Encore

An dieser Stelle gibt’s in den Sommerferien jeden Tag einen Neun-Euro-Ticket-Tipp für Kurzentschlossene. Alles, was Sie tun müssen, ist: den Checkpoint lesen, um 9 Uhr am Hauptbahnhof stehen und losfahren. Heute zum Beispiel geht es nach P... Und zum Probe-Abo hier entlang.

Das Stadtleben hat heute Sophie Rosenfeld geschrieben und Kathrin Maurer die Frühschicht übernommen. Morgen haut hier wieder Ann-Kathrin Hipp für Sie in die Tasten.

Auf bald,

Ihr Daniel Böldt

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