es soll ja den einen oder anderen geben, der Berlin gern unter Sonderverwaltung stellen würde, analog zu Washington, D.C. Die ruhige Hand eines Bundeskommissars, so die Hoffnung, könnte Ordnung in die chaotische Hauptstadt bringen. Die bayerische CSU will Berlin sogar ratzfatz das Geld kürzen für all die unheimlichen Umtriebe. Silvester, Enteignungsdebatte, Chaoswahl und ein größeres Wirtschaftswachstum als in Bayern gibt’s auch noch. Ja, man kann von dieser Stadt schon zu viel kriegen.
All diese Ideen stehen am kommenden Sonntag nicht zur Wahl. Entmündigung, das war in Berlin glücklicherweise selten das Mittel der Wahl. Stattdessen geht’s darum, wer ins Rote Rathaus einzieht und – das schon – die Kraft hat, diese Stadt entscheidend zu verändern. Auch, wenn man ohne jede Polemik auf Berlin blickt, sind die Aufgaben ja gewaltig: Wohnungsnot, Verkehrswende, Klimaneutralität, Bildung, moderne Verwaltung. Berlin ist in der jetzigen Verfasstheit kaum ordentlich regierbar. Die vom Berliner Verfassungsgericht verordnete Wiederholungswahl hat die Stadt, das ist das einzig Positive, aus einer Art Reform-Lähmung (dazu weiter unten mehr) gerissen. Wir hoffen drauf: Bye-bye, Behördenpingpong!
In einem Schwerpunkt zur Wahl haben wir uns am Wochenende mit den drei Favoriten aufs Rote Rathaus beschäftigt: Kai Wegner, Franziska Giffey und Bettina Jarasch. Heute lesen Sie zuerst, warum Franziska Giffey mit Partei und Koalition hadert und beide mir ihr, was das mit Bettina Jarasch und Tocotronic zu tun hat und warum auf den Wahlplakaten der Berliner SPD kaum Inhalte stehen.