Ergreifende Szenen waren das am vergangenen Freitag vor der Markthalle Neun – eine Trauergesellschaft trug einen Sarg durch die Straße, gefolgt von der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden in Friedrichshain-Kreuzberg, Sevim Aydin. Der Anlass: Ein Aldi macht zu.
Die bizarre Auseinandersetzung um die Markthalle, in der sich kleine Betriebe mit Unterstützung der angefeindeten Betreiber durch die Krise kämpfen, ist ein Kreuzberger Rührstück voller Bigotterie, Falschinformation und Hysterie – der Zentralvorwurf lautet: Gentrifizierung. Das reicht vielen schon zur blinden Gefolgschaft. Fakten werden hier durch den Wolf gedreht wie das Billighackfleisch des verdrängten Discounters.
Als Trauerrednerin schlug Aydin am Freitag mit sich überschlagender Stimme ein neues Kapitel des Märchens auf – am Ende schrie sie: „Mir reicht‘s langsam einfach!“
Immerhin das hat sie jetzt mit den Markthallen-Betreibern gemeinsam – die veröffentlichten heute früh auf ihrer Website einen Brief an Aydin: „Wir sind entsetzt und betrübt zugleich darüber, wie Sie ein Unternehmen in Ihrem Wahlkreis (…) mit falschen Behauptungen derart öffentlich diffamieren.“ Und weiter: „Sie als Sozialdemokratin wissen, dass Kreuzberger Handwerksbetriebe wie die Markthalle Neun wichtig für den Kiez und dessen Vielfalt sind, aber auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen zu fairen Bedingungen. In den letzten Jahren haben sich 26 kleine Handwerksbetriebe in der Markthalle angesiedelt, die in diesem Bezirk Arbeitsplätze schaffen und hier Steuern zahlen.“ Sechs Vorwürfe Aydins werden in dem Brief konkret bestritten, das Fazit der Betreiber: „Alle diese Behauptungen sind falsch.“ Den ganzen Brief mit der Vorgeschichte des Kaufs, damals besonders von der SPD wegen des Konzepts gefördert, können Sie hier nachlesen.