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Alter Plan für neues HochhausSparen, bis das Blaulicht quietschtVerkehrsbehörde verfährt sich vor GerichtAfD-Jugend schützt sich vor Gender-Gefahr

von Stefan Jacobs
und Lotte Buschenhagen
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„Wir führen unverzüglich, dauerhaft und flächendeckend Bodycams für Polizei, Feuerwehr und Ordnungsämter ein“, haben sich CDU und SPD vor gut einem Jahr in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Jetzt kassierte die Innensenatorin diesen Plan teilweise wieder ein, weil sie 20 Millionen Euro bei der Polizei einsparen muss. Auch neue Polizeiwagen werden später beschafft und das Budget fürs Landeskriminalamt gekürzt. Die Gewerkschaft der Polizei sieht ein Desaster auf Berlin zukommen. Bei der Feuerwehr sollen zehn Millionen gespart werden, ebenfalls zum großen Teil beim Fuhrpark, wie Tsp-Kollege Alexander Fröhlich erfuhr. Die Feuerwehr hat als Sparvorschlag auch jene 150.000 Euro eingebracht, die für einen neuen persönlichen Dienstwagen des Landesbranddirektors vorgesehen waren. Die Rede ist von einem dicken Elektro-SUV.

Es gibt etwas, das dem Europaplatz an der Nordseite des Hauptbahnhofs gerade noch gefehlt hat: Ein 100 Meter hohes Hochhaus. So sieht es das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs von 1994 vor – als Kontrapunkt zu dem „solitären würfelförmigen Baukörper“ auf der Südseite und als Ergänzung zu den bereits gebauten Hochhäusern in der Europacity. „Wie geht der Senat mit diesem und anderen Bebauungsplänen um, die aus der Zeit gefallen sind und die entschädigungsfrei abgeändert werden können, sofern sich die Eigentümer nicht zur Nutzung ihrer Baurechte verpflichtet haben?“, fragte die Linke Katalin Gennburg in ihrer unnachahmlichen Art den Senat. Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt beschied ihr, dass „die Eigentümerin ihr Baurecht bisher nicht ausüben“ könne, solange die unterirdische S21 nicht fertig wird. Der Bebauungsplan könne deshalb „nicht entschädigungsfrei geändert“ werden, auch wenn die Siebenjahresfrist seit seiner Aufstellung längst vorbei ist.

Opinary zum Hochhaus am Hauptbahnhof

CP-Service zur Europawahl, Teil I: Sie fühlen sich beim Wählen beobachtet? Könnte daran liegen, dass auf einigen Wahlzetteln Geschlecht und Generation des Wählers vermerkt ist. Eine CP-Leserin sorgt sich um die Anonymität Ihrer Stimme – das Landeswahlamt beruhigt: In repräsentativ ausgewählten Wahlbezirken würden in der Tat besondere Stimmzettel ausgegeben, um Wahlforschung betreiben zu können. Aber: Stimmbezirke und Auswertungskriterien seien „so (weit) gefasst, dass in keinem Fall ein Rückschluss auf einen einzelnen Wähler möglich ist.“

Teil II: Checkpoint wirkt – die Servicenummer für Wahlhelfende auf der Website der Landeswahlleitung führt nicht mehr ins Leere. Das Landeswahlamt schrieb uns am Montag: „Die Information wurde heute sofort geändert. Die richtige Durchwahl lautet: 030 90 223-1850.“

Teil III: Exklusiver Tipp zum Schluss: Per Fax kommt der Stimmzettel am schnellsten! CP-Leser Bernhard J. berichtet, seine Unterlagen mittags am 7. Mai „per Telefax“ beantragt zu haben, am nächsten Tag lagen sie im Briefkasten. Das dürfte Rekord sein (niedrigere Gebote bitte an checkpoint@tagesspiegel.de).

Vor dem Verwaltungsgericht hat sich die Verkehrsverwaltung gestern eine Klatsche geholt, auf die sie trotz mehrfacher Empfehlung des Gerichts nicht verzichten wollte: Sie muss die Akten zu dem verkehrsrechtlich bereits angeordneten, aber unter CDU-Senatorin Manja Schreiner gestoppten Radweg in der Stubenrauchstraße in Neukölln herausgeben und die Kosten des Verfahrens tragen. Die Niederlage war bereits nach einem früheren Hinweis des Gerichts absehbar und ließ sich auch nicht mehr dadurch verhindern, dass der Anwalt der Verwaltung die Anordnung vor Gericht als „Entwurf“ bezeichnete. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe, die nun prüfen kann, ob der Stopp reine Willkür war oder auch fachliche Gründe hat. Von den 19 von Schreiner vor knapp einem Jahr gestoppten Radwegprojekten sind außerdem die Roedernallee in Reinickendorf und die Blankenfelder Chaussee in Karow noch immer nicht freigegeben.

In der Checkpoint-Vollversion erfahren Sie heute außerdem, wie viele Fahrräder in welchem Wert seit Jahresbeginn geklaut wurden, welche Kreuzberger Institution in wenigen Tagen verschwindet, welche Tickets für den Langen Tag der Stadtnatur man sich ganz schnell sichern sollte, wie ein kombinierter Basket- und Fußballplatz funktionieren soll und wie sich die AfD-Jugend vor der Gefahr des Genderns schützt.
Im Stadtleben können Sie Kinotickets gewinnen, und mit Tagesspiegel-Plus erfahren Sie, wo im Berliner Umland die dicksten Erdbeeren wachsen. Und natürlich alles andere, was wichtig ist auf der Welt. Im Komplettpaket für 99 Euro pro Jahr bzw. 8,25 Euro im Monat bekommen Sie außerdem alle Bezirksnewsletter, damit Sie wissen, was in Ihrem Kiez los ist. Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Arbeit unterstützen – vielen Dank!

Telegramm

Es kommen wieder mehr Gäste nach Berlin, aber sie sind auch schneller wieder weg: Das Statistikamt meldet fürs erste Quartal 2,6 Mio. Gäste mit 6,3 Mio. Übernachtungen. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 8,5 Prozent mehr Gäste und 8,0 Prozent mehr Übernachtungen. Allerdings liegen diese Zahlen noch deutlich unter denen des letzten Vor-Corona-Jahres. Und: „Die durchschnittliche Auslastung der Gästebetten betrug 46,5 Prozent.“ Dazu unser neuer Crashkurs „Statistik mit dem Checkpoint“: Wenn Sie gerade in einem Berliner Hotelbett liegen, müsste das Nachbarbett leer sein.

Erst seit Februar 2022 ist Amy Gutmann die Botschafterin der USA in Berlin. Mitte Juli geht sie zurück in die Vereinigten Staaten, meldete gestern Abend das Magazin „Politico“ unter Berufung auf Botschaftskreise.

Rasentausch im Mauerpark“ klingt erst mal nicht rasend interessant, aber hat es in sich: Deutschland größter Rollrasenanbieter berichtet von einem logistischen Kraftakt, mit dem die 2,20 Meter breiten und 20 Meter langen „Jumborollen“ im bayrischen Waidhofen über Nacht geerntet und verladen werden, damit sie auf der Reise cool bleiben. 25 Lastwagen bringen ab heute insgesamt 20.000 Quadratmeter nach Berlin. Insgesamt soll die Aktion eine Woche dauern. Und für die Mauerparkbesucher gilt: Keep Halm and carry on!

Falls Sie sich über die Ticker-Zeile über dem gestrigen CP gewundert haben: Sie waren nicht allein. Wenn Sie’s genauer wissen wollen: Das stand exakt so im Amtsblatt. Aber um Missverständnissen vorzubeugen, haben wir die Pfeile an den Nagel gehängt.

Labern könn’se? Ab zur Justizverwaltung! Die sucht einen Redenschreiber (befristet bis Ablauf der Wahlperiode). „Unabdingbar“ ist laut Ausschreibung die „Fähigkeit zum eigenständigen Verfassen von Reden, Grußworten und Texten zu nationalen und internationalen Anlässen“ sowie die „Fähigkeit, die Arbeit als Dienstleistung für externe und interne Kundinnen und Kunden zu begreifen“. Also bloß nicht von den eigenen Stilblüten betören lassen oder, wie es in der Journalistenschule hieß: „Kill your darlings!“, auch wenn es manchmal wehtut. Zum Trost gibt’s eine Stunde Arbeitszeit pro Woche für den Betriebssport. 

Ganz Berlin fiebert der Fußball-EM entgegen. Ganz Berlin? Nein, ein unbeugsamer Bezirk lässt den Hype abperlen. Auf FDP-Anfrage, was Pankow zur EM vorhat, antwortet das BA: Nüscht. „Durch den Fachbereich Sport des Schul- und Sportamtes und die Abteilung Ordnung und Öffentlicher Raum sind keine Veranstaltungen geplant.“ Auf Probleme oder „besondere Entwicklungen“ während der Meisterschaft gebe es „durch den Fachbereich Sport keine Vorbereitungen“ – und um die Einbindung des Bezirks in die Durchführung des Turniers habe man sich gar nicht erst gekümmert: Die Senatsmittel hätten nicht fürs nötige Personal gereicht. „Daher wurden keine entsprechenden Bemühungen unternommen.“

Eine Runde Checkpoint-Ehre geht nach Schöneberg: Seit Jahren wird am Bahnhof Yorckstraße gebaut – und geschmiert. Checkpoint-Leserin Kathja von Holdt schreibt, sie sehe jeden Tag, wie das Bauwerk aufs Neue beschmiert und beschädigt werde. „Ich habe höchsten Respekt vor den Handwerkern und Reinigungskräften, die nicht resignieren undsich täglich der Herausforderung stellen, das gestern Fertiggestellte zu säubern, zu reparieren und einfach weiterzumachen. Dafür möchte ich Danke sagen. Es wird gesehen, was ihr leistet!“

Zitat

Die pauschale Verunglimpfung der Unterschreibenden des Offenen Briefes durch Frau Stark-Watzinger und deren öffentliche Brandmarkung durch die ‚Bild‘ als Täter ist aus meiner Sicht aufs Schärfste zu kritisieren.

Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin, zum Umgang der Bundesbildungsministerin und der „Bild“ mit den Wissenschaftlern, die das Vorgehen der FU gegen pro-palästinensische Besetzer kritisiert hatten.

 

Kiekste

Die Mindeststandards in einem Mietshaus in der Mansteinstraße. Dank an Leserin Ines Schwager-E. Weitere schlagkräftige Berlin-Bilder gern an checkpoint@tagesspiegel.de! Mit Ihrer Zusendung nehmen Sie aktuell an unserem Kiekste-Fotowettbewerb in Kooperation mit DASBILD.BERLIN teil.

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Berliner Gesellschaft

GeburtstagKlaus Jürgen Bade (80), Historiker, Migrationsforscher und Publizist / „Liebe Helga, ganz herzliche Glückwünsche zu deinem Geburtstag. Mit dieser herrlichen Palindromzahl 😀 wird das neue Lebensjahr bestimmt nochmal so schön. Lass dich heute feiern und bis zum nächsten Frühstück, liebe Grüße von der Baustelle in Charlottenburg“ / Kevin Hönicke (40), Politiker (SPD), Bezirksstadtrat für Schule und Sport in Lichtenberg / Jenny Schily (57), Schauspielerin („Die Stille nach dem Schuss“ unter der Regie von Volker Schlöndorff, Serie „Babylon Berlin“), 2002 bis 2006 war sie an der Schaubühne engagiert, 2010 und 2011 am Maxim-Gorki-Theater / Jens Sparschuh (69), Schriftsteller (u.a. „Der Zimmerspringbrunnen“, verfilmt mit Götz Schubert) / Jörg-Otto Spiller (82), Politiker (SPD), 1986 bis 1994 Bezirksbürgermeister von Wedding, gehörte von 1981 bis 1985 dem Abgeordnetenhaus von Berlin an, von 1994 bis 2009 war er Mitglied des Deutschen Bundestages / „Liane Tr. feiert heute ihren 60. Geburtstag. Wir wünschen ihr für das nächste Jahrzehnt alles Gute. Liebe Grüße senden ihr Wolfgang und Heidi“

+++ Sie möchten der besten Mutter, dem tollsten Kiez-Nachbarn, dem runden Jubilar, der Lieblingskollegin oder neugeborenen Nachwuchsberlinern im Checkpoint zum Geburtstag gratulieren? Schicken Sie uns bis Redaktionsschluss (11 Uhr) einfach eine Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.+++

Gestorben – Anke Burmester, * 25. Mai 1959 / Martin Bade, * 26. April 1968 / Prof. Dr. Werner M. Herrmann, * 4. Juni 1941 / Dankward Schulte, * 11. August 1952 / Ursula Ringling-Denoke, * 22. März 1938 / Dr. jur. Dietmar Walter, * 18. August 1944 in Berlin

StolpersteinIda Katzenstein wurde am 26. März 1873 in Hersfeld/Hessen geboren, sie war nicht verheiratet. Als Erwachsene lebte sie in Berlin und arbeitete als selbstständige Putzmacherin, fertigte also Hüte. Am 12. August 1942 wurde sie mit ihren Nachbarinnen Elise Hiller und Agathe Lippmann nach Theresienstadt deportiert. Am 14. Mai 1943 starb sie infolge der lebensfeindlichen Bedingungen im Ghetto. An sie erinnert ein Stolperstein in der Trautenaustraße 20 in Wilmersdorf.

Encore

Bayernkönig Markus Söder dankt Friedrich Merz via Xitter für den Bären, den er auf dem CDU-Parteitag geschenkt bekommen und zu seinem Löwen ins Büro gestellt hat. „Der Bayerische Löwe und der Berliner Bär sind echte Raubtiere“, schreibt Söder. „Mit beiden legt man sich besser nicht an.“ Wer von beiden ist eigentlich stärker? Im unfehlbaren Portal „gutefrage.net“ schreibt dazu jemand: „Die großen Bären wie der Grizzly und der Eisbär sehen nur scheinbar ‚schlabberig‘ aus. Doch wo die mal hinlangen, wächst so schnell kein Gras mehr und dem Löwen fliegt mindestens der Unterkiefer weg oder die Wirbelsäule macht ‚KNACK‘!“ Außerdem hätten Allesfresser das bessere Immunsystem.

Gewohnt bärenstark waren Lotte Buschenhagen als Co-Autorin, Antje Scherer als Verfasserin des Stadtlebens und Jasmine Dellé als Frühproduzentin. Morgen checkt hier Lorenz Maroldt die Lage im Großstadtdschungel. Machen Sie’s gut!

Ihr Stefan Jacobs

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