der in diesem Stunden meistzitierte Politikerspruch stammt von Olaf Scholz, seit gestern Kandidat für den SPD-Vorsitz: „Ich halte das mit dem Amt eines Bundesministers der Finanzen nicht zeitlich zu schaffen“, sagte er am 2.6. bei „Anne Will“. Hatte er da die Stunde vergessen, die ihm bei der Umstellung zur Winterzeit geschenkt wird? Oder preist er jetzt das Ende der Großen Koalition ein? Konnte ihm die langjährige CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel doch noch erklären, wie das beides geht? Ist ihm Annegret Kramp-Karrenbauer zum Vorbild geworden, die das Amt der Verteidigungsministerin für nicht kompatibel hielt mit dem der Parteichefin, bis sie es übernahm?
Viele Leute mögen es nicht, wenn Politiker „wortbrüchig“ werden. Doch das ist bei der prekären Kandidatenlage der SPD das kleinere Übel, einer der Parteipromis musste raus aus der Deckung. Nur ist Scholz ein Retter mit Blei an den Füßen, die Koalition zieht ihn runter. Er braucht deshalb selbst ganz schnell Hilfe: „Scholz sucht Frau“, lautet heute die Titelzeile im Tagesspiegel. Das Casting in der SPD geht weiter.
Zu anderen Themen:
Zwei Meldungen zum Radfahren kamen gestern rein:
1) Frauen werden enger überholt
2) Helmträger werden enger überholt
Aber stimmt das überhaupt?
Wir haben uns daraufhin nochmal die Daten von unserem Projekt „Radmesser“ angeschaut - es ist die größte Studie, die es zum Thema Überholabstand gibt:
- 100 Probanden waren zwei Monate in Berlin unterwegs.
- Auf 13.300 km Strecke wurden 16.700 Überholvorgänge gemessen.
Das Ergebnis: 56% der Überholvorgänge waren dichter als der vorgeschriebene Mindestabstand von 1,5 Meter – wären alle diese Verstöße geahndet worden, hätte das Land Berlin zusätzliche Bußgelder in Höhe von mindestens 282.060 Euro eingenommen.
Und jetzt zu den Details und den Meldungen von oben:
1) Das Geschlecht hat keinen Unterschied gemacht
2) Helmträger wurden sogar mit etwas mehr Abstand überholt.
Weitere Ergebnisse unserer Studie: Mit Kind gab es etwas mehr Abstand, der Effekt war aber marginal – und nach gängiger Rechtsprechung müssten es dann zwei Meter Abstand sein. Einfluss hat das Fahrverhalten: Wer sehr weit rechts fährt, wird dichter überholt. Wer schneller fährt, bekommt mehr Platz.
Und außerdem: Aufgemalte Fahrradwege (Schutzstreifen und Radfahrstreifen) haben einen kleinen Effekt. 59% der Überholvorgänge auf Straßen ohne Radinfrastruktur sind zu dicht, bei Schutzstreifen sind es 51%, bei Radfahrstreifen 48%, auf Busspuren 44%. Auf baulich getrennten Radwegen wird man nie zu dicht von Autos überholt.
Wir haben eine zweite Auswertung gemeinsam mit Statistik-Professor Claus Weihs von der TU Dortmund gemacht, er kommt zum gleichen Ergebnis in Bezug auf die Fragen von oben: Geschlecht und Helm haben so gut wie keinen Effekt.
Der „Radmesser“, den unser Team vom Innovation Lab entwickelt hat, wird übrigens gerade in Stavanger implementiert.
Und hier zwei Meldungen in eigener Sache:
1) Für ein neues Projekt unseres Innovation Lab suchen wir Fotos aus den Jahrzehnten vor und nach der Wende – wir wollen zeigen, wie sich aus Sicht der Berlinerinnen und Berliner die Orte, Plätze, Straßen, Geschäfte und Häuser unserer Stadt verändert haben. Bitte per Mail an digital@tagesspiegel.de, oder per Post an den Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963 Berlin. Vielen Dank!
2) Für die Checkpoint-Produktion suchen wir Team-Mitglieder im Frühdienst. Außerdem können wir wieder Praktikumsstellen anbieten. Bewerbungen bitte per Mail an checkpoint@tagesspiegel.de.
Sie lesen die Checkpoint Kurzstrecke. Weitere Berlin-Meldungen, das Interview der Woche sowie die Wochenend-Tipps „48 Stunden Berlin“ von Thomas Wochnik gibt es auch heute wieder im Checkpoint für Abonnenten – die Themen u.a.:
Internationales Interesse an schwulen Pinguinen / Ein Name für den kleinen Panda / Der Senat rätselt: Was ist Qualitätstourismus? / Glück mit der Ordnungsamts-App / Für welchen Film eine Straße einen ganzen Monat belagert wird / Wieviel die neue Stadtmarke kostet / Anti-Korruptionskampagne der Polizei / Tempelhof-Klos noch immer geschlossen / Berlin-Partner-Chef Stefan Franzke unter Druck / Sechs Millionen für Bond-Auto / Mobilitätsgesetz soll besser kommuniziert werden / Keine Chance für Spätis am Sonntag – oder doch?
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