Das Gepäckband? Ab in öffentliche Hand!
Die Berliner SPD will die Arbeitsbedingungen des Flughafenpersonals verbessern. Ihr Vorschlag für den BER: ein landeseigenes Unternehmen. Von Julius Betschka
Kommen wir zum nächsten Hauptstadt-Krisenherd: dem BER. Wobei der Dauerflughafenbau ja endlich in die Spur zu finden scheint. Berlins Sozialdemokraten sind optimistisch. Sie denken schon darüber nach, wie der Flugbetrieb nicht zum Fluchbetrieb werden könnte. Die Idee: Sie wollen das Bodenpersonal besser ausbilden und bezahlen lassen. So simpel wie revolutionär.
Dazu will die SPD die Zahl der Firmen, die die Passagiere abfertigen, ab 2022 von drei auf zwei reduzieren. Eine davon soll künftig ein landeseigenes Unternehmen sein, das durch die Flughafengesellschaft gegründet oder erworben wird. Das Gepäckband? Ab in öffentliche Hand!
Lars Düsterhöft, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagt dem Checkpoint: „Momentan haben wir ein El Dorado für Unternehmen, die sich gegenseitig in den Arbeitsbedingungen unterbieten.“ Als Beispiel nennt er den Dienstleister WISAG: 90 Prozent der Menschen arbeiten dort in Teilzeit, Mitarbeiter müssen geteilte Dienste akzeptieren. Die Krankenstände sind enorm, die psychischen Belastungen auch – die Qualität ist entsprechend mau.
Streiks des Bodenpersonals hat Verdi trotzdem ausgeschlossen. Wenn am kommenden Montag die Winterferien beginnen, können Sie also beruhigt abheben und zum Beispiel für spottbillige 27 Euro von Tegel ins muckelig warme Sevilla fliegen. Wenn sie sich über die lahmende Abfertigung ärgern, denken Sie kurz daran, unter welchen Bedingungen die Vorfeldarbeiter ihr Gepäck herumschleppen.
Mit dem SPD-Vorschlag würde jedenfalls ein Berliner Sonderweg enden, der dem ehemaligen Flughafenmanager Rainer Schwarz zu verdanken ist. Er privatisierte 2008 die Bodendienstleistungen an den Hauptstadtflughäfen, um sie auf „Effizienz“ zu trimmen. Hieß: Geld sparen. Fast überall sonst in Deutschland arbeiten maximal zwei Dienstleister, einer davon in öffentlicher Hand. SPD-Mann Düsterhöft will zurück in die Zukunft und auch in Berlin „die Abwärtsspirale bei den Dienstleistern aufbrechen“. Bis die Idee abheben kann, müssen noch die Koalitionspartner zustimmen. Flughafennamensspender Willy Brandt würde heute wohl freudig twittern: „Wir wollen mehr soziale Sicherheit wagen.“