Noch ein Berliner Immobilien-Drama: Hirschhof in Prenzlauer Berg kämpft um Rettung
Einst freiheitlicher Treff der DDR-Boheme – derweil kurz vor dem Hausverkauf. Die Mieter in der Kastanienallee 12 bitten nun Giffey um Hilfe. Die Zeit drängt. Von Robert Ide
Wir dribbeln zurück in die Geschichte unserer Gegenwart – zu einem legendären Hinterhof der Berliner Subkultur. Der Hirschhof in Prenzlauer Berg, verziert von einem metallenen Hirschen und bevölkert mit widerständigen Künstlerinnen und Künstlern, war einst freiheitlicher Treff der DDR-Boheme – und ist bis heute Streitpunkt auf dem freidrehenden Immobilienmarkt (ein Besuch hier). Nachdem ein Stück des Hofes bereits der finanziellen Vermarktung zum Opfer gefallen ist, kämpft die Haus- und Ateliergemeinschaft Kastanienallee 12 um eine Rettung in genossenschaftliche Arme. Nun bleibt der „K12“ nur noch eine Woche Zeit, um nicht meistbietend verscherbelt zu werden, schreiben die Mieterinnen und Mieter in einem Offenen Brief an die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Die Antwort steht noch aus – doch die Zeit drängt.
Ein Ultimatum der Erbengemeinschaft am Hirschhof, die den Verkauf der historisch bröckelnden Häuser bereits verschoben hatte, läuft am 30. November aus. Für eine Übernahme durch die bereitstehende Genossenschaft „Selbstbau e.G.“ fehlt seit Monaten die Zusage zur Kreditförderung durch den Senat. Denn die bisherigen Förderrichtlinien sind offenbar auf Ankäufe teurer vermieteter Immobilien ausgerichtet. „Es ist völlig absurd“, berichtet Angela Dressler vom Verein „K12“ am Checkpoint-Telefon. „Wir sind zu günstig im Ankauf und haben zu geringe Mieten, um gefördert zu werden.“ Bei einer Demo am Mittwoch kündigten nun Mieterinnen und Mieter sogar an, ihre Mieten selbst zu erhöhen, um doch noch in die Förderung zu kommen.
In dem Immobiliendrama steht die Selbstbau e.G. inzwischen im direkten Kontakt mit Bau-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD). „Obwohl die bisherige Förderpraxis nicht zwingend durch Gesetze oder Regelungen vorgeschrieben wird, ist noch keine Lösung in Sicht“, berichtet Peter Weber, Vorstand der Selbstbau e.G., auf Nachfrage. Die Senatsverwaltung hält sich noch bedeckt. Ohne Förderung des Kredits wäre der Ankauf durch die Genossenschaft unwirtschaftlich – und 50 Mietwohnungen sowie Ateliers würden wohl vom altehrwürdigen Hirschhof verdrängt. Dann stirbt wieder ein altes Stück Prenzlauer Berg an einem offenbar unheilbaren Leiden: dem Hausverkauf.