Berlin desolat: Abriss von Gebäuden statt Umbau, weil Bauakten verloren gehen

Um Ressourcen zu schonen, muss Berlin so viel umgestalten, wie es nur kann. Dafür braucht es die jeweiligen Gebäudepläne. Die verrotten jedoch teilweise in Archiven – Digitalisierung nicht in Sicht. Von Stefan Jacobs und Thomas Lippold

Berlin desolat: Abriss von Gebäuden statt Umbau, weil Bauakten verloren gehen
Papierakten, die auf dem absteigenden Ast sind (Symbolbild). Foto: Imago/Imagebroker

Berlin muss bauen, bauen, bauen – und dabei möglichst viel umbauen, aufbauen und anbauen, um Ressourcen zu schonen. Dafür müsse man die Bestandsgebäude aber im Detail kennen, schreibt die Berliner Baukammer. Folglich brauche man genaue Pläne. Im Bauamt Mitte habe der Zahn der Zeit viele Akten derart angenagt, dass sie unwiederbringlich verloren gingen, wenn sie nicht schleunigst digitalisiert würden. Das sei allerdings nicht absehbar – und bedeute in der Konsequenz, dass Gebäude im Zweifel abgerissen werden müssten, wenn z.B. Infos zur Statik oder zur Bewehrung von Stahlbeton nicht mehr vorhanden sind. Das ist umso schlimmer, weil Betonbau extrem klimaschädlich ist.

Bei Neubauten bahnt sich ein ähnliches Problem an, wie Baukammer-Vorstand Christian Müller schildert: Seit zehn Jahren würden die statischen Berechnungen zu Neu- und Umbauten nicht mehr in den Bauarchiven aufbewahrt, sondern blieben bei den Eigentümern – und gingen beim Weiterverkauf oft verloren, sodass mitunter schon nach ein paar Jahren keine brauchbaren Unterlagen mehr vorhanden seien. Die von den Baubehörden auf die Bauherren übertragene Aufbewahrungspflicht sei ein Versuch gewesen, die Verwaltung schlanker zu machen – mit dem Resultat, „dass uns pro Jahr etwa ein Prozent der Gebäude verloren gehen, insgesamt bisher etwa jedes zehnte“. Das Bezirksamt Mitte hat auf eine erstmals am 4. Oktober gestellte CP-Anfrage zum Thema bisher nicht geantwortet.