Nur wenige Wochen Vorbereitungszeit: Seltsame Millionen-Ausschreibungen der Senatsverwaltung für Inneres zur EM 2024
Die Fußball-Europameisterschaft kommt auch nach Berlin und die Stadt will sich als guter Gastgeber präsentieren. Doch erst jetzt gibt es dafür Ausschreibungen. Ein seltsam kurzer Vorlauf. Von Lorenz Maroldt.
Kurz vor dem Anpfiff zur EM 2024 (vor fünfeinhalb Jahren nach Deutschland vergeben) ist der Senatsverwaltung für Inneres und Sport aufgefallen, dass sie noch zwei opulente Aufträge zu vergeben hat:
+ „Konzeption, Planung und Umsetzung Branding der UEFA EURO 2024 Host City Berlin“ (Auftragsvolumen: 1,3 Mio. Euro).
+ „Konzeption und Umsetzung von Kulturveranstaltungen im öffentlichen Raum während der Fußball-Europameisterschaft Euro 2024“ (dafür stehen bis zu 300.000 Euro zu Verfügung).
Die detailliert beschriebenen Anforderungen sind komplex, die Ansprüche hoch („Es soll ein professionelles Gesamtbild entstehen“), und der Zeitplan ist, nun ja: sportlich: Innerhalb weniger Wochen soll, nein: muss hier alles fertig sein – das erste Spiel in Berlin (Spanien-Kroatien) findet bereits am 15. Juni statt. Ablauf der Angebotsfrist: 19. März.
Wer sich auskennt mit solchen Aufträgen, weiß: Das ist für eine ergebnisoffene Ausschreibung sehr ungewöhnlich und eigentlich nicht machbar (jedenfalls nicht unvorbereitet). Es stellt sich auch die Frage, wozu die Verwaltung unter Senatorin Iris Spranger eigentlich einen eigenen Marketingstab aufgebaut hat – zudem verfügt die Stadt ja für die beschriebenen Aufgaben mit „Kulturprojekte Berlin“, „Berlin Partner“ und „Visit Berlin“ über drei Unternehmen, die durchaus dafür geeignet wären (und zum Teil bereits mit anderen Aufgaben während der EM betraut sind).
Läuft da ein „abgekartetes Spiel“, wie ein Insider vermutet?
Der Checkpoint hat die Senatsverwaltung gefragt, ob (und wenn ja, wann und wo) die Aufträge europaweit ausgeschrieben wurden und ob es mit Blick auf die knappe Zeitkalkulation Vorgespräche mit möglichen Bietern gab.
Es vergingen zwei volle Tage, dann kam gestern Abend die Antwort:
+ Beide Ausschreibungen wurden demnach in der Beilage zum Amtsblatt der EU bekanntgegeben, „Branding“ am 16.2. und „Kultur“ am 19.2. (letztere also am Tag unserer Anfrage, zwei Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt Berlin).
+ Zu beiden Themen „befindet sich die Projektgruppe Euro im Zeitplan“. Basierend auf bisherigen Erfahrungen „wird die Vorbereitungszeit als ausreichend angesehen“. Und: „Das Einholen von Informationen bei Marktteilnehmern ist im Rahmen von Markterkundungen vor Einleitung eines Vergabeverfahrens gesetzlich zulässig.“
Wir halten also fest: Die Mindestangebotsfrist wurde im Fall „Kultur“ mit 30 Tagen gerade eben so eingehalten (dem Schaltjahr sei Dank). Und auf die Frage, ob es Vorgespräche mit möglichen Bietern gab, antwortet SenInnSport nicht konkret, sondern mit dem vielsagenden Hinweis auf die Möglichkeiten des Gesetzes. Wir werden also spätestens am 19. März erfahren, welches Unternehmen mehr als die vorgeschriebenen 30 Tage Zeit hatte, sich auf Aufträge im Wert von 1,3 Millionen Euro zu freuen (und sich darauf vorzubereiten).