Ringen ums Berliner Traditionskino Colosseum
Das Colosseum in Prenzlauer Berg kämpft mit der Insolvenz. Und die Eigentümer der Immobilie? Machen nicht den Eindruck, als wollten sie das Kino retten. Von Robert Ide
Über Monate hatten Kinofans einen Filmriss, in manch dunklem Saal droht wegen der Ausfälle jetzt ein düsteres Unhappy End. Das Colosseum in Prenzlauer Berg, vor nahezu 100 Jahren in eine historische Wagenhalle der Pferde-Straßenbahn mit Schmiede und Ställen hineingebaut und inzwischen eines der ältesten Lichtspielhäuser Berlins, kämpft mit der bereits angemeldeten Insolvenz. Die Belegschaft des einstigen DDR-Premierenkinos, das nach dem Mauerfall regelmäßig Schauplatz der Berlinale war, trifft sich heute zur Betriebsversammlung. Und in einem Brief an Sammy Brauner, Sohn der vor knapp einem Jahr mit fast 101 verstorbenen Berliner Filmlegende Artur Brauner und Chef der Kino Colosseum Betriebsgesellschaft GmbH, fordern sie: „Bitte geben Sie dem Colosseum, dem Lebenswerk Ihres geschätzten Vaters, eine Chance.“
Hinter den Kulissen des derzeit toten Vorhangs geht es womöglich auch um die wertvolle Immobilie an der Schönhauser Allee. Die gehört einer Gemeinschaft von sechs Erben – darunter soll Sammy Brauner sein. Unter den Mitarbeitern kursieren Gerüchte; sie fragen sich: Sollen hier lieber teure Wohnungen entstehen? Nach Checkpoint-Informationen sind keine Corona-Hilfsgelder beantragt worden, um das Kino zu erhalten. Streitpunkt ist, ob Rettungs-Darlehen angenommen werden dürfen, wenn angesichts der üblichen Gewinnmargen eine Rückzahlung nicht machbar erscheint. In einem anderen Schreiben berichten Mitarbeiter, die Erbengemeinschaft hätte schriftlich erklärt, dass der Betrieb eines Kinos auf ihrem Grund und Boden zukünftig nicht gewünscht sei. Der Checkpoint hat am Donnerstag versucht, Sammy Brauner unter eine seiner Firmennummern zu erreichen. Reaktion bis zum späten Abend: keine. Ob das Kino bis zur Übergabe der Immobilie weiterbetrieben wird, um Gläubiger zu bedienen, muss in Kürze entschieden werden. Nach dem Willen des Senats sollen Kinos in Berlin ab 2. Juli wieder öffnen dürfen. Fällt davor schon der letzte Vorhang für ein Stück Berliner Filmgeschichte?