Vor Berliner Wiederholungswahl: Bezirke bekommen gefälschte Kandidatenrücktritte zugefaxt
Mit vermeintlichen Rücktrittserklärungen torpedieren Unbekannte Berlins Wiederholungswahl. Die betroffenen Kandidaten fordern vom Landeswahlleiter, Anzeige zu erstatten. Von Lorenz Maroldt.
Berlins Wahlwiederholungsversuch wird nicht nur von mehr als dreißig Politikern und Bürgern mit einer Verfassungsbeschwerde in Frage gestellt (Tagesspiegel vom 17.12.), sondern jetzt auch noch von unbekannten Heckenschützen torpediert: Bei mehreren Bezirken sind in den vergangenen Tagen Rücktrittserklärungen von Kandidaturen eingegangen, die sich nach einer Überprüfung durch den Landeswahlleiter Stephan Bröchler als gefälscht herausgestellt haben. Nach den ersten Verdachtsfällen, die ihm berichtet wurden, startete Bröchler eine Umfrage bei allen Bezirken, das Ergebnis teilte er dem Checkpoint in einer Vorlesungspause mit (das Landeswahlamt leitet der Professor der HWR nebenberuflich und ehrenamtlich): „Der Rücklauf ergab zehn Meldungen.“
Bröchler nahm Kontakt auf mit der Verwaltung des Abgeordnetenhauses, informierte „alle betroffenen Walvorschläge“ (darunter auch einige prominente Parlamentarier) und bat um Auskunft darüber, ob es sich bei den eingegangenen Rücktrittserklärungen um echte handelt oder nicht. Das Ergebnis hier: „Alle Rückmeldungen lauteten, dass es sich um falsche Rücktrittserklärungen handelt, die in der Folge nicht von dem Landeswahlleiter als solche behandelt werden.“
Nicht allen Betroffenen reicht das – einige fordern, dass der Landeswahlleiter Anzeige gegen Unbekannt erstattet, um weiteren Störversuchen vorzubeugen (und damit auch möglichen neuen Anfechtungsgründen). Bei der Fahndung nach dem Täter hilft vielleicht ein wichtiges Detail: Die gefälschten Rücktrittserklärungen von Kandidaturen wurden allesamt per Fax verschickt – und das ist, Checkpoint-Leserinnen und -leser wissen das, nicht nur die bevorzugte Kommunikationsform der Berliner Verwaltung, sondern (neben Schreibmaschinen aus der Spätkaiserzeit) auch eine beliebte Wunderwaffe der Reichsbürger.